Leitsatz (amtlich)
Zum Umfang und zur Wirkung eines Abgabebeschlusses nach § 106 Abs. 2 AufenthG (im Rahmen einer Fortdauerentscheidung).
Verfahrensgang
LG Osnabrück (Aktenzeichen 11 T 1059/06) |
AG Bersenbrück (Aktenzeichen 4 XIV 1097 B) |
Tenor
Auf die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der 11. Zivilkammer des LG Osnabrück aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der sofortigen weiteren Beschwerde - an das LG zurückverwiesen.
Dem Betroffenen wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren Prozess- kostenhilfe bewilligt. Ihm wird insoweit Rechtsanwalt F., ..., beigeordnet.
Gründe
Am 28.3.2006 war der Betroffene, der von der Ausländerbehörde zur Fahndung und Festnahme ausgeschrieben worden war, in Gewahrsam genommen, weil jedoch am Nachmittag der zuständige Dezernent der Ausländerbehörde nicht mehr hatte erreicht werden können, auf Veranlassung einer anderen Mitarbeiterin noch am selben Tag wieder entlassen worden.
Am 30.3.2006 war der für diesen Tag von der Ausländerbehörde vorgeladene Betroffene bei seinem Erscheinen erneut festgenommen und anschließend dem AG vorgeführt worden, das auf Antrag der Beteiligten noch am selben Tag nach Anhörung des Beschwerdeführers sofort vollziehbare Sicherungshaft bis zum 10.5.2006 angeordnet hatte. Noch am 30.3.2006 wurde der Betroffene der JVA H. zugeführt.
Nachdem die Beteiligte mit Fax vom 2.5.2006 mitgeteilt hatte, dass beabsichtigt sei, eine Verlängerung der Abschiebehaft zu beantragen, hatte das AG auf Antrag der Beteiligten mit Beschluss vom 4.5.2006 das Verfahren gem. § 106 Abs. 2 AufenthG an das AG Hannover abgegeben, weil dort über die Fortdauer der Haft zu entscheiden sei. Das AG Hannover verlängerte am 10.5.2006 auf Antrag der Ausländerbehörde die Abschiebehaft um weitere drei Monate. Am 1.6.2006 wurde der Betroffene aus der Haft entlassen. Auf seinen Antrag stellte das LG Hannover mit Beschluss vom 19.6.2006 fest, auf den wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird (Bl. 13-15 d.A.), dass die Verlängerung der Abschiebehaft vom 10.5.2006 zunächst rechtmäßig erfolgt, die Inhaftierung seit dem 16.5.2006 jedoch rechtswidrig gewesen sei. Die dagegen einlegte sofortige weitere Beschwerde wies das OLG Celle mit Beschluss vom 19.9.2006, auf den wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 16-18 d.A.), als unbegründet zurück.
Zwischenzeitlich hatte der Betroffene unter dem 11.5.2006 beantragt, die Rechtswidrigkeit seiner auf Grund der Haftanordnung durch das AG Bersenbrück erfolgten Inhaftierung festzustellen. Mit Beschluss vom 30.11.2006, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird (Bl. 35/35R d.A.), wies das AG den ausdrücklich an das AG Bersenbrück gerichteten Antrag wegen seiner nicht mehr gegebenen Zuständigkeit zurück. Das Verfahren sei mit dem alle Seiten bindenden Beschluss vom 4.5.2006 an das AG Hannover wirksam abgegeben worden, so dass dieses und nicht mehr das AG Bersenbrück zur Entscheidung berufen sei.
Die dagegen eingelegte und damit begründete sofortige Beschwerde, dass nicht die Rechtmäßigkeit der Fortdauer, sondern die Rechtmäßigkeit der erstmals durch das AG Bersenbrück angeordneten Abschiebehaft im Streit sei, hat das LG Osnabrück aus den auch seiner Auffassung nach zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückgewiesen.
Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen, mit der er rügt, dass das AG Bersenbrück trotz seiner Abgabeentscheidung, weil diese nur für die von der Beteiligten beantragte Fortdauer von Abschiebehaft gegolten habe, für Entscheidungen im sog. "Ursprungsverfahren" unverändert zuständig geblieben sei. AG und LG hätten deshalb zur Sache entscheiden müssen.
Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig und hat auch insoweit Erfolg, als die Sache an das LG zur erneuten Behandlung und Entscheidung zurückzuverweisen war.
Das AG Bersenbrück war für die Entscheidung über den hier streitigen Feststellungsantrag trotz der zwischenzeitlichen Abgabe zur Fortdauerentscheidung an das AG Hannover zuständig geblieben.
Der Senat ist wie AG und LG der Auffassung, dass Abgabebeschlüsse nach § 106 Abs. 2 AufenthG grundsätzlich bindend sind. Die Frage, ob dies uneingeschränkt auch für den Fall einer Kompetenzüberschreitung durch das abgebende Gericht gilt, kann vorliegend dahingestellt bleiben, weil das AG entgegen seiner in der Entscheidung vom 30.11.2006 vertretenen Auffassung mit seinem Beschluss vom 4.5.2006 im Einklang mit der Bestimmung des § 106 Abs. 2 AufenthG das Verfahren nur im Rahmen einer Fortdauerentscheidung und demnach nicht insgesamt nach Hannover abgegeben hat. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus dem Wortlauf der Entscheidung, der dahin lautet, dass das Verfahren gem. § 106 Abs. 2 AufenthG an das AG Hannover abgegeben wird, weil dort über die Fortdauer der Abschiebehaft zu entscheiden ist. Diese Entscheidung entspricht der Regelung des § 106 Abs. 2 AufenthG, nach der das Verfahren - wie hier geschehen - nur insoweit a...