Verfahrensgang

LG Oldenburg (Aktenzeichen 4 O 4073/18)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 29. Mai 2019 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.574,38 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 4 % seit dem 09. Februar 2016 bis zum 29. Januar 2019 auf 13.611,70 EUR und in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30. Januar 2019 auf 11.574,38 EUR Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeuges mit der Fahrgestellnummer1 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des zu Ziffer 1. benannten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 12 % und die Beklagte 88 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Kraftfahrzeugs auf Schadensersatz in Anspruch.

Am 08. Februar 2016 erwarb der Kläger von der DD GmbH in Ort3 das im Tenor näher bezeichnete Fahrzeug1 zum Preis von 14.900,00 EUR. Das Fahrzeug wies eine Laufleistung von 48.044 km auf. Die Laufleistung zum Schluss der mündlichen Verhandlung betrug 104.315 km.

Der PKW, der im Jahr 2012 zugelassen wurde, und der darin verbaute Dieselmotor mit der Typenbezeichnung1 wurden von der Beklagten hergestellt. Die Motorsteuerungssoftware des Motors führte zu einer Optimierung der Stickstoff-Emissionswerte im behördlichen Prüfverfahren. Die Software bewirkte, dass eine Prüfungssituation, in der der Abgasausstoß gemessen wird, erkannt und die Abgasaufbereitung für deren Dauer optimiert wurde (Fahrmodus 1). Im normalen Betrieb außerhalb des Prüfstands (Fahrmodus 0) war die genannte Abgasaufbereitung abgeschaltet. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) beanstandete im Herbst 2015 die Programmierung als unzulässige Abschalteinrichtung und verpflichtete die Beklagte sowie konzernangehörige Unternehmen, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Vorschriftsmäßigkeit der betroffenen Fahrzeuge herzustellen. Das daraufhin von der Beklagten entwickelte Software-Update ließ der Kläger am 16. Februar 2017 vornehmen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 07. Dezember 2018 forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 12. Dezember 2018 erfolglos auf, den Kaufpreis in Höhe von 14.900,00 EUR Zug um Zug gegen "Hergabe und Übereignung" des Fahrzeugs zuzüglich Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung zu leisten (...).

Der Kläger hat behauptet, das streitgegenständliche Fahrzeug sei zum Zeitpunkt des Kaufs weder gemäß § 5 FZV zulassungsfähig gewesen noch habe es über eine wirksame EU-Typgenehmigung verfügt. Die Entwicklungsabteilung der Beklagten habe nicht ohne Kenntnis des Vorstandes entschieden, die Motorsteuerungssoftware serienmäßig in die Motorenserien aller konzernangehöriger Fabrikate einbauen zu lassen, zu denen auch der Motor des streitgegenständlichen Fahrzeugs gehöre. Ihm - dem Kläger - sei zwar bekannt gewesen, dass es einen Abgasskandal gebe; unbekannt seien ihm aber die konkreten Auswirkungen für sein Fahrzeug gewesen. Diese habe ihm niemand mitgeteilt. Die Beteuerung der Beklagten, dass durch das Update keine negativen Folgen zu verzeichnen seien, habe sich als Lüge herausgestellt. Vielmehr führe das Update zu einer substantiellen Verrußungsproblematik.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte ihm auch unter deliktischen Gesichtspunkten zum Schadensersatz in Höhe des gezahlten Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung verpflichtet sei, wobei deren Wert auf der Grundlage einer Gesamtfahrleistung von zumindest 300.000 km zu berücksichtigen sei.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 14.900,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozent seit dem 09.02.2016 bis zur Rechtshängigkeit und seither fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz abzüglich einer im Termin zu beziffernden Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeuges mit der Fahrgestellnummer1 zu zahlen;

2. festzustellen, dass sich die Beklagte seit dem 13.12.2018 mit der Rücknahme des o.g. PKW in Annahmeverzug befindet;

3. die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.570,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.12.2018 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, dass es sich bei der beanstandeten Software nicht um eine unzulässige Abschalteinrichtung gehandelt habe, da die Abgasrück-führung nicht Bestandteil des Emissionskont...

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