Leitsatz (amtlich)

1. Zu den Voraussetzungen und zur Prüfung der Wirtschaftsfähigkeit i.S.d. § 6 Abs. 7 HöfeO bei einem Hoferbprätendenten, der keinen landwirtschaftlichen Beruf erlernt hat und hauptberuflich außerhalb der Landwirtschaft tätig ist.

2. An die Wirtschaftsfähigkeit i.S.d. § 6 Abs. 7 HöfeO ist unter Berücksichtigung des Zwecks des Landwirtschaftserbrechts der HöfeO ein strenger, objektiver Maßstab anzulegen, wobei die Anforderungen von der Art, der Größe und der in Betracht kommenden Bewirtschaftung des Hofes abhängen. Ein Grundtatbestand landwirtschaftlicher Kenntnisse und Fähigkeiten ist allerdings stets erforderlich; der Standard dieser Kenntnisse und Fähigkeiten muss den aktuellen, heutigen Anforderungen einer selbständigen landwirtschaftlichen Betriebsführung entsprechen.

 

Verfahrensgang

AG Lingen (Beschluss vom 18.11.2009; Aktenzeichen 14 Lw 121/08)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 3 wird der Beschluss des AG - Landwirtschaftsgerichts - Lingen vom 18.11.2009 teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Feststellungsanträge der Beteiligten zu 1 und 2 werden zurückgewiesen.

Auf den Feststellungsantrag des Beteiligten zu 3 wird festgestellt, dass der Beteiligte zu 3, G. B., geboren am ... 1958,..., Hoferbe des im Grundbuch von H. Blatt ... eingetragenen Hofes im Sinne der Höfeordnung nach dem Tode des eingetragenen Eigentümers J. B., geworden ist.

Die Gerichtskosten erster Instanz tragen die Beteiligten zu 1, zu 2 und 3 zu jeweils einem Drittel.

In der ersten Instanz angefallene außergerichtliche Kosten der Beteiligten werden nicht erstattet.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beteiligte zu 2.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 168.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten sind Geschwister; sie streiten im Rahmen eines Feststellungsverfahrens um die Hoferbfolge nach dem Tod ihres Bruders J. B.

Der am 31.12.2007 verstorbene Landwirt J. B. war Eigentümer des im Rubrum genannten Hofs in H. zur Größe von ca. 25 ha, den er im Erbgang nach dem Tod seines am 1.8.1997 verstorbenen Vaters F. B. erworben hatte. Er war nicht verheiratet und hatte keine Kinder. Im Zeitpunkt seines Todes lebte noch seine Mutter M. B., die am 1.8.2008 verstarb. Die Mutter hatte den Beteiligten zu 1 in einem notariellen Testament vom 23.4.2008 (UR Nr. 195/2008 des Notars U. G. in F.) zum Alleinerben eingesetzt; dies sollte auch für etwaigen Grundbesitz gelten, den die Mutter infolge des Todes ihres Sohnes J. B. geerbt hatte.

Die Beteiligten haben mit jeweils unterschiedlicher Begründung geltend gemacht, Hoferbe zu sein oder jedenfalls als wirtschaftsfähige Person als Hoferbe in Betracht zu kommen.

Im vorliegenden Verfahren haben die Beteiligten zu 1 bis 3 Feststellungsanträge gestellt, mit denen sie jeweils die Feststellung begehren, sie zum Hoferben zu bestimmen.

Der Beteiligte zu 1 (Ma. B.), der Landmaschinentechniker ist und zur Zeit als Kraftfahrer arbeitet, hat sich zur Begründung seines Antrags darauf berufen, dass dann, wenn die Mutter der Beteiligten nach dem Tod des Bruders J. B. Hoferbin geworden sei, er jedenfalls aufgrund des Testaments vom 23.4.2008 Hofnachfolger nach dem Tod der Mutter geworden sei. Die Mutter komme als Hoferbin des verstorbenen Bruders nach § 5 Nr. 3 HöfeO in Betracht, weil diese seit den fünfziger Jahren mit dem verstorbenen Vater aus gemeinsamen eigenen Mitteln den Hof aufgebaut und erweitert habe. Er hält sich aufgrund seiner Ausbildung als Landmaschinentechniker und früherer Mithilfe auf dem Hof für wirtschaftsfähig.

Der Beteiligte zu 2 (F. B.), der Gas- und Wasserinstallationsmeister und Heizungsbaumeister ist, hat zur Begründung seines Feststellungsantrags geltend gemacht, aufgrund seiner früheren Mithilfe auf dem Hof und dabei erworbener landwirtschaftlicher Kenntnisse ebenfalls wirtschaftsfähig zu sein und als nunmehr ältester Sohn nach dem für das Gebiet von H. geltenden Ältestenrecht zum Hoferbe berufen zu sein.

Der Beteiligte zu 3 (G. B.), der eine landwirtschaftliche Ausbildung absolviert hat und Landwirtschaftsmeister ist, ist 1981 von seinem Onkel Ma. B. nach den Grundsätzen der Erwachsenenadoption adoptiert worden und bewirtschaftet einen von seinem Onkel geerbten Hof in H. Er hat die Auffassung vertreten, der Beteiligte F. B. sei nicht wirtschaftsfähig. An seiner Stelle sei er nach Ältestenrecht als Zweitältester Hoferbe. Als Landwirtschaftsmeister sei er unzweifelhaft wirtschaftsfähig.

Das Landwirtschaftsgericht hat Beweis über die Wirtschaftsfähigkeit des Beteiligten F. B. erhoben. Dazu hat es den Beteiligten F. B. in einem Verhandlungstermin unter Anwesenheit der übrigen Beteiligten durch den Landwirt F. U. als Sachverständigen auf seine landwirtschaftlichen Kenntnisse prüfen lassen und sich anschließend ein mündliches Gutachten des Sachverständigen zur Wirtschaftsfähigkeit des Beteiligten F. B. erstatten lassen. Der Sachverständige ist a...

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