Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert im Berufungsverfahren zum nachehelichen Unterhalt. Anspruch auf Wegfall der Unterhaltsverpflichtung bzw. auf Wegfall der Befristung im Wege der Anschlussberufung
Leitsatz (amtlich)
Wird im Rechtsmittelverfahren nur die Befristung des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt angegriffen, richtet sich der Gebührenstreitwert gem. § 42 Abs. 1 GKG nach dem Wert der ersten zwölf noch im Streit befindlichen Monate.
Beantragt der Berufungsführer Klageabweisung, während der Gegner mit der Anschlussberufung eine Verlängerung oder den Wegfall der Befristung erreichen will, betreffen die Ansprüche denselben Gegenstand i.S.v. § 45 Abs. 2, Abs. 1 S. 1 und 3 GKG mit der Folge, dass der Streitwert sich nur nach dem höheren Wert richtet.
Normenkette
GKG § 42 Abs. 1, §§ 45, 47
Verfahrensgang
AG Nordhorn (Aktenzeichen 11 F 299/07 UE) |
Tenor
I. Der Berufungskläger wird seines eingelegten Rechtsmittels nach Rücknahme der Berufung für verlustig erklärt.
II. Er trägt die durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten.
III. Der Streitwert für die Berufung und die Anschlussberufung wird auf bis zu 10.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien waren seit dem 2.11.1973 verheiratet und haben sich im Januar 2003 getrennt. Am 15.6.2004 wurde die Ehe geschieden. Durch Urteil vom 18.3.2008 hat das AG - FamG - Nordhorn dem Antrag auf nachehelichen Unterhalt i.H.v. 760 EUR von März bis Dezember 07, ab 1.1.2008 befristet bis Dezember 2010 von 770 EUR stattgegeben. Mit seiner Berufung hat der Beklagte Abweisung der Klage begehrt. Die Klägerin hat mit ihrer unselbständigen Anschlussberufung eine unbefristete Zahlung von Unterhalt erreichen wollen. Nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte die Berufung zurückgenommen.
II. Der Streitwert des Rechtsmittelverfahrens bestimmt sich gem. § 47 Abs. 1 S. 1 GKG nach den gestellten Anträgen. Im Unterhaltsrechtsstreit ist nach § 42 Abs. 1 GKG der für die ersten 12 Monate nach Einreichung der Klage oder des Antrags geforderte Betrag maßgeblich. Damit beträgt der Streitwert für die Berufung des Beklagten 9.140 EUR (10 × 760 EUR+2 × 770 EUR).
Der Streitwert der Anschlussberufung bemisst sich ebenfalls nach § 42 Abs. 1 GKG und beläuft sich auf 9.240 EUR (12 × 770 EUR). Auch dann, wenn nur die Befristung angegriffen wird, richtet sich der Gebührenstreitwert nach dem Wert der ersten zwölf noch im Streit befindlichen Monate (BGH FamRZ 2003, 1274; OLG Stuttgart, FamRZ 2008, 1205).
Die Rechtsmittel sind gem. § 45 Abs. 2, Abs. 1 S. 1 und 3 GKG nicht zusammenzurechnen, weil sie werttechnisch identisch sind. Beantragt im Rechtsmittelverfahren der Gegner der Partei, die eine Verkürzung der Leistungsdauer begehrt, eine Verlängerung oder den Wegfall der Befristung des der Höhe nach unstreitigen Anspruchs, ist wirtschaftliche Identität gegeben (OLG Stuttgart, a.a.O.; Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 12. Aufl. Rz. 4626; a.A. Meyer, GKG, 9. Aufl. 2007 § 45 Rz. 26: Addition). Nichts anderes gilt dann, wenn - wie hier - nicht nur eine zeitliche Verkürzung des Anspruchs begehrt wird, sondern der Anspruch insgesamt angegriffen wird. Dagegen lässt sich zwar einwenden, die wirtschaftliche Identität fehle wegen der unterschiedlichen Zeiträume, denn die Berufung hat die Zeit vor Dezember 2011 und die Anschlussberufung den danach liegenden Zeitraum zum Gegenstand. Aber auch dann, wenn verschiedene zeitliche Phasen angegriffen werden, betreffen beide Anträge denselben Gegenstand i.S.v. § 45 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 GKG, nämlich den einheitlichen Anspruch auf Erfüllung der gesetzlichen Unterhaltspflicht.
Dies hat zur Folge, dass der Streitwert insgesamt auf bis zu 10.000 EUR anzusetzen ist.
Fundstellen
Haufe-Index 2050678 |
FamRZ 2009, 73 |
FuR 2009, 226 |
FPR 2009, 136 |
FPR 2009, 190 |
AGS 2009, 83 |
FF 2009, 176 |
FF 2009, 218 |
FamRB 2009, 114 |
HRA 2008, 12 |
RVGreport 2009, 78 |
ZFE 2009, 36 |
OLGR-Nord 2008, 955 |