Verfahrensgang

LG Osnabrück (Aktenzeichen 12 O 879/22)

 

Tenor

I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem Hinweisbeschluss und Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Berufung unter Kostengesichtspunkten binnen zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses. Der Senat weist insofern vorsorglich darauf hin, dass sich die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens im Fall einer Berufungsrücknahme auf die Hälfte ermäßigen (Nr. 1222 KV GKG).

II. Der Senat lässt sich bei seiner Absicht, nach § 522 Abs. 2 ZPO zu verfahren, von folgenden Überlegungen leiten:

Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten. Die Berufung hat auch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Berufungsangriffe der Beklagten verfangen nicht. Das Landgericht hat unter Abweisung der Klage im Übrigen zu Recht festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin zur Rechtsverteidigung in den Mahnbescheidsverfahren des Zentralen Mahngerichts Coburg zu dem dortigen Az. (...) sowie (...) Kostendeckung zu gewähren nach Maßgabe des Versicherungsvertrages der Parteien (Nr. (...)).

 

Gründe

Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass es sich bei dem vertraglichen Konstrukt zwischen der Klägerin und der Firma CC-GmbH (im Folgenden: Firma CC) um eine Kapitalanlage handelt, die nicht unter eine selbstständige oder freiberufliche Tätigkeit im Sinne von § 26 Abs. 1 S. 4 der für die vorliegende Rechtsschutzversicherung maßgeblichen ARB fällt.

Dem Versicherungsverhältnis liegen ausweislich des Versicherungsscheins vom 09.04.1992 (Anlage K1a) die ARB 1975 nebst Standardklauseln in der Fassung des Druckstückes RS 10 9.91 (Anlage K1b) zugrunde (im Folgenden: ARB).

Nach § 26 Abs. 1 S. 4 ARB ist die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Zusammenhang mit einer selbstständigen oder freiberuflichen Tätigkeit vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.

Soweit die Klägerin unter dem 23.06.2008 als "Investor" den "Kauf- und Verwaltungsvertrag" mit der Firma CC (Anlage B1) unterzeichnete und sie danach von jener zu einem Gesamtkaufpreis von 41.700 EUR Container kaufte sowie jene mit der Verwaltung der Container beauftragte, wofür ihr für die vereinbarte Laufzeit des Vertrags die Zahlung einer Miete garantiert wurde, und die Firma CC sich verpflichtete, die Container nach Ablauf der Garantiezeit zurückzukaufen, was auch erfolgte, begründet dies keine selbstständige oder freiberufliche Tätigkeit im Sinne der ARB.

Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung sind Allgemeine Versicherungsbedingungen so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Bedingungswortlaut auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 10. April 2019 - IV ZR 59/18 -, Rn. 17, juris). Dieser Grundsatz erfährt nur dann eine Ausnahme, wenn die Rechtssprache mit dem verwendeten Ausdruck einen fest umrissenen Begriff verbindet. In diesen Fällen ist im Zweifel anzunehmen, dass auch die Allgemeinen Versicherungsbedingungen darunter nichts anderes verstehen wollen. Ein von der Rechtssprache abweichendes Verständnis kann allerdings dann in Betracht kommen, wenn das allgemeine Sprachverständnis von der Rechtssprache in einem Randbereich deutlich abweicht oder wenn der Sinnzusammenhang der Versicherungsbedingungen etwas anderes ergibt (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 10. April 2019 - IV ZR 59/18 -, Rn. 18, juris; BGH, Urteil vom 23. September 1992 - IV ZR 196/91 -, BGHZ 119, 252-257, Rn. 10).

"Selbständige Tätigkeit" ist kein festumrissener Begriff in der Rechtssprache. Auch die von Wörterbüchern gegebenen Definitionen reichen zur Auslegung des Begriffs "selbständige Tätigkeit", wie er in § 25 Abs. 1 S. 2 ARB und § 26 Abs. 1 S. 4 ARB verwendet ist, nicht aus. Der verständige Versicherungsnehmer wird den Ausschluss des Versicherungsschutzes in der Familien-Rechtsschutzversicherung bzw. Familien- und Verkehrs-Rechtsschutzversicherung für Lohn- und Gehaltsempfänger bei einer selbstständigen oder freiberuflichen Tätigkeit mit der im Bedingungswerk vorangehenden Regelung des § 24 ARB in Verbindung bringen. Bei der Frage nach dem Regelungssinn der Bestimmung wird er feststellen, dass nach § 25 Abs. 1 S. 2 ARB bzw. § 26 Abs. 1 S. 4 ARB diejenige Tätigkeit vom Versicherungsschutz ausgenommen sein soll, die...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge