Verfahrensgang
LG Oldenburg (Aktenzeichen 3 O 1275/18) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg vom 11. Januar 2019 teilweise geändert und unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung der Klägerin und der Berufung der Beklagten im Übrigen insgesamt neu gefasst wie folgt:
1) Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs Pkw1 mit der Fahrgestellnummer ... zu zahlen:
a) 3005,98 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2.5.2018,
b) 1.818,45 EUR.
2) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weiteren Schäden, die aus dem Erwerb des in Ziffer 1) genannten Fahrzeugs resultieren werden, zu ersetzen.
3) Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Ziffer 1) genannten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.
Die Kosten der Berufung tragen die Klägerin zu 65 % und die Beklagte zu 35 %.
Das angefochtene Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des jeweils anderen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages geleistet hat.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Rückgängigmachung eines PKW-Kaufvertrages. Die Klägerin erwarb mit Vertrag vom 01.08.2014 zu einem Preis von 15.888 EUR einen PKW Pkw1 mit einer Laufleistung von 23.085 km von der CC GmbH.
Die Beklagte ist die Herstellerin des Fahrzeugs. In dem Pkw ist ein Dieselmotor des Typs EA189 verbaut, dessen Motorsteuerungssoftware zu einer Optimierung der Stickstoff-Emissionswerte im behördlichen Prüfverfahren führte. Die Software bewirkte, dass eine Prüfungssituation, in der der Abgasausstoß gemessen wird, erkannt und die Abgasaufbereitung für deren Dauer optimiert wurde (Fahrmodus 1). Im normalen Betrieb außerhalb des Prüfstands (Fahrmodus 0) war die genannte Abgasaufbereitung abgeschaltet. Das Kraftfahrt-Bundesamt beanstandete die Programmierung als unzulässige Abschalteinrichtung und verpflichtete den Herstellerkonzern, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Vorschriftsmäßigkeit der betroffenen Fahrzeuge herzustellen. Das daraufhin entwickelte Softwareupdate ließ die Klägerin im Jahre 2017 aufspielen.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung. Sie hat sich im ersten Rechtszug einen Abzug wegen der Nutzung des Fahrzeugs als Vorteilsausgleichung gefallen lassen. Im ersten Rechtszug hat sie in diesem Zusammenhang behauptet, die Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs betrage 300.000 km. Das Landgericht hat die Beklagte mit dem wegen der Begründung, der weiteren tatsächlichen Feststellungen und der erstinstanzlichen Anträge in Bezug genommenen Urteil zur Zahlung verurteilt.
Dagegen wenden sich beide Parteien mit der Berufung.
Die Klägerin wendet sich nunmehr gegen eine Anrechnung der Nutzung des Fahrzeugs im Wege des Vorteilsausgleichs; hilfsweise möchte sie den Nutzungsersatz auf der Grundlage einer Gesamtfahrleistung von 500.000 km berechnet wissen; klageerweiterend verlangt sie mit der Berufung nunmehr auch Verzinsung des Schadensersatzes für die Zeit der Hergabe des Geldes bis zur Rechtshängigkeit der Klage.
Sie beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 15.888,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4 % seit dem 04.08.2014 bis zum Eintritt der Rechtshängigkeit sowie in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
[Hilfsweise: abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Euro pro gefahrenen Kilometer seit dem 4.8.2014 die sich nach folgender Formel berechnet:
(15.888 EUR × gefahrene Kilometer) : 500.000 km]
Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs Pkw1 Fahrgestellnummer: ...,
2. die Beklagte weiter zu verurteilen, die Klagepartei von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 958,19 EUR freizuhalten,
3. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
1. das am 11. Januar 2019 verkündete Urteil des Landgerichts Oldenburg, Az. 3 O 1275/18, teilweise abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen,
2. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie bestreitet, dass organschaftliche Vertreter Kenntnis von der Abschaltautomatik hatten und ist der Meinung, die entsprechende Darlegungslast treffe die Klägerin. Sie ist der Ansicht, die Klägerin habe keinen Schaden erlitten, weil das Fahrzeug, nachdem das Softwareupdate aufgespielt worden ist, allen notwendigen Normen genüge und technisch einwandfrei funktioniere. Unter Vorlage eines Privatgutachtens behauptet sie, dass die entsprechend umgerüsteten Fahrzeuge am Markt auch keinen Wertverlust erlitten hätten. ...