Leitsatz (amtlich)
Die Aufnahme eines Fachhochschulstudiums im Bereich Mediendesign nach dem Abschluss einer Ausbildung zur kaufmännischen Assistentin stellt eine Zweitausbildung dar. Es fehlt an einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen Erst- und Zweitausbildung. Die Erstausbildung zur kaufmännischen Assistentin erweist sich zwar als "nützlich" für die Zweitausbildung. Dies reicht aber nicht für die Annahme einer einheitlichen Ausbildung aus. Allein der von vornherein bestehende Wille zur Absolvierung von zwei Ausbildungen reicht nicht für eine fortgesetzte Finanzierungspflicht auch der Zweitausbildung aus.
Normenkette
BGB §§ 1601-1603, 1610
Verfahrensgang
AG Leer (Beschluss vom 05.09.2023; Aktenzeichen 500 F 269/23 UK) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt,
a) von einer erneuten mündlichen Verhandlung gemäß §§ 117 Abs. 3, 68 Absatz 3 Satz 2 FamFG abzusehen,
b) die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Leer vom 05. September 2023 zurückzuweisen.
Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme und Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Beschwerde binnen 2 Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Senat lässt sich bei seiner Absicht nach § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG zu verfahren, von folgenden Überlegungen leiten:
Eine mündliche Verhandlung hat bereits in erster Instanz stattgefunden. Weitere Erkenntnisse sind nicht zu erwarten.
II. Die Antragstellerin ist die volljährige Tochter des Antragsgegners. Sie legte im Jahr 2018 ihren Realschulabschluss ab. Danach machte sie eine Ausbildung zur kaufmännischen Assistentin mit dem Schwerpunkt Fremdsprachenkorrespondenz an der CC in Ort3. Mit diesem Abschluss erlangte sie auch ihr Fachabitur im Bereich Wirtschaft.
Im Anschluss verbrachte sie zur Erweiterung ihrer Sprachkenntnisse einen dreimonatigen Sprachurlaub in Spanien. Nach ihrer Rückkehr meldete sie sich im Oktober 2021 zunächst arbeitssuchend. Über das Jobcenter erhielt sie den Hinweis auf die Möglichkeit mit ihrem Abschluss Mediendesign zu studieren. Zum 01.01.2022 begann sie dieses Studium an der DD.
Bis zum 31.12.2022 wohnte die Antragstellerin noch bei ihrer Mutter. Seit dem 01.01.2023 wohnt die Antragstellerin mit eigenem Hausstand in Ort1.
Die Antragstellerin bezieht Bafög-Leistungen. Der Antragsgegner verfügt nach den Feststellungen des Amtsgerichts über ein für Unterhaltszwecke zur Verfügung stehendes Einkommen in Höhe von 2.466,98 EUR, die Kindesmutter in Höhe von 1.175,00 EUR, mithin unterhalb des Selbstbehalts.
Die Antragstellerin ist der Auffassung, die Aufnahme des Studiums sei angemessen und stehe in einem engen zeitlichen und inhaltlichen Kontext mit der Berufsausbildung.
Die Antragstellerin hat erstinstanzlich beantragt,
den Antragsgegner zu verpflichten, an sie Kindesunterhalt
1. für die Zeit vom 01.09.2022 bis 28.02.2023 in Höhe von 3.214,96 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 480 EUR seit dem 01.09.2022, auf weitere 358 EUR seit dem 01.10.2022, auf weitere 358 EUR seit dem 01.11.2022, auf weitere 358 EUR seit dem 01.12.2022, auf weitere 785,48 EUR seit dem 01.10.2023 und auf weitere 785,48 EUR seit dem 01.02.2023 zu zahlen,
2. Für den Monat März 2023 Unterhalt in Höhe von 785,48 EUR zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.03.2023 sowie
3. Für die Zeit ab dem 01.05.2023 monatlich 378 EUR jeweils zum 01. eines jeden Monats zu zahlen.
Der Antragsgegner hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, die Antragstellerin habe bereits eine abgeschlossene Berufsausbildung zur kaufmännischen Assistentin mit dem Schwerpunkt Fremdsprachenkorrespondenz absolviert; bei dem Studiengang Mediendesign handelte es sich um eine Zweitausbildung, so dass keine Unterhaltspflicht bestehe.
Das Amtsgericht Leer hat mit angefochtenem Beschluss vom 05.09.2023 den Antrag der Antragstellerin zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, der Antrag der Antragstellerin sei unbegründet.
Für Ausbildungsabläufe, in denen nach einem Realschulabschluss zunächst eine Lehre, dann die Fachoberschule und später die Fachhochschule absolviert werde, seien die einzelnen Ausbildungsabschnitte nur dann als einheitliche, von den Eltern zu finanzierende Berufsausbildung anzusehen, wenn schon bei Beginn der praktischen Ausbildung erkennbar eine Weiterbildung einschließlich des späteren Studiums angestrebt werde. Gemessen an diesen Maßstaben habe die Antragstellerin bereits eine angemessene Berufsausbildung absolviert und eine weitere begonnen, für die kein Anspruch auf weiteren Ausbildungsunterhalt bestehe. Eine Ausnahme, etwa eine Fehleinschätzung der Begabung des Kindes, läge nicht vor. Es sei auch nicht allein ausreichend, dass mit der Erstausbildung die formelle Berechtigung zum Studium erlangt werde. Diese Situation läge aber vorliegend vor. Die Antrag...