Leitsatz (amtlich)
1. Wenn das Vorliegen einer "nicht geringen Menge" i.S. von § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG ausscheidet, führt das Fehlen von Angaben zum Wirkstoffgehalt des Heroins nicht zur Unwirksamkeit der Berufungsbeschränkung.
2. Der Akteninhalt darf bei der von Amts wegen im Wege des Freibeweises vorzunehmenden Prüfung der Wirksamkeit der Rechtsmittelbeschränkung herangezogen werden.
Verfahrensgang
LG Osnabrück (Urteil vom 10.05.2007) |
Tenor
BESCHLUSS
Das Urteil der 5. kleinen Strafkammer des Landgerichts Osnabrück vom 10. Mai 2007wird unter Verwerfung des Rechtsmittels im übrigen im Straffolgenausspruch aufgehoben und an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Lingen (Ems) hat den Angeklagten am 15. August 2006 wegen der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln in siebzehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt.
Nach den getroffenen Feststellungen gab der Angeklagte im Januar 2005 in mindestens fünfzehn Fällen der gesondert verfolgten und selber heroinabhängigen S### R### Heroin zum Eigenverbrauch ab. Als diese sich in der Zeit vom 02. bis 20. Februar 2005 in stationärer Behandlung im B###-Krankenhaus in L### aufhielt, brachte er ihr in mindestens zwei Fällen Heroin vorbei, das sie konsumierte. Der Angeklagte und S### R### waren zur damaligen Zeit befreundet, so dass sie sich gegenseitig ohne Bezahlung ausgeholfen hatten.
Gegen das Urteil hat der Angeklagte durch seinen Verteidiger fristgerecht Berufung eingelegt, die er in der Berufungshauptverhandlung am 10. Mai 2007 mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft auf das Strafmaß beschränkt hat. Das Landgericht hat die Beschränkung als wirksam angesehen und die Berufung des Angeklagten mit der Maßgabe verworfen, dass der Angeklagte unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts Leer vom 01.März 2006 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten verurteilt wurde.
Dagegen richtet sich die form- und fristgerechte eingelegte Revision des Angeklagten, mit der er rügt, dass die in der Hauptverhandlung vom 10. Mai 2007 erklärte Beschränkung der Berufung auf das Strafmaß unzulässig gewesen sei, ferner fehlten jegliche Feststellungen zum Wirkstoffgehalt des Heroins und dessen Qualität. Dies sei jedoch für die Strafzumessung von zentraler Bedeutung, so dass auch die Strafzumessung fehlerhaft sei.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat dem widersprochen.
II.
Das Rechtsmittel des Angeklagten führt mit der Sachrüge zur Aufhebung des Straffolgenausspruchs.
Die vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfende Beschränkung der Berufung durch den Angeklagten hat das Landgericht zu Recht als wirksam beurteilt.
Ein Rechtsmittel kann grundsätzlich wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt werden. Eine wirksame Beschränkung ist nur in den Fällen nicht möglich, in denen Schuldspruch und Strafzumessung so eng miteinander verknüpft sind, dass eine getrennte Überprüfung der Strafzumessung nicht möglich wäre, ohne den nicht mitangefochtenen Schuldspruch zu berühren. Ansonsten gebietet es die dem Rechtsmittelberechtigten in § 318 S. 1 StPO eingeräumte Verfügungsmacht über den Umfang der Anfechtung, den in den Rechtsmittelerklärungen zum Ausdruck kommenden Gestaltungswillen im Rahmen des rechtlich Möglichen zu respektieren. Danach führt nicht jeder Mangel des infolge der Beschränkung grundsätzlich in Rechtskraft erwachsenden Teils, insbesondere auch nicht jede Lücke in den Schuldfeststellungen, zur Unwirksamkeit der Beschränkung. Das gilt auch, wenn infolge der Unvollständigkeit die Feststellungen für die erneut vorzunehmende Strafzumessung zu ergänzen sind, solange die neu zu treffenden Feststellungen den bindend gewordenen nicht widersprechen und der Schuldspruch als solcher davon nicht betroffen sein kann. Auch beim Fehlen von Angaben zum Wirkstoffgehalt des Betäubungsmittels kann der Schuldspruch je nach Lage des Einzelfalles - wenn tatbestandliche Voraussetzungen, wie zum Beispiel das Vorliegen einer nicht geringen Menge im Sinne des §29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, nicht in Frage stehen - revisionsrechtlicher Prüfung standhalten. Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen ist auch die Rechtsmittelbeschränkung wirksam (vgl. insoweit OLG Frankfurt, 1. Strafsenat, Beschluss vom 15. Februar 2005, Az.: 1 Ss 384/04 m.w.Nw.).
Vorliegend führt das Fehlen von Angaben zum Wirkstoffgehalt des Heroins nicht zur Unwirksamkeit der Berufungsbeschränkung. Die eingangs wiedergegebenen, vom Berufungsgericht als bindend seiner Entscheidung über den Strafausspruch zugrunde gelegten Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils sind zwar knapp, jedoch weder unklar, noch widersprüchlich und lassen den Unrechts- und Schuldgehalt der Taten jedenfalls in groben Zügen erkennen. Dafür reicht die Beschreibung des Gegenstands des Handeltreibens mit der unentgeltlichen Abgabe von Heroin zum Eigenkonsum aus. Der Unrechts- und Schuldgehalt der Taten ist hier hinreichend d...