Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellungsklage zur Hemmung der Verjährung des rückständigen Unterhalts
Leitsatz (redaktionell)
Der Unterhaltsgläuber kann im Wege der Feststellungsklage gegen den Unterhaltsschuldner rückständigen Kindesunterhalt für die Zeit bis zur Volljährigkeit geltend machen. Ein besonderes Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO ist gegeben, wenn die titulierten laufenden Unterhaltsansprüche gemäß § 197 Abs. 2 BGB zu verjähren drohen.
Normenkette
ZPO § 256
Verfahrensgang
AG Osnabrück (Beschluss vom 23.12.2008; Aktenzeichen 4 F 156/08 UK) |
Tenor
Das Verfahren wird gem. § 568 Satz 2 Nr. 1 ZPO dem Senat zur Entscheidung übertragen.
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Osnabrück vom 23.12.2008 in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 8.1.2009 geändert und dem Antragsteller ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt W. B., O. bewilligt soweit er die Feststellung begehrt, dass der Beklagte dem Kläger rückständigen Kindesunterhalt i.H.v. 21.426,24 EUR schuldet.
Die weitergehende Beschwerde wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§§ 97 Abs. 1, 127 Abs. 4 ZPO).
Ist die Beschwerde vor dem 1.1.2007 eingegangen, ist Nr. 1811 KV zum GKG anzuwenden.
Gründe
Die gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung erfolgreich erscheint, § 114 ZPO.
Der Kläger kann im Wege der Feststellungsklage gegen den Beklagten rückständigen Kindesunterhalt für die Zeit bis zur Vollendung seines 18. Lebensjahres geltend machen. Der Klage fehlt insbesondere nicht das besondere Feststellungsinteresse gem. § 256 Abs. 1 ZPO. Dem Kläger drohen, die durch die jeweiligen Urkunden des Jugendamtes bzw. den Unterhaltsfestsetzungsbeschluss des AG Osnabrück titulierten laufenden Unterhaltsansprüche zu verjähren. Durch vollstreckbare Urkunden festgestellte Unterhaltsansprüche verjähren grundsätzlich gem. § 197 Abs. 1 Nr. 4 BGB in 30 Jahren. Dabei ist allerdings zu unterscheiden, ob es sich um rückständigen oder laufenden Unterhalt handelt. Während ein in der Urkunde oder im Titel festgestellter Rückstand in 30 Jahren verjährt, verjährt der laufende Unterhalt gem. § 197 Abs. 2 BGB innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist, also nach 3 Jahren gem. § 195 BGB (vgl. Palandt/Heinrichs, 68. Aufl. 2009, § 197 Rz. 5 m.w.N.; Bergjan/Wermes, Die Verjährung titulierter Unterhaltsrückstände bereits nach drei Jahren? FamRZ 2004, 1087, 1088.). Der letzte Titel des Antragstellers datiert vom 14.3.1996. Er beinhaltet wie die vorherigen Urkunden im Wesentlichen eine Verpflichtung zur Zahlung des laufenden Unterhalts. Nachdem der Kläger am 30.11.2005 sein 18. Lebensjahr vollendet hat, endet die nach § 207 Abs. 1 Nr. 2 BGB bestehende Hemmung der Verjährung. Die Verjährung beginnt daher gem. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB mit Ablauf des Jahres 2005 und endet mit Ablauf des Jahres 2008. Allerdings ist durch die Einreichung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe am 19.12.2008 erneut eine Hemmung eingetreten, § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB.
Eine anderweitige Hemmung oder einen Neubeginn der Verjährung kann der Kläger nicht herbeiführen. Da der Aufenthalt des Antragsgegners nicht bekannt ist, scheidet insbesondere die Einleitung von Vollstreckungshandlungen gem. § 212 Abs. 1 Nr. 2 BGB aus.
Allerdings besteht kein Feststellungsinteresse in der vollen, vom Antragsteller geltend gemachten Höhe. Der Unterhaltsanspruch reduziert sich um die bereits in den Unterhaltstiteln festgestellten Summen rückständigen Unterhalts. So beinhaltet die Urkunde vom 10.3.1988 rückständigen Unterhalt für die Zeit vom 30.11.1987 bis 10.3.1988 und damit für 4 Monate i.H.v. insgesamt 415,17 EUR (203 DM × 4 Monate). Die weitere Urkunde vom 9.3.1989 beinhaltet rückständigen Unterhalt für die Zeit vom 1.01. bis 9.3.1989 und damit i.H.v. 385 EUR (251 DM × 3 Monate). Schließlich ist in dem Unterhaltsfestsetzungsbeschluss vom 14.3.1996 rückständiger Unterhalt für die Monate Februar und März 1996 tituliert und damit ein Betrag i.H.v. 331,32 EUR (324 DM × 2 Monate). Insgesamt reduziert sich daher der Feststellungsbetrag um 1.131,49 EUR auf 21.426,24 EUR.
Fundstellen
FamRZ 2009, 997 |
NJW-RR 2010, 79 |
OLGR-Nord 2009, 578 |