Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich: Keine Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes bei Barwerthalbierung statt Rententeilung
Leitsatz (amtlich)
Bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder bestehende Anwartschaften auf eine Versorgung sind aufgrund des Kapitalwerts zu teilen. Dass die anschließende Umrechnung für Männer und Frauen zu unterschiedlichen Versorgungspunkten führt, beruht auf dem nach versicherungsmathematischen Grundsätzen bemessenen Barwert und verletzt weder den Halbteilungsgrundsatz noch steht dem höherrangiges Recht entgegen.
Normenkette
VersAusglG §§ 10-11
Verfahrensgang
AG Wilhelmshaven (Beschluss vom 05.05.2010; Aktenzeichen 16 F 636/09 S) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der am 5.5.2010 erlassene Beschluss des AG - Familiengericht - Wilhelmshaven geändert und im Ausspruch zum Versorgungsausgleich (Ziff. II des Tenors) wie folgt neu gefasst:
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Ehemannes bei der D. R. O. (Versicherungskonto Nr ....) zugunsten der Ehefrau ein Anrecht i.H.v. 22,6281 Entgeltpunkten auf deren Versicherungskonto Nr .... bei der D. R. O., bezogen auf den 30.9.2009 als Ende der Ehezeit, übertragen.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Ehefrau bei der D. R. O. (Versicherungskonto Nr ....) zugunsten des Ehemannes ein Anrecht i.H.v. 4,5166 Entgeltpunkten auf dessen Versicherungskonto Nr .... bei der D. R. O., bezogen auf den 30.9.2009 als Ende der Ehezeit, übertragen.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Ehemannes bei der V.d. B. (Versicherungs-Nr ....) zugunsten der Ehefrau ein Anrecht i.H.v. 41,41 Versorgungspunkten nach Maßgabe der Satzung, bezogen auf den 30.9.2009 als Ende der Ehezeit, übertragen.
Für das Beschwerdeverfahren werden keine Kosten erhoben. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Verfahrenswert wird auf bis zu 2.000 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Durch Beschluss vom 5.5.2010 hat das AG - Familiengericht - Wilhelmshaven die Ehe der beteiligten Ehegatten geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt. Hinsichtlich der von den Ehegatten in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anrechte hat das Familiengericht jeweils eine interne Teilung angeordnet. Wegen der Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss verwiesen.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer fristgerecht eingegangenen und sogleich begründeten Beschwerde. Sie macht geltend, das Familiengericht habe ein Anrecht des Ehemannes aus einer Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes nicht berücksichtigt.
II. Die nach §§ 58, 63 FamFG zulässige Beschwerde erweist sich als begründet.
1. Nach einer vom Senat im Beschwerdeverfahren eingeholten Auskunft der Versorgungsanstalt ... vom 20.10.2010 hat der Ehemann in der Ehezeit ein Anrecht aus einer Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst erworben. Dieses Anrecht hat das Familiengericht in der angefochtenen Entscheidung nicht berücksichtigt. Die Anwartschaft des Ehemannes ist unverfallbar und beträgt ehezeitbezogen 94,92 Versorgungspunkte. Der Versorgungsträger schlägt gem. § 5 Abs. 3 VersAusglG einen Ausgleichswert i.H.v. 41,41 Versorgungspunkten vor. Der korrespondierende Kapitalwert beträgt 26.530,82 EUR. Nach der Mitteilung des Versorgungsträgers hat gem. § 10 Abs. 1 VersAusglG eine interne Teilung zu erfolgen. Es ist daher zu Lasten des Anrechts des Ehemannes ein Anrecht i.H.v. 41,41 Versorgungspunkten zugunsten der Ehefrau auf ein für sie neu zu begründendes Versicherungskonto bei der ... zu übertragen.
Den Beteiligten wurde Gelegenheit gegeben, zu dieser Berechnung der ... eine Stellungnahme abzugeben. Bedenken gegen die Richtigkeit dieser Auskunft der ... wurden nicht vorgetragen.
2. Weil der Ehemann nicht zu den rentenfernen Versicherten gehört, sind die ihn betreffenden Übergangs- und Besitzstandsregelungen in der Satzung der ... vom 22.11.2002 (BAnz. Nr. 4. vom 3.1.2003) wirksam (vgl. dazu BGH, Urt. v. 14.11.2007 - IV ZR 74/06, FamRZ 2008, 395; Urteil vom 17.2.2010 - IV ZR 312/07, FamRZ 2010, 727).
3. Auch andere von Amts wegen zu berücksichtigende Umstände stehen der Richtigkeit dieser Berechnung nicht entgegen. Zwar beträgt der im Versorgungsausgleich für die Ehefrau zu übertragende Ausgleichswert aus der Zusatzversorgung des Ehemannes bei der ... mit 41,41 Versorgungspunkten weniger als die Hälfte der vom Ehemann während der Ehezeit erworbenen Versorgungspunkte. Diese satzungskonforme Berechnung des Ausgleichswertes erfolgt nach versicherungsmathematischen Grundsätzen, indem das während der Ehezeit erworbene Anrecht der ausgleichspflichtigen Person zunächst in einen Barwert und die Hälfte dieses Barwerts für die ausgleichsberechtigte Person nach Abzug der Teilungskosten in Versorgungspunkte umgerechnet wird (§ 32a VBLS). Der dabei jeweils anzuwendende Barwertfaktor (vorliegend 11,701 für den Ehemann und 13,349 für die Ehefrau) berücksichtigt u.a. die höhere Lebenserwartung v...