Verfahrensgang

AG Brake (Aktenzeichen 4b Lw 45/20)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der auf die mündliche Verhandlung vor dem Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - Brake (Unterweser) vom 27.08.2021 ergangene Beschluss vom 08.11.2021 aufgehoben und der Antrag der Antragstellerin vom 11.12.2020, festzustellen, dass die im Grundbuch des Amtsgericht Brake von Ort2 Blatt ... als Eigentum der Antragsgegnerin eingetragenen Liegenschaften spätestens seit 1980 keinen Hof im Sinne der HöfeO bilden, hilfsweise seit 1982 und weiter hilfsweise seit dem 19.11.2003, als unzulässig zurückgewiesen wird.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens sowie des erstinstanzlichen Verfahrens wird auf bis zu 250.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin beantragt im Feststellungsverfahren gemäß § 11 Abs. 1a) HöfeVfO festzustellen, dass die streitgegenständliche landwirtschaftliche Besitzung (...) seit 1980, hilfsweise seit 1982 und weiter hilfsweise seit dem TT.MM.2003 kein Hof im Sinne der HöfeO ist.

In einem vorangegangenen Verfahren zum Az. 4b Lw 14/19 begehrte die Antragstellerin von der Antragsgegnerin im Rahmen einer "Stufenklage" Auskunft betreffend Nachabfindungsansprüche gemäß § 13 HöfeO. Der Antrag auf Auskunftserteilung wurde zurückgewiesen. Dabei ging das Landwirtschaftsgericht - wie auch die Antragstellerin - davon aus, dass die Voraussetzungen der Hofeigenschaft (§ 1 HöfeO) zweifelsfrei gegeben sind.

Die Parteien sind Schwestern. Mit notariell beurkundetem sogenannten "Hofübergabevertrag" vom TT.MM.2002 übertrug die (noch lebende) Mutter der Parteien und Eigentümerin im Wege der vorweggenommenen Erbfolge der Antragsgegnerin, der jüngeren Schwester, den streitgegenständlichen Hof (§ 1 des Hofübergabevertrags). Als Gegenleistung wurde ein Altenteil (§ 4 des Hofübergabevertrags) vereinbart. Die Antragsgegnerin verpflichtete sich des Weiteren, der Antragstellerin "zur Abfindung vom Hof" einen Betrag in Höhe von 30.000 EUR zu zahlen (§ 12 des Hofübergabevertrags). Die Antragstellerin erklärte mit der Zahlung des Abfindungsbetrags ihre Abfindungsansprüche nach § 12 Höfe für befriedigt und verzichtete auf die Geltendmachung von weitergehenden Abfindungsansprüchen, wobei Nachabfindungsansprüche gemäß § 13 HöfeO davon nicht berührt sein sollten (§ 13 des Hofübergabevertrags). Aufgrund der gleichzeitig erklärten Auflassung (§ 10 des Hofübergabevertrags) wurde die Antragsgegnerin am TT.MM.2003 als Eigentümerin der streitgegenständlichen landwirtschaftlichen Liegenschaft in das Grundbuch eingetragen.

Für den landwirtschaftlichen Grundbesitz war seit dem TT.MM.1951 im Grundbuch ein Hofvermerk eingetragen. Der Hofvermerk wurde aufgrund der negativen Hoferklärung der Antragsgegnerin vom TT.MM.2003, eingegangen bei Gericht am TT.MM.2003, am TT.MM.2003 gelöscht.

Die Antragstellerin hat die Auffassung vertreten, dass der Hofübergabevertrag nicht dem Beurkundungserfordernis gemäß § 311 b BGB genüge, da das Bestehen eines Hofes nicht aufgeklärt und dokumentiert sowie über die Bedeutung des Erbverzichts nicht belehrt worden sei; der Vertrag sei zudem sittenwidrig, da sie (die Antragstellerin) dadurch unverhältnismäßig benachteiligt werden sollte.

Die Antragstellerin ist der Ansicht gewesen, dass bereits seit 1980, mindestens seit 1992, spätestens jedoch seit dem TT.MM.2002 die Hofeigenschaft entfallen war. Die Selbstständigkeit des Hofes sei bereits im Jahr 1975 verloren gegangen. Spätestens aber im Jahr 1980, als der Ehemann der Antragsgegnerin, CC, die alleinige Bewirtschaftung auf Dauer übernommen habe und Teilflächen an Dritte verpachtet worden seien; sämtliche Gebäude seien stark renovierungsbedürftig gewesen; die Heumaschine sei bereits verschrottet gewesen. Im Jahr 1992 seien die Milchquoten auf den Ehemann der Antragsgegnerin übertragen worden. Auch am TT.MM.2002 sei der Betrieb verpachtet gewesen und nicht selbstständig bewirtschaftet worden; es habe ferner nicht die Absicht bestanden, den Betrieb wiederanzuspannen. Die Antragstellerin hat zum Verlust der Hofeigenschaft außerhalb des Grundbuchs die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt.

Das rechtliche Interesse an der Feststellung, dass die streitgegenständliche Liegenschaft kein Hof im Sinne der Höfe ist, hat die Antragstellerin als gegeben erachtet, weil sie nach Wegfall der Hofeigenschaft als "pflichtteilsberechtigte Miterbin" in Betracht komme und die Grundlage privilegierter Vererbung entfallen sei; ein Herausgabeanspruch falle in den Nachlass.

Die Antragsgegnerin hat gemeint, dass ein rechtliches Interesse der Antragstellerin an der begehrten Feststellung fehle, da etwaige Pflichtteilsergänzungsansprüche sowie auch - im Fall eines unwirksamen schuldrechtlichen Grundverhältnisses - Herausgabeansprüche gemäß § 812 BGB verjährt seien. Ferner hat sie die Auffassung vertreten, dass der Hofübergabevertrag, wenn er nichtig sein sollte, in einen Übergabe...

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