Leitsatz (amtlich)
Die Erstattung der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr setzt eine materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage voraus, die sich in Unterhaltsstreitigkeiten regelmäßig nur aus Verzug ergeben kann. Erfolgt bereits die erste, den Verzug begründende Mahnung durch den Anwalt, kann die Erstattung nicht beansprucht werden. Dieses Ergebnis mag häufig unbillig erscheinen, ist aber Folge der gesetzlichen Konzeption des RVG und kann nicht durch die Gerichte korrigiert werden.
Verfahrensgang
AG Nordhorn (Beschluss vom 20.02.2009; Aktenzeichen 11 F 38/09 PKH1) |
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des AG Nordhorn vom 20.2.2009 in Form der Abhilfeentscheidung vom 6.3.2009 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Das FamG hat den Klägern Prozesskostenhilfe für einen Antrag versagt, mit dem sie Zahlung der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr ihres Prozessbevollmächtigten im Rahmen eines Streits um Kindes- und Ehegattenunterhalt verlangen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Kläger, mit der sie geltend machen, der Beklagte sei vorprozessual mehrfach vergeblich durch Anwaltsschreiben gemahnt worden.
II. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Aufgrund der Abhilfeentscheidung richtet sich die Beschwerde ausschließlich gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für die vorgerichtliche Geschäftsgebühr. Insoweit hat das AG die Prozesskostenhilfe zu Recht wegen fehlender Erfolgsaussicht versagt.
Zweifel an dem geltend gemachten Zahlungsanspruch bestehen schon deshalb, weil nicht vorgetragen worden ist, dass die Kläger ihrerseits die Geschäftsgebühr bezahlt haben. Im Grundsatz kann von dem Beklagten daher ohnehin nur Freistellung von der Forderung, nicht aber Zahlung verlangt werden (s. - auch zu Ausnahmen von dieser Regel - Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Aufl. 2009, vor § 249 Rz. 46; § 250 Rz. 2). Jedenfalls hat der Gegner die vorgerichtliche Gebühr nur dann zu tragen, wenn ihn eine materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage zum Ersatz verpflichtet (Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 104 Rz. 21 "Geschäftsgebühr" m.w.N.). Dies ist gem. §§ 280 Abs. 1 i.V.m. § 286 BGB der Fall, wenn sich der Beklagte zur Zeit der Beauftragung des Rechtsanwalts bereits in Verzug befand und eine außergerichtliche Lösung dennoch nicht ausgeschlossen erschien. Darüber hinaus kann die Erstattung der Geschäftsgebühr von der Verpflichtung zum Schadensersatz umfasst oder - in Ausnahmefällen - gem. § 826 BGB zu ersetzen sein.
Hier ist eine Anspruchsgrundlage nicht ersichtlich. In Unterhaltsstreitigkeiten kommt regelmäßig nur die Erstattung aufgrund Verzuges in Betracht (vgl. OLG München, NJW-RR 2006, 651). Die Kosten für die den Verzug begründende Mahnung oder Leistungsaufforderung sind gerade nicht vom Verzugsschaden umfasst (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 286 Rz. 44 m.w.N.). Mit dieser ersten Aufforderung sind die Anwaltsgebühren angefallen und spätere erneute Mahnungen lösen keine ersatzfähige Gebühr mehr aus.
Dieses Ergebnis mag häufig unbillig erscheinen, ist aber Folge der gesetzlichen Konzeption des RVG und kann nicht durch die Gerichte korrigiert werden (in diesem Sinne BGH NJW 2008, 1323).
Fundstellen
Haufe-Index 2137675 |
FamRZ 2009, 1238 |
FamRZ 2009, 1856 |
JurBüro 2009, 362 |
MDR 2009, 893 |
AGS 2009, 307 |
NJW-Spezial 2009, 283 |
OLGR-Nord 2009, 320 |
Rafa-Z 2009, 10 |