Leitsatz (amtlich)

1. Bringt der Antragsgegner gegen die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens substantiierte Einwendungen vor, die nicht durch Beschluss zurückgewiesen werden können - hier: Zusammenleben in einem Haushalt - beginnt die 6-Monatsfrist des § 255 Abs. 6 FamFG mit Zugang der Einwendungen beim Antragsteller.

2. Beantragt der Antragsteller innerhalb der Frist nicht die Durchführung des streitigen Verfahrens gilt der Antrag als zurückgenommen. Weiterhin gewechselte Schriftsätze über die sachliche Richtigkeit der Einwendungen haben auf den Lauf dieser Frist keinen Einfluss.

3. Gegen die Ablehnung einer Kostenentscheidung ist die sofortige Beschwerde das statthafte Rechtsmittel

 

Verfahrensgang

AG Delmenhorst (Aktenzeichen 23 FH 121/10 VU, 23 FH 122/10 VU, 23 FH 123/10 VU)

 

Tenor

1. Die Verfahren

a) 23 FH 121/10 VU AG Delmenhorst (= 14 WF 147/12),

b) 23 FH 122/10 VU AG Delmenhorst (= 14 WF 148/12) und

c) 23 FH 123/10 VU AG Delmenhorst (= 14 WF 149/12)

werden miteinander verbunden.

Es führt 23 FH 121/10 VU AG Delmenhorst (= 14 WF 147/12).

2. Dem Antragsgegner wird Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Beschwerdefrist gewährt.

3. Auf die sofortigen Beschwerden des Antragsgegners werden die Beschlüsse des AG Delmenhorst vom 26.6.2012 aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung auch über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens an das AG zurückverwiesen.

3. Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben.

 

Gründe

Mit Anträgen vom 27.12.2010 haben die Antragsteller - vertreten durch die Stadt Delmenhorst als Beistand - die Festsetzung von Unterhalt im vereinfachten Verfahren beantragt. Der Antragsgegner hat die Zurückweisung des Antrags begehrt. Er habe sich zwar von der Mutter der Kinder getrennt, lebe aber weiterhin mit ihr und den Kindern in einem Haushalt, wobei die Mutter Einkäufe für die ganze Familie tätige und er die Wohnkosten bestreite. Ein Auszug der Mutter sei für Anfang März angekündigt. Für die Zeit ab April 2011 hat er den Kindesunterhalt durch Jugendamtsurkunden titulieren lassen. Die Antragsteller haben ihren Antrag daraufhin auf die Zeit bis zum 7.3.2011 beschränkt.

In der weiteren Korrespondenz über die mitgeteilten Einwendungen erwiderte der Beistand zunächst, eine Rücknahme der Anträge sei nicht vorgesehen. Auf eine gerichtliche Anfrage im Juli 2011 teilte er mit, dass keine Abgabe in das streitige Verfahren beantragt werde.

Auf den Kostenantrag des Antragsgegners erwiderte der Beistand, dass aufgrund des noch für die Zeit von November 2010 bis zum 7.3.2011 ausstehenden Unterhalts das Verfahren nicht als beendet angesehen werde.

Nachdem der Antragsteller auf eine Entscheidung über seine Kostenanträge drängte, wies die Rechtspflegerin diese mit Beschlüssen vom 26.6.2012 zurück, weil das Verfahren seitens der Antragsteller noch nicht vollständig abgeschlossen sei.

Gegen diese Beschlüsse wendet sich der Antragsgegner mit seinen jeweils innerhalb der Monatsfrist beim AG eingegangenen Beschwerden, mit denen er geltend macht, dass die Anträge im vereinfachten Verfahren als zurückgenommen gelten.

Die Rechtspflegerin hat den Beschwerden nicht abgeholfen.

Die Verfahren 23 FH 121/10 VU, 23 FH 122/10 VU und 23 FH 123/10 VU AG Delmenhorst sind zunächst miteinander zu verbinden (§ 250 Abs. 3 FamFG). Da das AG die gesetzliche vorgeschriebene Verbindung der Verfahren (§ 250 Abs. 3 FamFG) unterlassen hat, hat der Senat diese Entscheidung nachgeholt (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 2.5.2011 - 10 UF 88/11, JurBüro 2011, 431). Die Verbindung dient zum einen der Kostenersparnis, ist darüber hinaus aber auch aus verfahrensrechtlichen Gründen zwingend geboten, um in dem formalisieren Verfahren eine einheitliche Behandlung sachlich zusammenhängender Ansprüche zu gewährleisten.

Die Beschwerden sind nach Wiedereinsetzung wegen der Fristversäumung zulässig. Zwar handelt es sich bei den angefochtenen Entscheidungen nicht um Endentscheidungen i.S.v. § 38 FamFG. Da gegen eine Kostenentscheidung in Unterhaltssachen wie auch gegen deren Ablehnung die sofortige Beschwerde das statthafte Rechtsmittel wäre (§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, §§ 269 Abs. 5, 567 ZPO; zur Frist s. BGH Beschl. v. 28.9.2011 - XII ZB 2/11, FamRZ 2011, 1933), ist die Beschwerdefrist von zwei Wochen nicht gewahrt. Da das AG in der Rechtsmittelbelehrung als zulässiges Rechtsmittel die innerhalb der Frist von einem Monat einzulegenden Beschwerde angegeben hatte, befand sich der Antragsgegner angesichts der fehlerhaften, aber nicht von vorherein offenkundig unzutreffenden Angaben, in einem entschuldbaren Irrtum über die einzuhaltenden Frist. Daher ist ihm von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (vgl. BGH, Beschl. v. 12.1.2012 - V ZB 198/11, NJW 2012, 2443; Beschl. v. 13.6.2012 - XII ZB 592/11, FamRZ 2012, 1287).

Auch im Übrigen erweisen sich die Beschwerden als statthaft. Denn nach Abschluss des Verfahrens hat ein Beteiligter Anspruch auf eine Kostenentscheidung, um ggf. seine eigenen Kosten gegen die Gegenseite ...

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