Leitsatz (amtlich)
Enthält ein Vergleich der Hauptparteien eine Aufhebung der außergerichtlichen Kosten der Parteien, hat ein am Vergleich nicht beteiligter Nebenintervenient (Streithelfer einer Partei) - anders als bei hälftiger Kostenteilung - keinen Anspruch auf Kostenerstattung.
Tenor
Der Antrag der Nebenintervenientin, ihre Kosten der zweiten Instanz der Beklagten aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.
Gründe
Die Parteien des Rechtsstreits haben in der Berufungsinstanz einen Prozessvergleich geschlossen, der durch den Senat gemäß § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt wurde. Die Nebenintervenientin war an dem Vergleichsabschluss nicht unmittelbar beteiligt. Nach dem Inhalt des Vergleichs sollte es hinsichtlich der Kosten der Nebenintervention bei der Kostenentscheidung aus dem am 24.11.2020 verkündeten Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück verbleiben. Der Urteilstenor des landgerichtlichen Urteils sieht vor, dass die Beklagten die außergerichtlichen Kosten der Nebenintervenienten zu tragen hat.
Eine Regelung hinsichtlich der Kostentragungspflicht in Bezug auf die Nebenintervenientin haben die Parteien für die zweite Instanz nicht getroffen. In dem Vergleichstext ist lediglich festgehalten, dass die Beklagte die Gerichtskosten der Berufungsinstanz trägt, hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Parteien in der Berufungsinstanz unter Einschluss des Vergleichs wurde geregelt, dass diese Kosten gegeneinander aufgehoben werden.
Der Antrag der Nebenintervenientin war zurückzuweisen, weil er sachlich nicht gerechtfertigt ist. Der Senat ist nämlich nicht berechtigt und auch nicht befugt, die beantragte Kostenentscheidung zu erlassen. Denn die in dem zwischen den Parteien geschlossenen Prozessvergleich enthaltene Kostenregelung steht dem Antrag der Nebenintervenientin entgegen.
Wenn die Parteien den Rechtsstreit durch Abschluss eines Prozessvergleichs beenden, gilt im Hinblick auf die Bezugnahme in § 101 Abs. 1 ZPO die Regelung des § 98 ZPO sinngemäß auch für die Kosten des Nebenintervenienten im Verhältnis zum Gegner der unterstützten Partei. Zwischen dem Nebenintervenienten und der unterstützten Partei selbst gibt es nur eine Kostenerstattung, wenn sie im Vergleich vereinbart wird, woran es vorliegend jedoch fehlt. Jedoch kann im Innenverhältnis ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch bestehen, der selbständig eingeklagt werden muss. Für das Verhältnis des Nebenintervenienten zum Gegner gilt - soweit der Streithelfer am Vergleich (wie hier) nicht beteiligt ist - folgendes: Wird der Nebenintervenient am Vergleich nicht beteiligt, dann beeinträchtigt das nicht den Erstattungsanspruch des Nebenintervenienten, und zwar unabhängig davon, ob die Hauptparteien ihn übersehen oder bewusst ausgeklammert haben. Denn der Kostenerstattungsanspruch ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz (§ 101 Abs. 1 ZPO) und unterliegt deshalb nicht der Disposition der Hauptparteien. Das Übergehen des Kostenerstattungsanspruchs des Nebenintervenienten besagt nur, dass insoweit zwischen den Hauptparteien keine vergleichsweise Einigung zustande gekommen ist, der Vergleich mithin den Kostenerstattungsanspruch des Nebenintervenienten nicht tituliert. Im Ergebnis steht dem Nebenintervenienten aber ein Kostenanspruch zu, der dem entspricht, den die von ihm unterstützte Partei gegen ihren Gegner hat (Zöller-Herget, ZPO, 33. Auflage, § 101 Rn. 8 mit weiteren Nachweisen aus der obergerichtlichen Rechtsprechung).
Gemäß § 101 Abs. 1 ZPO sind die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Soweit dies nicht der Fall ist, sind diese dem Nebenintervenienten aufzuerlegen. Der sich hieraus ergebende Grundsatz der Kostenparallelität führt dazu, dass der Kostenerstattungsanspruch des Nebenintervenienten inhaltlich dem Kostenerstattungsanspruch entspricht, den die von ihm unterstützte Hauptpartei gegen den Gegner hat (BGH NJW 2011, 3721 in Juris Rn. 5; NJW-RR 2007, 1577 in Juris Rn. 6; NJW 2003, 1948 in Juris Rn. 7 f; OLG Koblenz NJW-RR 2015, 191 in Juris Rn. 8). Dies gilt nicht nur für richterliche Kostenentscheidungen, sondern, wie sich aus der Bezugnahme des § 101 Abs. 1 ZPO auf § 98 ZPO ergibt, auch bei Vereinbarungen der Parteien nur über die Verteilung der sie betreffenden Prozesskosten in einem Vergleich, den sie ohne Beteiligung des Nebenintervenienten geschlossen haben. Eine solche Vereinbarung ist gemäß §§ 101Abs. 1, 98 ZPO maßgeblich auch für die Verteilung der durch die Nebenintervention verursachten Kosten (BGH NJW-RR 2005, 1159 in Juris Rn. 8).Die Regelung in § 101 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 98 Abs. 1 ZPO ist zwingend. Sie lässt eine anderweitige Verteilung der Interventionskosten nach billigem Ermessen nicht zu.
In dem Prozessvergleich haben die Parteien vereinbart, dass die Beklagte die Gerichtskosten der Berufungsinstanz trägt; die außergerichtlichen Kosten der Berufungsinstanz und des Vergleic...