Leitsatz (amtlich)
I. Anrechte aus dem Grundrentenzuschlag unterliegen dem Versorgungsausgleich. Der Grundrentenzuschlag ist gesondert zu beurteilen und zu tenorieren.
II. Bezieht die ausgleichspflichtige Person bereits Leistungen aus dem Grundrentenzuschlag und erfüllt auch die ausgleichsberechtigte Person die Voraussetzungen für den Bezug des Grundrentenzuschlags, ist der Grundrentenzuschlag grundsätzlich auszugleichen.
III. Aufgrund des jährlichen Datenabgleichs im Rahmen des Einkommensanrechnungsvorganges nach § 97a Abs. 2 Nr. 1 und 2, Abs. 6 SGB VI und der ggf. erforderlichen weiteren Klärung betreffend das Einkommen nach § 97a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 6 SGB VI ist bei der Prüfung des § 18 VersAusglG regelmäßig von einem erheblichen zusätzlichen Verwaltungsaufwand auszugehen.
IV. Bei der Festsetzung des Verfahrenswerts nach § 50 Abs. 1 Satz 1 FamGKG stellt das Anrecht aus dem Grundrentenzuschlag ein gesondertes Anrecht dar. Dabei erweist sich die wertmäßige Berücksichtigung des Grundrentenzuschlags nicht bereits aufgrund seiner sozialrechtlichen Komponente gem. § 50 Abs. 3 FamGKG als unbillig.
Normenkette
SGB V § 97a; VersAusglG §§ 2, 18-19
Verfahrensgang
AG Varel (Beschluss vom 07.09.2022; Aktenzeichen 2 F 400/21 S) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 4) vom 09.11.2022 wird der am 07.09.2022 verkündete Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Varel im Ausspruch zum Versorgungsausgleich geändert und hinsichtlich der Anrechte der Beteiligten zu 2) bei der Beteiligten zu 4) wie folgt ergänzt:
Ein Ausgleich des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Versicherungsnummer ...) findet bezüglich der Entgeltpunkte in der Form des Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nicht statt.
Im Übrigen verbleibt es bei den Regelungen des erstinstanzlichen Beschlusses.
II. Von der Erhebung gerichtlicher Kosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen, im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
III. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.000 EUR festgesetzt.
IV. Der Verfahrenswert für die erste Instanz wird in Abänderung des am 07.09.2022 verkündeten Beschlusses für die Folgesache Versorgungsausgleich auf 1.440 EUR, mithin insgesamt auf 6.240 EUR, festgesetzt.
V. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Dem Beschwerdeverfahren gegenständlich ist die Regelung des von der Antragsgegnerin in der Ehezeit erworbenen Zuschlags von Entgeltpunkten für langjährige Versicherung.
Auf den am 13.01.2022 zugestellten Scheidungsantrag hat das Familiengericht mit dem am 07.09.2022 (Bl. 28ff. d. A.) verkündeten Beschluss die am TT.MM.1985 geschlossene Ehe zwischen den Beteiligten zu 1) und 2) geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt.
Die Beteiligten zu 1) und 2) beziehen eine Vollrente wegen Alters (Bl. 37 und 42 UA-VA). Der Antragsteller bezog ab dem 01.07.2020 eine Bruttorente von 1.204,49 EUR (Bl. 6 d. A.), die Antragsgegnerin eine solche von 636,90 EUR (Bl. 7 d. A.). Bei der Bemessung des erstinstanzlichen Verfahrenswerts für das Scheidungsverfahren in Höhe von 4.800 EUR wurde kein weiteres Einkommen in Ansatz gebracht (Bl. 27 d. A.).
Beide Beteiligten haben während der gesetzlichen Ehezeit vom TT.MM.1985 bis TT.MM.2021 (§ 3 Abs. 1 VersAusglG) gesetzliche Rentenanrechte erworben.
Das Familiengericht hat zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Bund im Wege der internen Teilung zu Gunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 4,5028 Entgeltpunkten auf deren Versicherungskonto bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, bezogen auf den TT.MM.2021, übertragen. Zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund hat es im Wege der internen Teilung zu Gunsten des Antragstellers ein Anrecht in Höhe von 3,2729 Entgeltpunkten auf dessen Versicherungskonto bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, bezogen auf den TT.MM.2021, übertragen.
In seiner Entscheidung über den Versorgungsausgleich hat das Familiengericht den Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nicht behandelt.
Hinsichtlich der von der Beteiligten zu 2) in der gesetzlichen Ehezeit erworbenen gesetzlichen Rentenanrechte hatte die Beteiligte zu 4) in ihrer Auskunft vom 24.05.2022 (Bl. 37ff UA-VA) mitgeteilt, die Ehefrau habe in der allgemeinen Rentenversicherung einen Ehezeitanteil von 6,5458 Entgeltpunkten mit einem Ausgleichswert von 3,2729 Entgeltpunkten sowie einen Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung von 0,7304 Entgeltpunkten mit einem Ausgleichswert von 0,3652 Entgeltpunkten erworben.
Gegen die erstinstanzliche Entscheidung wendet sich die Beteiligte zu 4) mit ihrer Beschwerde vom 09.11.2022 (Bl. 47f d. A.). Zur Begründung des Rechtsmittels führt sie aus, die Anwartschaften aus der Grundrentenzeit mit einem vorgeschlagenen Ausgleichswert in Höhe von 0,3652 Entgeltpunkten seien vom Familiengericht ohne Angabe von Gründen nicht ausgeglichen worden.
Die Beschwerdeführerin beantragt,
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