Verfahrensgang
AG Oldenburg (Oldenburg) (Aktenzeichen 64 F 59/12 EASO) |
AG Westerstede (Aktenzeichen 85 F 5036/12 EASO) |
Tenor
Die Bestimmung des zuständigen Gerichts wird abgelehnt.
Die Sache wird dem insoweit zuständigen LG Oldenburg zur Entscheidung vorgelegt.
Gründe
Das OLG ist im vorliegenden Fall gem. § 5 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 FamFG nicht zur Bestimmung des zuständigen AG berufen. Zuständig hierfür ist das LG Oldenburg als das für die AG Oldenburg und Westerstede "nächsthöhere gemeinsame Gericht". Abzustellen ist auf den allgemeinen Gerichtsaufbau entsprechend dem GVG und nicht auf die Rechtsmittelzuständigkeit (Pabst in MünchKomm/ZPO, § 5 FamFG Rz. 15; a.A.: Musielak-Borth, FamFG, 3. Aufl., § 5 Rz. 6; Gomille, in: Haußleiter, FamFG, § 5 Rz. 14; Bumiller/Harders, FamFG, 10. Aufl., § 5 Rz. 12; Heinrich, in: Musielak, ZPO, 9. Aufl.,
§ 36 Rz. 8). Denn § 5 FamFG verweist gerade nicht auf § 119 Abs. 1 GVG, sondern bestimmt generell das nächsthöhere gemeinsame Gericht. Hierfür spricht schon der Wortlaut des § 5 Abs. 1 FamFG, der - anders als die Regelung in § 36 Abs. 1 ZPO - gerade nicht vorsieht, dass das zuständige Gericht durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt wird.
Soweit der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 5 FamFG beabsichtigt hat, im Interesse der Übersichtlichkeit und der Rechtssicherheit alle nicht gebotenen Abweichungen gegenüber anderen Verfahrensordnungen zu vermeiden und eine Angleichung an die Bestimmung der Zuständigkeit gemäß den Vorschriften der ZPO zu erreichen (RegEntw, BT-Drucks. 16/6308, Seite 164 und 176), bezieht sich dies vorwiegend auf den Katalog der Fallgestaltungen, in denen nach § 36 Abs. 1 ZPO eine gerichtliche Bestimmung der Zuständigkeit zu erfolgen hat. Denn der bis zum In-Kraft-Treten des FamFG insoweit maßgebliche § 5 Abs. 1 FGG war im Vergleich dazu deutlich unklarer formuliert und sah zum Teil auch inhaltliche Abweichungen von den Regelungen des § 36 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 ZPO vor. Hätte der Gesetzgeber eine Angleichung an § 36 ZPO auch bei der Frage des für die Zuständigkeitsbestimmung zuständigen Gerichts erstrebt, hätte es nahe gelegen, die entsprechende Formulierung aus § 36 Abs. 1 S. 1 ZPO zu übernehmen. Dass dies versehentlich nicht geschehen ist, lässt sich mit den Gesetzesmaterialien nicht begründen.
Der hier vertretenen Auffassung steht auch der mit § 5 FamFG verfolgte Zweck nicht entgegen. Soweit demgegenüber das LG Oldenburg in seiner Stellungnahme vom 23.5.2012 eine Zuständigkeit des jeweiligen Rechtsmittelgerichts damit begründet hat, dass dieses über die entsprechende Sachkompetenz in Familiensachen verfüge, überzeugt dieses Argument nicht. Die "Sachnähe" eines Gerichts spielt im Rahmen des nach § 5 FamFG für die Zuständigkeitsbestimmung zuständigen Gerichts keine ausschlaggebende Rolle. Denn ein Abstellen auf die Rechtsmittelzuständigkeit ist nicht mehr möglich, sobald AG aus verschiedenen LG- oder OLG-Bezirken betroffen sind. Auch in diesen Fällen soll aber prinzipiell das gemeinsame nächsthöhere Gericht die Bestimmung vornehmen. Dies ist allein bei einem Rückgriff auf den allgemeinen Gerichtsaufbau möglich (so zutreffend Pabst, a.a.O.). Das lässt sich an folgendem Beispiel verdeutlichen: In Betreuungs- und Freiheitsentziehungsangelegenheiten liegt die aus dem Rechtsmittelzug resultierende Sachkompetenz beim LG. Denn dies ist - anders als in Familiensachen - das insoweit zuständige Beschwerdegericht (§§ 72 Abs. 1, 119 Abs. 1 Nr. 1b) GVG). Streiten sich aber nicht Betreuungsgerichte innerhalb ein- und desselben LG-Bezirks um die Zuständigkeit, sondern - was häufig der Fall ist - Gerichte aus verschiedenen LG- oder OLG-Bezirken, wäre hierfür nach § 5 Abs. 1 S. 1 bzw. Abs. 2 FamFG nicht das in Betreuungsangelegenheiten "sachnähere" LG, sondern das insoweit gerade nicht "sachnähere" OLG zuständig, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.
Fundstellen
Haufe-Index 3403153 |
FamRZ 2013, 482 |
FGPrax 2012, 284 |
MDR 2012, 1419 |