Leitsatz (amtlich)
Zum Erlöschen des Vergütungsanspruchs eines gerichtlich bestellten Sachverständigen infolge Versäumung der gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG einzuhaltenden Frist.
Es bedarf ggü. dem gerichtlichen Sachverständigen keines Hinweises auf den drohenden Fristablauf durch das Gericht.
Verfahrensgang
LG Osnabrück (Beschluss vom 15.03.2010; Aktenzeichen 2 T 153/10) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der Landeskasse vom 30.03./1.4.2010 wird der Beschluss der 2. Zivilkammer des LG Osnabrück vom 15.3.2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur Festsetzung der Vergütung zugunsten der Sachverständigen H. nach Maßgabe dieses Beschlusses an das AG Osnabrück zurückverwiesen.
Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die weitere Beschwerde ist gem. § 4 Abs. 5 Satz 1 JVEG zulässig, da das LG sie in dem angefochtenen Beschluss ausdrücklich zugelassen hat.
An diese Zulassung war das OLG als zur Entscheidung über die weitere Beschwerde berufenes Gericht gebunden (§ 4 Abs. 5 Satz 3 und 4 i.V.m. § 4 Abs. 4 Satz 4 JVEG).
Sachlich ist das Rechtsmittel gerechtfertigt.
Die weitere Beschwerde kann gem. § 4 Abs. 5 Satz 2 JVEG nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht. Der Bezirksrevisor als Vertreter der Landeskasse hat geltend gemacht, die Entscheidung des LG verstoße gegen die Bestimmung des § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG.
Der Vergütungsanspruch der Sachverständigen ist jedenfalls teilweise erloschen. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG erlischt der Anspruch auf Vergütung des Sachverständigen, wenn er nicht binnen 3 Monaten bei der Stelle, die ihn beauftragt oder herangezogen hat, geltend gemacht wird. Nach Ablauf der Frist des § 2 Abs. 1 JVEG ist der Anspruch des Sachverständigen auf Vergütung seiner Leistung unwiederbringlich erloschen.
Nach den getroffenen zutreffenden Feststellungen des LG hat die Sach- verständige H. nach Erstellung des (Haupt-) Gutachtens vom 20.4.2009 - beim AG Osnabrück eingegangen am 24.5.2009 - ihre Kostenrechnung vom 10.11.2009 (später der Höhe nach korrigiert) eingereicht. Die Rechnung ist am 19.11.2009 beim AG eingegangen.
Mit Eingang des schriftlichen Gutachtens begann die in § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG bestimmte Frist zur Geltendmachung der Vergütung (vgl. OLG Bamberg, Beschl. v. 16.9.2009 - 1 Ws 472/09, in juris Rz. 13; OLG Koblenz, Beschl. v. 21.11.2007 - 14 W 798/07, MDR 2008, 173 in juris Rz. 4). Die Frist war indes bei Eingang der Kostenrechnung bereits abgelaufen.
Soweit das LG ausführte, die Ausschlussfrist beginne bei einer gestaffelten Inanspruchnahme eines Sachverständigen einheitlich mit der Erstattung des letzten Gutachtens, kann sich der Senat dieser Rechtsauffassung nicht anschließen. Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG ist die Sicherstellung einer zeitnahen Abrechnung, weil dies eine größere Gewähr für deren Richtigkeit bietet und die Möglichkeit zur schnellen Durchsetzung einer etwaigen nachzahlungspflicht des Kostenschuldners erheblich verbessert. Das Anliegen einer zeitnahen Abrechnung war dem Gesetzgeber so wichtig, dass er mit der Neuregelung in § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG die Frist zur Geltendmachung der Vergütungs- bzw. Entschädigungsansprüche für alle Anspruchsberechtigten auf drei Monate vereinheitlicht hat, und zwar auch unter Beachtung der Schwierigkeiten, die sich für Sachverständige insbesondere dadurch ergeben können, dass die Frist zur Geltendmachung der Vergütung unabhängig davon beginnt, ob eine spätere Erläuterung oder Ergänzung des Gutachtens erfolgt (vgl. OLG Bamberg, a.a.O., in juris Rz. 14). Im Falle einer mündlichen Erläuterung des Gutachtens oder Erstattung eines schriftlichen Ergänzungsgutachtens beginnt die Frist des § 2 Abs. 1 JVEG für die Geltendmachung der Vergütung mit dem Eingang des schriftlichen Ergänzungsgutachtens bzw. mit der Beendigung der Hinzuziehung nach Erläuterung (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 39. Aufl. (2009) § 2 JVEG Rz. 8). Etwaigen Abrechnungsschwierigkeiten soll durch die Möglichkeit der Fristverlängerung und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begegnet werden (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 JVEG). Nach dem klaren Wortlaut der Bestimmung beginnt deshalb für jeden Auftragsteil die Frist mit dessen Erledigung (vgl. OLG Koblenz, a.a.O., in juris Rz. 4; Hartmann, Kostengesetze, a.a.O., § 2 JVEG Rz. 8). Die eindeutige Gesetzeslage ermöglicht dem Senat keine dem Sachverständigen günstige Entscheidung.
Entgegen der Auffassung des LG war auch ein Hinweis des Gerichts auf die Frist des § 2 Abs. 1 JVEG an die Sachverständige nicht erforderlich. Die Landeskasse hat zu Recht darauf hingewiesen, dass ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger, der für Gerichte gutachterlich tätig wird, sich mit den einschlägigen Vergütungsbestimmungen nach dem JVEG vertraut zu machen hat.
Gleichwohl kann die von der Sachverständigen beanspruchte Vergütung nicht vollständig abgelehnt werden, weil jedenfalls in Bezug auf das am 28.10.2009 eingegangene Ergänzungsgutachten - vera...