Leitsatz (amtlich)

1. Bei Beurkundung einer Vorsorgevollmacht als Generalvollmacht ist der Geschäftswert nach der Höhe des Aktivvermögens ohne Abzug der darauf lastenden Verbindlichkeiten zu berechnen.

2. Eine Herabsetzung des Geschäftswertes wegen der Beschränkung der Vollmacht im Innenverhältnis auf den Vorsorgefall kommt nicht in Betracht; wenn die Vollmacht im Außenverhältnis unbeschränkt ist und den Bevollmächtigten Ausfertigungen der Vollmacht erteilt werden.

3. Der Geschäftswert für die Beurkundung einer Betreuungsverfügung ist nach § 30 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 1 KostO zu berechnen.

4. Werden Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung in einer Verhandlung beurkundet, so ist nach § 44 Abs. 1 S. 2 HS. 2 KostO zu verfahren.

 

Verfahrensgang

LG Oldenburg (Beschluss vom 09.06.2005; Aktenzeichen 9 T 197/05)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde des Notars gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des LG Oldenburg vom 9.6.2005 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert beträgt 176,90 EUR.

 

Gründe

Am 8.9.2004 beurkundete der Beschwerde führende Notar in einer Verhandlung eine die vermögensrechtlichen und nicht vermögensrechtlichen Angelegenheiten der 83-jährigen Kostenschuldnerin umfassende Vorsorgevollmacht nebst Betreuungsverfügung. In den Vorbemerkungen heißt es u.a.:

"Die hier erteilte Vollmacht soll insb. dann gelten, wenn ich aufgrund einer körperlichen oder psychischen Krankheit oder Behinderung oder aufgrund meines Alters nicht mehr in der Lage bin, für mich selbst zu sorgen.

Die Bevollmächtigten sollen diese Situation gemeinsam mit dem Arzt meines Vertrauens feststellen. Diese Bestimmung ist jedoch keine Beschränkung der Vollmacht gegenüber Dritten, sondern lediglich eine Anweisung an die Bevollmächtigten, die nur im Innenverhältnis gilt. Im Außenverhältnis ist die Vollmacht unbeschränkt."

Unter Ziff. III heißt es weiter:

"Betreuungsverfügung

Sollte trotz oder neben der hier erteilten Vollmacht Betreuung angeordnet werden, so wünsche ich, dass die Bevollmächtigten auch zu Betreuern bestellt werden. Diese Verfügung gilt für sämtliche Bereiche für die die Vollmacht erteilt wird und für die möglicher Weise eine Betreuung bestellt wird."

Den Bevollmächtigten wurde je eine Ausfertigung der Urkunde erteilt.

Der Notar stellte der Kostenschuldnerin durch Kostenberechnung vom selben Tage nach einem Geschäftswert von 200.000 EUR eine 10/10-Gebühr gem. §§ 32, 36 Abs. 1 KostO i.H.v. 357 EUR netto in Rechnung.

Der Präsident des LG beanstandete diese Kostenberechnung und wies den Notar an, gem. § 156 Abs. 6 KostO die Entscheidung des LG herbeizuführen.

Das LG hat durch Beschl. v. 9.6.2005 die Kostenberechnung aufgehoben und den Notar angewiesen, die Kosten entsprechend der Rechtsauffassung der Kammer neu festzusetzen. Nach § 44 Abs. 1 S. 2 HS. 2 KostO seien die Gebühren getrennt zu berechnen, wenn dies für den Kostenschuldner günstiger ist. Dies sei hier der Fall. Während die - vom Notar gewählte - einheitliche Berechnung nach dem höchsten in Betracht kommenden Gebührensatz zu einer Kostenschuld von 357 EUR netto führe, ergebe sich bei getrennter Berechnung nach unterschiedlichen Gebührensätzen eine Kostenschuld von nur 204,50 EUR netto. Diese setze sich aus einer 5/10-Gebühr gem. § 38 Abs. 2 Nr. 4 KostO für die Beurkundung der Vorsorgevollmacht nach einem Wert von 200.000 EUR i.H.v. 178,50 EUR und einer 10/10-Gebühr gem. § 36 Abs. 1 KostO für die Beurkundung einer Betreuungsverfügung nach einem Wert von 3.000 EUR i.H.v. 26 EUR zusammen. Das LG hat die weitere Beschwerde zugelassen.

Mit seiner frist- und formgerecht eingelegten weiteren Beschwerde vertieft der Notar u.a. seine Auffassung, es handele sich bei der Betreuungsverfügung - auch - um eine vermögensrechtliche Angelegenheit, so dass die Beurkundungsgebühr nach dem Wert des vorhandenen Vermögens, hier 200.000 EUR, zu berechnen sei. Die weitere Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung haben aufgrund ihres inneren Zusammenhangs denselben Gegenstand i.S.v. § 44 Abs. 1 KostO. Sie unterliegen allerdings verschiedenen Gebührensätzen.

Für die Beurkundung der Vorsorgevollmacht wird gem. § 38 Abs. 2 Nr. 4 KostO die Hälfte der vollen Gebühr erhoben. Da es sich um eine allgemeine Vollmacht handelt, ist der Geschäftswert gem. § 41 Abs. 2 KostO unter Berücksichtigung des sachlichen und zeitlichen Umfangs der erteilten Ermächtigung und des Vermögens der Vollmachtgeberin nach freiem Ermessen zu bestimmen. Die erteilte Vollmacht umfasst hier sämtliche vermögensrechtlichen und nicht vermögensrechtlichen Angelegenheiten der Vollmachtgeberin. Der Geschäftswert bestimmt sich daher nach dem der Höhe nach mit 200.000 EUR unstreitigen Aktivvermögen ohne Abzug (§ 18 Abs. 3 KostO) der darauf u.U. lastenden Verbindlichkeiten (Bund, JurBüro 2004, 173 [176]; Keilbach, DNotZ 2004, 752 Fn. 7; Korintenberg/Bengel/Tiedtke, KostO, 16. Aufl., § 41 Rz. 11; Perau, MittRhNotK 1996, 300; Rohs/Wedewer, KostO, § 41 Rz. 11). Eine Herabsetzung des Geschä...

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