Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbeinsetzung
Leitsatz (amtlich)
Erbeinsetzung durch Zuwendungen an „den Tierschutz”
Leitsatz (redaktionell)
Zur Frage der Erbeinsetzung durch Zuwendungen an den Tierschutz.
Normenkette
BGB §§ 2084, 1940, 2193 Abs. 1, § 2072
Gründe
Der Erblasser und seine vorverstorbenen Ehefrau errichteten 1979 ein gemeinsames, privatschriftliches Testament, in dem sie sich gegenseitig unbeschränkt zu Alleinerben einsetzten und weiterverfügten:
„Nach dem Tode des Letztlebenden von uns erhält das dann noch vorhandene Vermögen der Tierschutz”.
Mit Vorbescheid vom 26.05.1992 hat das Amtsgericht Lingen angekündigt, dem Antragsteller antragsgemäß einen Erbschein zu erteilen, der ihn als Alleinerben ausweist.
Durch den angefochtenen hiermit in Bezug genommen Beschluß hat das Landgericht die dagegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 2. – einer in Betracht kommenden gesetzlichen Erbin – zurückgewiesen.
Die von der Beteiligten zu 2. dagegen eingelegte weitere Beschwerde ist zulässig, §§ 27, 29 FGG, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.
Die Entscheidung hält der vom Gericht der weiteren Beschwerde vorzunehmenden rechtlichen Nachprüfung gemäß §§ 27 FGG, 550 ZPO stand. Die Auslegung von rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen und damit auch von letztwilligen Verfügungen obliegt in erster Linie dem Tatrichter (BGHZ 86, 41, 45). Dessen Auslegung bindet das Rechtsbeschwerdegericht solange, als sie nach hinreichender Erforschung des maßgeblichen Sachverhaltes, § 12 FGG, nach den Denkgesetzen und der Lebenserfahrung möglich ist, mit den gesetzlichen Auslegungsregeln in Einklang steht, dem klaren Sinn und Wortlaut des Testamentes nicht widerspricht und alle wesentlichen Umstände berücksichtigt, § 25 FGG (vgl. Keidel/Kunze/Winkel, FGG, 12.Aufl., § 27, Rn. 48; BayObLG NJW 1988, 2742; OLG Karlsruhe, NJW RR 1988, 9).
Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß die Vorinstanzen aufgrund der erforderlichen Auslegung in der testamentarischen Verfügung die Erbeinsetzung des am letzten Wohnsitz des Erblassers tätigen Tierschutzvereins und nicht nur eine Verwendungszweckangabe zu dessen Gunsten angenommen haben. Eine solche Auslegung ist nach dem Wortlaut, Satzbau und allgemeinen Sprachgebrauch jedenfalls möglich, zumal der Antragsteller selbst unter dem in dem Testament genannten Zuwendungsempfänger „der Tierschutz” in Wort und Schrift auftritt. Daß die Gleichsetzung von Tierschutz und Tierschutzverein nicht zwingend sein muß, kann mit der Rechtsbeschwerde nicht geltend gemacht werden (vgl. KG FamRZ 1967, 414, 416; Keidel/Kunze/Winkler, a. a. O., § 27 Rn. 42). Unerheblich ist daher auch die von der Rechtsbeschwerde angesprochene Möglichkeit einer Zweckauflage im Sinne der §§ 1940, 2193 Abs. 1 BGB (vgl. BayObLG, NJW 1988, 2742 zu der letztwilligen Verfügung: Das Vermögen „solle den Tieren zugute kommen”). Gleiches gilt für die allgemeine Erwägung der weiteren Beschwerde, daß es an dem letzten Wohnsitz des Erblassers weitere Institutionen gebe, die für den Tierschutz tätig würden.
Aus Rechtsgründen ist ferner nicht zu beanstanden, daß die Tatsacheninstanzen den für den Wohnsitz des Erblassers örtlich zuständigen Tierschutzverein als Bedachten bestätigt haben. Als Ausnahmevorschrift ist § 2072 BGB, der die öffentlichen Armenkassen als Bedachten bei Zuwendungen zugunsten der Armen bestimmt, zwar nur eingeschränkt analogiefähig. Einer solchen Analogie bedarf es aber auch nicht, wenn der Erblasser ein aufgrund gebotener Auslegung bestimmbares Rechtssubjekt als Rechtsnachfolger eingesetzt hat. Amtsgericht und Landgericht haben bei der auch insoweit erforderlichen Auslegung zu Recht auf den § 2072 BGB zugrundeliegenden Rechtsgedanken zurückgegriffen, daß ein Erblasser bei gemeinnützigen, mildtätigen Zuwendungen in erster Linie an die in seiner Gemeinde erkannte Unterstützungswürdigkeit gedacht haben wird. Dieser allgemeine Rechtsgedanke ist bei einer – wie hier – gebotenen Auslegung zur Ermittlung des wahren Erblasserwillens, den es umzusetzen gilt, zu verwerten (Palandt/Edenhofer, BGB, 51. Aufl., § 2072 Rn. 2) und führt ohne Gesetzesverletzung zu dem von den Instanzgerichten erzielten Ergebnis einer Erbeinsetzung des Antragstellers. Anhaltspunkte, die den so zu berücksichtigenden örtlichen Bezug in Frage stellen könnten, vermag die weitere Beschwerde nicht aufzuzeigen und sind auch sonst nicht ersichtlich.
Das Rechtsmittel war daher insgesamt mit der Kostenfolge aus §§ 13 a Abs. 1 S. 1 FGG, 131 Abs. 1 S. 1 KostO zurückzuweisen.
Die Wertfestsetzung beruht auf § 30 Abs. 1 KostO.
Fundstellen
Haufe-Index 1135367 |
FamRZ 1993, 854 |