Leitsatz (amtlich)
1. Aus der Subsidiarität der Betreuung folgt, dass vor einer etwaigen Erweiterung des Aufgabenkreises des Betreuers andere Möglichkeiten der Hilfe, insbes. solche der kommunalen Sozialarbeit ausgeschöpft sein müssen.
2. Kann der Betreuer mit dem Aufgabenkreis „Wahrnehmung der Interessen bei der Entmüllung der Wohnung” eine erneute Vermüllung nicht dauerhaft verhindern, ist eine Erweiterung der Betreuung um die Aufgaben Gesundheitsfürsorge und Wohnungsangelegenheiten kein taugliches Mittel; insoweit kommen vorrangig vielmehr tatsächliche Hilfen nach dem BSHG, ggfs. auch eine öffentlich-rechtliche Unterbringung in Betracht, um das Problem zu bewältigen.
Verfahrensgang
LG Aurich (Beschluss vom 10.04.2003; Aktenzeichen 4 T 147/03) |
AG Leer (Aktenzeichen 2a XVII G 14) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Aurich vom 10.4.2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde – an das LG zurückverwiesen.
Gründe
I. Für die Betroffene wurde erstmals durch Beschluss des AG – VormG – Leer vom 18.6.1992 eine Betreuung eingerichtet mit dem Aufgabenkreis: „Entmüllung und Entrümpelung der Wohnung, Verhinderung einer erneuten Vermüllung der Wohnung” (Bd. I Bl. 7 d.A.).
Nachdem das LG Aurich durch Beschluss vom 14.8.1992 (Bd. I Bl. 21 d.A.) auf die Beschwerde der Betroffenen den Beschluss des AG aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das AG Leer zurückverwiesen hatte, wurde durch Beschluss vom 18.7.1997 (Bd. I Bl. 88 d.A.) eine Betreuung eingerichtet mit dem Aufgabenkreis „Wahrnehmung der Interessen bei der Entmüllung der Wohnung”. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Betroffenen wies das LG Aurich mit Beschluss vom 4.11.1997 (Bd. I Bl. 148 d.A.) zurück. Mit Schreiben vom 23.12.1999 (Bd. I Bl. 207 d.A.) beantragte der Betreuer S. die Erweiterung des Aufgabenkreises um die Aufgaben Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmungsrecht und Vermögenssorge. Diesen Antrag nahm der Betreuer ausweislich des Vermerks des Richters am AG … vom 20.3.2001 (Bd. II Bl. 27 d.A.) zurück, da die Betreute zur Zeit „zurecht” komme. Die Vermüllung der Wohnung sei durch eine Erweiterung des Aufgabenkreises nicht zu verhindern.
Aufgrund des fachärztlichen Gutachtens des sozialpsychiatrischen Dienstes des Landkreises … vom 23.12.2002 (Bd. II Bl. 33 d.A.) beantragte der Betreuer am 27.12.2002 erneut die Erweiterung des Aufgabenkreises. Mit Beschluss vom 25.3.2003 (Bd. II Bl. 53 d.A.) erweiterte das AG Leer daraufhin die Betreuung um die Aufgabenkreise Vorsorge für die Gesundheit und Wohnungsangelegenheiten, während es die Erweiterung um die Aufgabenkreise Vermögenssorge und Aufenthaltsbestimmung ablehnte. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Betroffenen vom 31.3.2003 wies das LG Aurich mit Beschluss vom 10.4.2003 (Bd. II Bl. 63 d.A.) zurück. Mit Schriftsatz vom 8.5.2003 legte die Betroffene gegen den ablehnenden Beschluss des LG weitere Beschwerde ein (Bd. II Bl. 69 d.A.).
II. Die gem. §§ 27, 29 FGG zulässige weitere Beschwerde der Betroffenen ist zulässig und hat auch in der Sache zumindest vorläufigen Erfolg. Die Ausführungen des LG rechtfertigen die Erweiterung des Aufgabenkreises des Betreuers nach den bisherigen Feststellungen nicht. Die Sache ist deshalb an das LG zurückzuverweisen.
Nach § 1908d Abs. 3 BGB ist der Aufgabenkreis des Betreuers (nur) zu erweitern, wenn dies erforderlich wird. Im Falle einer Erweiterung des Aufgabenkreises gelten die Vorschriften über die Erstbestellung des Betreuers (§§ 1896 BGB, 69i FGG) entsprechend. Diesen rechtlichen Anforderungen trägt die Entscheidung des LG nicht ausreichend Rechnung.
a) Die Feststellungen des LG tragen die Notwendigkeit einer Erweiterung des Aufgabenkreises des Betreuers nicht. Zwar ist die Auffassung der Betroffenen, sie könne ihre Probleme selbst lösen, wenn sie eine andere Wohnung bekäme, angesichts des langjährigen Verfahrensablaufs und der bereits aus dem Bericht der Stadt … vom 23.3.1999 nebst Anlage „Sachverhaltsdarstellung … G.” (Bd. I Bl. 181 d.A.) ersichtlichen häufigen Wohnungswechsel ohne entsprechende Verhaltensänderung offensichtlich unzutreffend. Dennoch wird aus den Feststellungen des LG bereits nicht deutlich, weshalb – entspr. der Stellungsnahme des Betreuers S. vom 22.5.2003 (Bd. II Bl. 78 d.A.) – „die Vermüllungen.. in den letzten Jahren immer wieder so weit gediehen, dass eine gesundheitliche Gefährdung für die Betreute und die Umgebung festzustellen war.” Immerhin besteht seit Juli 1997 durchgehend eine Betreuung für den Aufgabenkreis Entrümpelung der Wohnung. Insofern hätte es zumindest der Feststellung bedurft, warum nicht frühere und in kürzeren Abständen wiederholte Entrümpelungen zu dem gewünschten Erfolg oder zumindest einer erheblichen Verbesserung der Situation hätten führen können.
Zwar hat der Sachverständige Dr. L. in seinem Gutachten vom 9.3.2000 (Bd. I Bl. 216 d.A.) ausgeführt, dass sich mit d...