Leitsatz (amtlich)
1. Fährt der Fahrer eines 3,08m hohen Wohnmobils unter Missachtung dreier Verkehrszeichen 265 zu § 41 Abs. 2 Nr. 6 StVO, durch die ein Verkehrsverbot für Fahrzeuge mit einer Höhe über 2,50 m ausgesprochen wird, in eine Brückenunterführung ein und beschädigt dadruch sein Fahrzeug, so handelt er objektiv und subjektiv grob fahrlässig, soweit nicht schuldmindernde Umstände von erheblichem Gewicht vorliegen.
2. In einem solchen Fall liegt kein "Augenblicksversagen" vor.
Verfahrensgang
LG Oldenburg (Urteil vom 18.11.2005; Aktenzeichen 13 O 2771/05) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 18.11.2005 verkündete Urteil der 13. Zivilkammer des LG Oldenburg wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf bis zu 13.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger ist Eigentümer eines Wohnmobils F., für das bei der Beklagten eine Vollkaskoversicherung besteht. Bereits seit 1999 hatte der Kläger Wohnmobile mit ähnlichen Abmessungen bei der Beklagten versichert.
Am 6.5.2005 fuhr der Kläger mit dem 3,08m hohen Wohnmobil in W. mit einer Geschwindigkeit von ca. 40 km/h in eine Brückenunterführung, wobei das Dach des Wohnmobils mit der Brücke kollidierte. Es entstand ein Sachschaden von 10.589,70 EUR, den der Kläger mit seiner Klage geltend macht. Etwa 300 m vor der Unterführung befindet sich eine Wegweisertafel mit einem Verkehrszeichen 265 zu § 41 Abs. 2 Nr. 6 StVO, wonach ein Verkehrsverbot für Fahrzeuge besteht, deren Höhe 2,50 m überschreitet. Ein weiteres
Verbotsschild 265 befindet sich etwa 150 m vor der Unterführung. Schließlich ist ein solches Schild auch noch mittig auf der hellen Betonbrücke über der Unterführung angebracht.
Die Beklagte hat eine Schadensregulierung abgelehnt, weil der Beklagte grob fahrlässig gehandelt habe.
Der Kläger ist der Auffassung, er habe in Anbetracht der Gesamtumstände in subjektiver Hinsicht nicht grob fahrlässig gehandelt. Er habe sich mit seinem neuen Wohnmobil, das er erst wenige Tage zuvor übernommen hatte, in der ihm fremden Stadt W. vollkommen verfahren. Zudem habe es geregnet und man habe sich im Kolonnenverkehr vorwärts bewegt. All dies habe zu einer Stresssituation geführt, in der es dann zu einem Augenblicksversagen gekommen sei.
Das LG ist zu Lasten des Beklagten von grober Fahrlässigkeit ausgegangen und hat die Klage abgewiesen.
II. Die vom Kläger gegen diese Entscheidung frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist unbegründet.
Das angefochtene Urteil lässt weder Rechtsfehler erkennen, noch sind konkrete Anhaltspunkte ersichtlich, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen.
Die Beklagte ist gem. § 61 VVG leistungsfrei, weil der Kläger den Versicherungsfall durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat. Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Es muss sich dabei um ein auch in subjektiver Hinsicht unentschuldbares Fehlverhalten handeln, das ein gewöhnliches Maß erheblich übersteigt (BGH v. 29.1.2003 - IV ZR 173/01, MDR 2003, 505 = BGHReport 2003, 428 m. Anm. Reinert = VersR 2003, 364, m.w.N.).
Fährt der Fahrer eines 3,08m hohen Wohnmobils unter Missachtung dreier Verkehrszeichen 265 zu § 41 Abs. 2 Nr. 6 StVO, durch die ein Verkehrsverbot für Fahrzeuge mit einer Höhe über 2,50 m ausgesprochen wird, in eine Brückenunterführung ein und beschädigt dadurch sein Fahrzeug, so handelt er objektiv und subjektiv grob fahrlässig, soweit nicht schuldmindernde Umstände von erheblichem Gewicht vorliegen. Hieran fehlt es im zu entscheidenden Fall.
Die Tatsache, dass der Kläger sich zuvor verfahren hatte und dass es regnete, vermögen eine Schuldminderung nicht zu begründen. Gleiches gilt für den Umstand, dass er in einer Kolonne gefahren sein will, zumal nicht behauptet wird, dass hierdurch etwa die Sicht auf die Verbotsschilder beeinträchtigt gewesen wäre.
Dass der Kläger sein neues Wohnmobil erst kurz zuvor übernommen hatte, ist ebenfalls ohne Belang. Es kann dahinstehen, ob dem Umstand, dass ein Fahrer mit dem Führen eines Wohnmobils oder Lastkraftwagens nicht vertraut ist, wesentliche schuldmindernde Bedeutung zukommt (so für Mietwagen OLG Rostock v. 2.6.2003 - 3 U 166/02, OLGReport Rostock 2003, 486 = MDR 2004, 91 = VersR 2004, 475; OLG München DAR 1999, 506; OLG Hamm RuS 1996, 22; OLG Düsseldorf v. 11.11.1991 - 1 U 249/90, MDR 1992, 752; OLG Celle DAR 1984, 123; OLG Köln v. 13.1.1982 - 2 U 77/81, MDR 1982, 579 = VersR 1982, 1151), denn der Kläger war zumindest seit 1999 unstreitig Halter von Wohnmobilen mit ähnlichen Abmessungen.
Schließlich kann sich der Kläger auch nicht darauf berufen, seine Schuld sei gemindert, weil ein "Augenblicksversagen" vorliege. Abgesehen davon, dass dieser Umstand allein kein ausreichender Grund wäre, den Schuldvorwurf der groben Fahrlässigkeit herabzustufen, wenn die objektiven Merk...