Leitsatz (amtlich)
Gibt eine Erbe seine Erklärung, dass er die Erbschaft ausschlage gegenüber dem Nachlassgericht ab, in dessen Bezirk er seinen Wohnsitz hat, so ist die Niederschrift über die Erklärung zur Verwahrung an das zuständige Nachlassgericht zu übersenden, mithin grundsätzlich an das Nachlassgericht, in dessen Bezirk der Erblasser zur Zeit des Erbfalls seinen Wohnsitz hatte.
Normenkette
FamFG § 343 Abs. 1, § 344 Abs. 7
Verfahrensgang
AG Minden (Aktenzeichen 7 VI 1169/10) |
AG Wilhelmshaven (Aktenzeichen 09 VI 628/10) |
Tenor
Zuständig für die Verwahrung des Originals der Niederschrift über die Erbausschlagungserklärungen der Beteiligten vom 20.12.2010 vor dem AG - Nachlassgericht - Minden ist das AG - Nachlassgericht - Wilhelmshaven.
Gründe
I. Nachdem der zuletzt in Wilhelmshaven wohnhaft gewesene Erblasser am 19.11.2010 verstorben war, hat am 1.12.2010 zunächst dessen Ehefrau vor dem AG - Nachlassgericht - Wilhelmshaven erklärt, dass sie die Erbschaft ausschlage. Entsprechende Erklärungen haben am 20.12.2010 die in Minden wohnenden Beteiligten zu 1) bis 4) vor dem AG - Nachlassgericht - Minden abgegeben. Mit Datum vom selben Tag hat das AG Minden dem AG Wilhelmshaven eine Ausfertigung der Niederschrift über die Erbausschlagungserklärungen zukommen lassen. Der Bitte des AG Wilhelmshaven, das Original der Niederschrift zu übermitteln, hat das AG Minden nicht entsprochen. Durch Beschluss vom 14.2.2011 hat es unter Hinweis auf eine Verfügung des Präsidenten des OLG Hamm vom 30.7.2010 eine Übersendung des Originals förmlich abgelehnt. Daraufhin hat das AG Wilhelmshaven durch Beschluss vom 28.2.2011 seine Zuständigkeit für die Aufbewahrung der besagten Urschrift festgestellt und die Sache dem OLG Oldenburg vorgelegt mit dem Antrag, das für die Verwahrung des Originals der Niederschrift zuständige Gericht zu bestimmen.
II. Das OLG Oldenburg ist gem. § 5 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 FamFG zur Bestimmung des zuständigen Gerichts berufen.
1. § 5 FamFG gilt auch für Verfahren, die dem Rechtspfleger nach §§ 3, 14 ff. RPflG übertragen sind (vgl. OLG Hamburg, Beschl. v. 5.3.2010 - 2 AR 10/09, Tz. 4 m.w.N.).
Die Vorlagevoraussetzungen sind erfüllt. Verschiedene Gerichte haben sich rechtskräftig als zur Verwahrung des Originals der Niederschrift über die Erbausschlagung zuständig erklärt. Der Beschluss des AG Wilhelmshaven vom 28.2.2011 spricht dies explizit aus. Ebenso lässt sich dem Beschluss des AG Minden vom 14.2.2011 eine die eigene Zuständigkeit bejahende Aussage entnehmen. Indem das AG Minden die Übersendung der fraglichen Urschrift abgelehnt hat, hat es unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass es die Verwahrung der Urschrift ausschließlich als eigene Aufgabe ansieht.
In formelle Rechtskraft erwachsen sind die genannten Beschlüsse bereits deshalb, weil sie nach § 58 Abs. 1 FamFG nicht mit einem Rechtsmittel anfechtbar sind (vgl. Engelhardt, in: Keidel, FamFG, 16. Aufl., § 45 Rz. 2 f.. ferner OLG Hamm, Beschl. v. 7.12.2010 - I15 Sbd 12/10, Tz. 4, zitiert nach juris).
2. Das nächsthöhere gemeinsame Gericht ist hier der BGH. Deshalb ist das zuständige Gericht durch das OLG zu bestimmen, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört, § 5 Abs. 2 FamFG. Zuerst mit der Sache befasst war das AG Wilhelmshaven. Somit ist das OLG Oldenburg zur Zuständigkeitsbestimmung berufen.
III. Zuständig für die Verwahrung des Originals der Niederschrift über die Erbausschlagungserklärungen vom 20.12.2010 ist das AG - Nachlassgericht - Wilhelmshaven. Das folgt aus § 344 Abs. 7 FamFG.
1. Gemäß § 344 Abs. 7 Satz 1 FamFG kann eine Erklärung, mit der die Erbschaft ausgeschlagen wird (§ 1945 Abs. 1 BGB), wirksam auch gegenüber demjenigen Nachlassgericht abgegeben werden, in dessen Bezirk der Ausschlagende seinen Wohnsitz hat. Sofern das geschieht, ist die Niederschrift über die Erklärung an das zuständige Nachlassgericht zu übersenden (§ 344 Abs. 7 Satz 2 FamFG). Zuständig in diesem Sinne ist grundsätzlich dasjenige Nachlassgericht, in dessen Bezirk der Erblasser zur Zeit des Erbfalls seinen Wohnsitz hatte (§ 343 Abs. 1 FamFG). Das ist hier das AG - Nachlassgericht - Wilhelmshaven.
2. Die Vorschrift des § 344 Abs. 7 Satz 2 FamFG ist dahin auszulegen, dass das Gericht am Wohnsitz des Ausschlagenden das Original der Niederschrift über die Ausschlagungserklärung an das nach § 343 Abs. 1 FamFG zuständige Nachlassgericht zu übersenden hat (ebenso OLG Bremen, Beschl. v. 12.11.2010 - 3 AR 10/10, Tz. 3 f.. OLG Celle, Beschl. v. 16.2.2010 - 6 AR 1/10, Tz. 2. OLG Hamburg, Beschl. v. 5.3.2010 - 2 AR 10/09, Tz. 6 ff.. OLG Hamm, Beschl. v. 7.12.2010 - I15 Sbd 12/10, Tz. 7 ff., jeweils zitiert nach juris).
a) Für ein solches Verständnis spricht bereits der Wortlaut des § 344 Abs. 7 Satz 2 FamFG, der nicht zwischen dem Original der Niederschrift und Ausfertigungen von dieser differenziert. Außerdem verweist § 344 Abs. 7 Satz 1 FamFG auf § 1945 Abs. 1 BGB, wonach die Ausschlagungserklärung entweder zur Niederschrift des Nachlassgerichts oder in öff...