Leitsatz (amtlich)

Der Streitwert einer Klage auf Duldung der Wegnahme von Strom-, Gas- und Wasserzählern bemisst sich danach, welcher Schaden dem Versorger bei Fortsetzung der Lieferungen in den nächsten sechs Monaten voraussichtlich entstehen wird.

 

Verfahrensgang

LG Osnabrück (Beschluss vom 06.08.2009; Aktenzeichen 12 T 502/09)

 

Tenor

Die weiteren Beschwerden der Klägerin und der L.N. gegen den Beschluss des LG Osnabrück vom 6.8.2009 werden zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Der Beklagte hat bei der Klägerin fortlaufend Strom, Gas und Wasser bezogen. Dafür hatte er monatliche Abschläge i.H.v. 280 EUR zu zahlen. Nachdem erhebliche Rückstände aufgelaufen waren, hat die Klägerin den Beklagten gerichtlich in Anspruch genommen. Vor dem AG Osnabrück hat sie beantragt, den Beklagten zu verurteilen, ihr Zugang zu seiner Wohnung zu gewähren und den Ausbau der Strom-, Gas- und Wasserzähler zu dulden. Gegen den Beklagten ist ein Versäumnisurteil ergangen, das inzwischen rechtskräftig ist. Den Streitwert hat das AG auf den zwölffachen Betrag des monatlich geschuldeten Abschlags - insgesamt 3.360 EUR - festgesetzt.

Auf die Beschwerde der Klägerin hat das LG mit Beschluss vom 6.8.2009 den Streitwert auf den sechsfachen Betrag des monatlich geschuldeten Abschlags, also auf 1.680 EUR, reduziert.

Dagegen richten sich die sowohl von der Landeskasse als auch von der Klägerin erhobenen weiteren Beschwerden. Der Bezirksrevisor als Vertreter der Landeskasse hält die Entscheidung des AG für zutreffend. Demgegenüber vertritt die Klägerin die Auffassung, in Gestaltungen der vorliegenden Art setze der Streitwert sich zusammen aus dem Verkehrswert der Zähler, deren Herausgabe begehrt werde, und einem mit 1/3 zu bemessenden Bruchteil der aufgelaufenen Zahlungsrückstände.

Die Rechtsmittel sind gem. §§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 4 und Abs. 4 GKG zulässig. Das LG hat die weitere Beschwerde in der angegriffenen Entscheidung mit bindender Wirkung zugelassen. Auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen sind erfüllt. Insbesondere ist die einmonatige Beschwerdefrist (§ 68 Abs. 1 Satz 6 GKG) gewahrt. Zwar ist die Beschwerdeschrift der Klägerin vom 25.8.2009, die ihrer Darstellung zufolge dem LG am selben Tag per Telefax übermittelt worden ist, zunächst nicht zur Akte gelangt und bei dem LG auch nicht auffindbar gewesen. Doch ist bereits am 28.8.2009 die Beschwerdebegründung der Klägerin eingegangen. Dieser lässt sich eindeutig entnehmen, dass und in welchem Umfang der Beschluss des LG vom 6.8.2009 angegriffen werden soll. Schon dadurch hat die Klägerin die weitere Beschwerde fristgemäß erhoben.

In der Sache musste beiden Rechtsmitteln der Erfolg versagt bleiben. Die Entscheidung des LG, den Streitwert auf den sechsfachen Betrag des monatlich geschuldeten Abschlags festzusetzen, begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Entgegen der Auffassung der Klägerin fließt der Verkehrswert der Zähler, deren Ausbau sie anstrebt, nicht in den Streitwert ein. Gemäß § 6 Satz 1 ZPO ist der Verkehrswert einer Sache maßgebend, wenn um ihren Besitz gestritten wird. In Verfahren, in denen ein Energie- oder Wasserversorger - wie hier - einen Antrag auf Duldung der Wegnahme von Strom-, Gas- oder Wasserzählern stellt, geht es jedoch primär nicht um die Erlangung des Besitzes an den Zählern. Im Vordergrund steht vielmehr das Interesse des Versorgungsunternehmens, gegenüber einem Kunden, der erheblich in Zahlungsverzug geraten ist, nicht weiter in Vorleistung treten zu müssen.

Das zuletzt genannte Interesse ist gem. § 3 ZPO nach freiem Ermessen zu bewerten. Dabei stellt die Rechtsprechung - wie auch das AG und das LG in dem vorliegenden Verfahren - inzwischen ganz überwiegend auf zwei Faktoren ab, nämlich zum einen auf den Zeitraum, der üblicherweise zwischen der Entstehung des Duldungsanspruchs und der Erlangung einer entsprechenden vollstreckbaren Entscheidung liegt, und zum anderen auf den in dieser Zeit voraussichtlich anfallenden Verbrauch, der in den festgesetzten Monatsabschlägen zum Ausdruck kommt (so etwa OLG Braunschweig, NJW-RR 2006, 1584; OLG Hamburg, Beschl. v. 17.1.2008 - 14 W 3/08, zitiert nach juris; OLG Köln, Beschl. v. 5.12.2005 - 5 W 161/05, zitiert nach juris; OLG Schleswig, Beschl. v. 2.2.2009 - 14 W 6/09, zitiert nach juris m.w.N.).

Der Senat schließt sich dieser Auffassung an. Sie trägt den tatsächlichen Gegebenheiten am besten Rechnung, indem sie das Interesse an der Durchsetzung der Leistungsunterbrechung danach bemisst, welcher Schaden bei Fortsetzung der Lieferung mit Gas, Wasser oder Strom zu befürchten wäre. Der Ansatz der Klägerin, den potentiellen künftigen Ausfallschaden aus einem Bruchteil der bisherigen Rückstände abzuleiten, vermag demgegenüber nicht zu überzeugen. Schon der mit einer Parallele zur Feststellungsklage begründete Abschlag wird dem wirtschaftlichen Verlust, der bei einer fortgesetzten Belieferung droht, nicht gerecht. Ebenso wen...

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