Entscheidungsstichwort (Thema)

Bei Vergleichsabschluss im Prozesskostenhilfeerörterungstermin fällt lediglich Einigungsgebühr, aber keine Verfahrensgebühr an

 

Leitsatz (amtlich)

Bei Bewilligung von PKH für den Abschluss eines Vergleichs im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren ist nur eine Einigungsgebühr festzusetzen und zu vergüten. Die Erstattung einer Verfahrensgebühr sowie die Auslagenpauschale sind von dem Umfang der Bewilligung nicht erfasst.

 

Normenkette

ZPO § 118 Abs. 1 S. 3; RVG § 55; RVG-VV Nr. 1003

 

Gründe

Die Parteien des Verfahrens schlossen im Prozesskostenhilfeerörterungstermin (§ 118 Abs. 1 S. 3 ZPO) am 27.8.2008 einen Vergleich. Durch Beschluss vom gleichen Tage wurde der Antragstellerin Prozesskostenhilfe für den Vergleichsabschluss unter Beiordnung des Beschwerdeführers bewilligt. Der Beschwerdeführer hat mit Antrag vom 28.8.2008 die Festsetzung seiner Gebühren i.H.v. 551,86 EUR beantragt. Festgesetzt wurden jedoch nur 305,83 EUR, da der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle über die Einigungsgebühr hinaus keinen weiteren Gebühren für erstattungsfähig hielt. Die Erinnerung vom 13.10.2008, mit der der Beschwerdeführer die weitergehende Festsetzung einer Verfahrensgebühr und der Auslagenpauschale geltend macht, hat das AG durch Beschluss vom 6.11.2008 zurückgewiesen.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde macht unter Bezugnahme auf die Entscheidung des OLG München (Beschl. v. 12.9.2007 - 11 WF 1346/07, MDR 2008, 173) geltend, dass eine Einigungsgebühr niemals ohne eine Tätigkeitsgebühr anfallen könne und wegen dieser notwendigen Bindung die Prozesskostenhilfebewilligung auch die Verfahrensgebühr umfasse.

Der Bezirksrevisor hatte im Erinnerungsverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die gem. §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 RVG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Nach der Rechtsprechung des BGH kann im Falle eines Vergleichs im Erörterungstermin gem. § 118 Abs. 1 S. 3 ZPO nur für den Vergleich selbst und nicht für das gesamte Prozesskostenhilfeverfahren, für das grundsätzlich keine Prozesskostenhilfe in Betracht kommt, bewilligt werden (BGH, NJW 2004, 2295 ff.)

Der BGH hat dazu ausgeführt, die Prozesskostenhilfe solle nach ihrem Sinn und Zweck der minderbemittelten Partei ermöglichen, ihr Recht vor Gericht zu verfolgen oder sich in einem Rechtsstreit zu verteidigen. Sie diene nicht dazu, eine Partei für ihre Vergleichsbereitschaft mit einem Kostenerstattungsanspruch "zu belohnen". Nicht überzeugend sei das von der Gegenansicht vorgebrachte Argument, bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe nur für den Vergleichsabschluss würde der kostenmindernde Zweck des Einigungsverfahrens nach § 118 Abs. 1 S. 3 ZPO verfehlt. Es sei zwar richtig, dass bei Abschluss eines Vergleichs erst im Hauptsacheverfahren die Gebühren aus dem vorangegangenen Prozesskostenhilfeverfahren auf die vollen Gebühren (jetzt gem. §§ 15 Abs. 2, 16 Nr. 2 RVG) angerechnet würden und nunmehr von der Staatskasse zu zahlen wären, so dass es für die Partei günstiger sein könne, den Vergleich erst im Hauptsacheverfahren abzuschließen. Mit diesem Argument würden aber mehrere Gesichtspunkte außer Acht gelassen. Zum einen habe die mittellose Partei bei ihrer Entscheidung, ob sie mit dem Vergleichsabschluss warten soll, zu bedenken, dass sie nicht sicher sein könne, ob der in Aussicht genommene Vergleich später noch zustande komme. Zum anderen müsse sie auch berücksichtigen, dass sie im Falle des Unterliegens oder Teilunterliegens im Hauptsacheverfahren mit außergerichtlichen Kosten der Gegenseite belastet werde und sich daher durch die Ablehnung eines Vergleichs im Prozesskostenhilfeverfahren einem nicht unerheblichen Kostenrisiko aussetze. Zudem habe der Gesetzgeber in § 114 ZPO eine Regelung für die Kosten der Prozessführung getroffen und eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein vorgeschaltetes Prozesskostenhilfeverfahren - trotz des damals schon währenden Meinungsstreits - nicht gewollt. Vielmehr sei auch noch bei der Neuregelung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) vom 5.5.2004 (BGB1. I 2004, 718, 788) deutlich geworden, dass der Gesetzgeber auf dem Standpunkt stehe, für das Prozesskostenhilfeverfahren gebe es keine Prozesskostenhilfe. Anhaltspunkte dafür, dass im Falle des Vergleichsabschlusses etwas anderes gelten solle, seien nicht ersichtlich (vgl. auch OLG Hamm, Beschl. v. 3.7. 2008 - 10 WF 77/08, OLGReport Hamm 2009, 159).

Der Senat schließt sich der Rechtsauffassung des BGH an. Die Gegenauffassung des OLG München, das wegen der Bindung der Verfahrensgebühr an die Einigungsgebühr eine notwendige Erstreckung der Prozesskostenhilfebewilligung auf die Verfahrensgebühr annimmt, überzeugt nicht. Zwar sind Verfahrens- und Einigungsgebühr von der Gebührensystematik hier entstanden, vorliegend geht es aber nicht um die Frage der Gebührenentstehung, sondern um die Festlegung des Umfangs der Bewilligung der Prozesskostenhilfe, die sich nach Nr. 1003 RVG-VV allein auf die Einigungsgebühr (1,0) erstreckt. Daneben entstandene Gebühren we...

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