Leitsatz (amtlich)

1. Der Wert eines Abänderungsverfahrens nach § 51 VersAusglG bemisst sich gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 Alt. FamGKG mit 10 % des Nettoeinkommens der Ehegatten für jedes Anrecht.

2. § 50 Abs. 1 Satz 1 2. Alt FamGKG, wonach 20 % des Nettoeinkommens in Ansatz zu bringen sind, ist weder unmittelbar noch analog anwendbar.

3. Als Anrecht im Sinne des § 50 Abs. 1 Satz 1 Alt. FamGKG ist auch ein in der gesetzlichen Rentenversicherung begründetes Anrecht auf den Zuschlag für langjährig Versicherte (Grundrentenzuschlag) zu betrachten.

4. Die wertmäßige Berücksichtigung eines Anrechts auf den Zuschlag für langjährig Versicherte (Grundrentenzuschlag) kann sich gemäß § 50 Abs. 3 FamGKG als unbillig erweisen (hier bejaht).

 

Normenkette

FamGKG § 50 Abs. 3, § 50; VersAusglG § 51

 

Verfahrensgang

AG Oldenburg (Oldenburg) (Aktenzeichen 104 F 136/21 VA)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Wertfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Oldenburg vom 25. Mai 2022 in der Fassung des Teilabhilfebeschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Oldenburg vom 16. Juni 2022 dahingehend geändert, dass der Wert des Verfahrens auf bis zu 3.000 Euro festgesetzt wird

 

Gründe

Die Beteiligten sind seit 1988 geschiedene Eheleute und beziehen beide eine Altersversorgung. Der Antragsteller hat mit seinem Antrag auf Abänderung des in dem Scheidungsurteil geregelten Versorgungsausgleichs gemäß § 51 VersAusglG geltend gemacht, dass die Antragsgegnerin infolge des Bezugs der sogenannten "Mütterrente" im Vergleich zum Zeitpunkt des Erlasses des Scheidungsverbundurteils eine deutlich höhere eheanteilige Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erziele. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat daraufhin den in dem Scheidungsverbundurteil geregelten Versorgungsausgleich gemäß § 51 VersAusglG dahingehend abgeändert, dass es sowohl das beamtenrechtliche Versorgungsanrecht des Antragstellers als auch das in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbene Anrecht der Antragsgegnerin auf Altersversorgung intern geteilt hat. Die Antragsgegnerin hat während der Ehezeit zudem ein weiteres Anrecht in der allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherung in Gestalt eines Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährig Versicherte, des sogenannten Grundrentenzuschlags erworben, der sich auf 0,3864 Entgeltpunkte entsprechend einer Monatsrente von 6,89 Euro beläuft. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat auch dieses Anrecht zugunsten des Antragstellers intern geteilt und den Wert des Verfahrens mit dem angegriffenen Beschluss unter Ansatz von 60 % des gemeinsamen Nettoeinkommens der Ehegatten auf 6.237 Euro festgesetzt. Auf die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin hat das Amtsgericht Familiengericht - den Wert gemäß § 50 Abs. 3 FamGKG mit Beschluss vom 16. Juni 2022 auf bis zu 6.000 Euro abgesenkt, der weitergehenden Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die gegen die Festsetzung des Werts des erstinstanzlichen Versorgungsausgleichsabänderungsverfahrens gerichtete zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat Erfolg.

1. Wie das Amtsgericht - Familiengericht - zu Recht erkannt hat, richtet sich der Wert des Verfahrens gemäß § 50 Abs. 1 FamGKG im Ausgangspunkt nach dem dreifachen gemeinsamen Nettoeinkommen der beteiligten geschiedenen Eheleute. Dieses beläuft sich gemäß dem nicht zu beanstandenden Ansatz des Amtsgerichts - Familiengerichts - auf einen Betrag von gerundet 10.384 Euro.

2. Entgegen der Berechnung des Amtsgerichts - Familiengericht - beträgt der Wert des Ausgangsverfahrens indes nicht 60 %, sondern gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. FamGKG in Verbindung mit § 50 Abs. 3 FamGKG lediglich 20 % dieses Einkommens. Der Wert des Ausgangsverfahrens beläuft sich deshalb nicht auf den von dem Amtsgericht - Familiengericht - zuletzt festgesetzten Betrag von 6.000 Euro, sondern lediglich auf bis zu 3.000 Euro.

Dies ergibt sich aus Folgendem:

a) Gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 FamGKG beträgt der Verfahrenswert in Versorgungsausgleichssachen für jedes Anrecht 10 Prozent, bei Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung für jedes Anrecht 20 Prozent des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten. Anwendbar ist in dem vorliegenden Abänderungsverfahren nach § 51 VersAusglG die erste, nicht aber die zweite Alternative des § 50 Abs. 1 Satz 1 FamGKG, welche das Amtsgericht - Familiengericht - indes offenkundig bei der Festsetzung des Verfahrenswerts auf zunächst 60 % des Nettoeinkommens der Eheleute, mithin 6.237,00 Euro und dann im Wege der Reduzierung nach § 50 Abs. 3 FamGKG auf 6.000 Euro zugrunde gelegt hat.

aa) Wie der Senat bereits mit Beschluss vom 9. Juni 2020 in dem Verfahren 4 UF 116/19 (Amtsgericht Westerstede 83 F 3027/19 VA) entschieden hat, findet § 50 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. FamGKG, wonach sich der für jedes Anrecht anzusetzende Prozentsatz nicht auf 10 %, sondern auf 20 % des Nettoeinkommens der Eheleute beläuft, in Abänderungsverfahren nach § 51 VersAusglG keine Anwendung. §...

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