Leitsatz (amtlich)
Ein Ehescheidungsantrag kann bis zur Rechtskraft der Scheidung gegenüber dem erstinstanzlichen Gericht zurückgenommen werden; der Einlegung einer Beschwerde bedarf es nicht.
War der Antragsgegner im Verfahren nicht anwaltlich vertreten, stellt seine Zustimmung zur Scheidung kein Verhandeln im Sinne §§ 113 Abs. 1 FamFG, 269 Abs. 1 ZPO dar, weshalb es seiner Zustimmung zur Rücknahme nicht bedarf.
Verfahrensgang
AG Osnabrück (Beschluss vom 08.11.2013; Aktenzeichen 35 F 23/13 S) |
Tenor
1.) Nach Rücknahme des Scheidungsantrages wird festgestellt, dass der Verbundbeschluss des AG - Familiengericht - Osnabrück vom 8.11.2013 wirkungslos ist.
2.) Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3.) Der Antragstellerin wird die nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe für die Beschwerdeinstanz verweigert.
4.) Der Beschwerdewert wird auf 4.450 EUR festgesetzt.
Gründe
I) Mit ihrem am 27.2.2013 beim AG eingegangenen Antrag hat die Antragstellerin die Scheidung ihrer Ehe mit dem Antragsgegner beantragt.
Der nicht anwaltlich vertretene Antragsgegner hat der Scheidung zugestimmt, so dass das AG mit seinem am 8.11.2013 verkündeten Verbundbeschluss die Scheidung der Ehe ausgesprochen und den Versorgungsausgleich durchgeführt hat.
Hiergegen hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt und ihren Scheidungsantrag zurückgenommen.
II) Nach der Rücknahme des Scheidungsantrages war festzustellen, dass der Verbundbeschluss wirkungslos ist.
Nach § 113 Abs. 1 FamFG sind für Ehesachen die Vorschriften der ZPO über das Verfahren vor den LG entsprechend anwendbar, weshalb sich die Rücknahme des Ehescheidungsantrages nach § 269 Abs. 1 ZPO richtet. Danach kann der Scheidungsantrag ohne Einwilligung des Antragsgegners nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Antragsgegners zur Hauptsache zurückgenommen werden.
Da der Antragsgegner im vorliegenden Fall aber nicht anwaltlich vertreten war, ist er im Termin vom 8.11.2013 lediglich i.S.d. § 128 Abs. 1 FamFG angehört worden, hat jedoch nicht verhandelt (BGH FamRZ 2004, 1364; Schulte-Bunert/Weinreich/Roßmann, § 141 Rz. 9). Daraus folgt, dass der antragstellende Ehegatte seinen Ehescheidungsantrag bis zur Rechtskraft der Entscheidung jederzeit auch ohne Zustimmung des Antragsgegners zurücknehmen kann (BGH, a.a.O.). Die im Rahmen der Anhörung erklärte Zustimmung zum Scheidungsantrag stellt kein Verhandeln dar und steht der Wirksamkeit der Rücknahme somit nicht entgegen.
Nach Rücknahme des Ehescheidungsantrages ist das Scheidungsverfahren einschließlich der nicht fortzuführenden Folgesachen als nicht rechtshängig geworden anzusehen, §§ 113 Abs. 1 FamFG, 269 Abs. 3 ZPO. Eine noch nicht rechtskräftige Entscheidung wird wirkungslos.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 150 Abs. 2 Satz 1 FamFG.
Die nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe war der Antragstellerin zu verweigern. Denn die Rechtsverfolgung war mutwillig (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 114 Satz 1 ZPO), weil es der Einlegung der Beschwerde nicht bedurft hätte. Denn der Ehescheidungsantrag kann bis zum Eintritt der formellen Rechtskraft der Entscheidung zurückgenommen werden. Auch nach Verkündung des Ehescheidungsbeschlusses ist die Rücknahme jedoch, solange keine Beschwerde eingelegt worden ist, gegenüber dem erstinstanzlichen Gericht zu erklären (BGH NJW 1995, 1095, 1096; Wieczrek/Schütze/Assmann, ZPO, 4. Aufl., § 269 Rz. 22 m.w.N.). Der Einlegung der Beschwerde mit dem Ziel der Erklärung der Rücknahme des Scheidungsantrages hätte es deshalb nicht bedurft.
Fundstellen
Haufe-Index 6628023 |
NJW 2014, 6 |
MDR 2014, 478 |
FamRB 2014, 202 |
NJOZ 2014, 1214 |
NZFam 2014, 419 |