Verfahrensgang
LG Oldenburg (Aktenzeichen 13 O 2279/18) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 12.04.2019 verkündete Urteil des Einzelrichters der 13. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg geändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 22.068,70 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.10.2018 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs (...) mit der Fahrzeug-Ident-Nummer (...) zu zahlen;
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des unter Ziff. 1) genannten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt vorbehalten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte in Zusammenhang mit dem Erwerb eines von der Abgasthematik betroffenen Pkws auf Schadenersatz in Anspruch.
Der Kläger erwarb am 13.04.2016 einen gebrauchten (...) mit einem von der Beklagten entwickelten und hergestellten Dieselmotor des Typs1 zu einem Kaufpreis in Höhe von 28.500,- EUR mit einem Kilometerstand von 33.200 km.
In dem PKW ist ein von der Beklagten hergestellter Dieselmotor des Typs1 verbaut, dessen ursprüngliche Motorsteuerungssoftware zu einer Optimierung der Stickstoff-Emissionswerte im behördlichen Prüfverfahren führte. Das Kraftfahrtbundesamt (KBA) beanstandete diese Software mit Bescheid vom 15.10.2015 als unzulässige Abschalteinrichtung und verpflichtete die Beklagte, geeignete Maßnahmen zur Herstellung der Vorschriftsmäßigkeit der hiervon betroffenen Fahrzeuge zu ergreifen. Das von der Beklagten zu diesem Zweck entwickelte Softwareupdate wurde für Fahrzeuge des hier streitgegenständlichen Fahrzeugtyps am 01.06.2016 von dem KBA freigegeben und am 15.02.2017 auf dem Fahrzeug aufgespielt.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe ihn sittenwidrig geschädigt; das Fahrzeug sei mit der ursprünglichen Software nicht zulassungsfähig gewesen. Er hat behauptet, bei Abschluss des Kaufvertrages habe er zwar von dem sogenannten Abgasskandal gewusst, nicht aber von der Betroffenheit des streitgegenständlichen Fahrzeugs und auch nicht von den Auswirkungen der Manipulationssoftware. Hätte er von der Software gewusst, hätte er das Fahrzeug nicht erworben. Eine folgenlose Beseitigung der Software sei durch das Update, mit dem diverse Nachteile einhergingen, nicht möglich. Es verbleibe zudem ein merkantiler Minderwert. Der Wert der schadensmindernd anzurechnenden Nutzungsentschädigung sei auf der Grundlage einer Gesamtfahrleistung von 350.000 km zu berechnen.
Die Beklagte hat den Eintritt eines Schadens bestritten. Bei der vom KBA beanstandeten Motorsteuerungssoftware habe es sich nicht um eine unzulässige Abschalteinrichtung gehandelt. Sie habe sich gleichwohl aus unternehmenspolitischer Verantwortung zu einer technischen Überarbeitung der Fahrzeuge bereiterklärt. Das KBA habe bestätigt, dass das hierfür entwickelte Softwareupdate keine negativen Auswirkungen habe.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen der erstinstanzlichen Anträge und der weiteren tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Bei dem Kaufvertrag handele es sich nicht um eine ungewollte Verpflichtung, die nach § 826 BGB einen Schaden darstellen könne, da der Kläger das Risiko, dass sein Fahrzeug von dem auch ihm bekannten Abgasskandal betroffen gewesen sein könnte, zumindest in Kauf genommen haben müsse. Spätestens seit dem Zeitpunkt der Ad-hoc-Mitteilung der Beklagten vom 22.09.2015 sei über die Abschalteinrichtung in den Motoren des Typs1 in einer breiten Öffentlichkeit diskutiert und in Presse, Funk und Fernsehen zum sog. "Abgasskandal" berichtet worden. Wenn der Kläger keine Erkundigungen eingezogen habe, sei davon auszugehen, dass ihm die Thematik bei Fahrzeugkauf gleichgültig gewesen sei.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags sein erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiterverfolgt. Bei Kauf sei der Kläger davon ausgegangen, dass das Fahrzeug uneingeschränkt im Straßenverkehr genutzt werden könne, dies zu Unrecht, da zumindest die latente Gefahr einer Betriebsuntersagung bestanden habe. Die Beklagte habe auch nicht davon ausgehen dürfen, dass alle potentiellen Kunden von der Ad-Hoc- Mitteilung und ihren sonstigen Mitteilungen erreicht werden. Sie habe auch nicht alles getan, um den Weiterverkauf der Fahrzeuge zu verhindern.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Oldenburg vom 12.04.2019 zum Aktenzeichen 13 O 2279/18
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