Leitsatz (amtlich)
Die Klausel in einem formularmäßigen Architektenvertrag "Wird der Architekt für einen Schaden in Anspruch genommen, für den auch ein Dritter einzutreten hat, so haftet er nur in dem Umfang, in dem er im Verhältnis zu dem Dritten haftbar ist." ist unwirksam, weil durch sie das Leitbild einer gesamtschuldnerischen Haftung zwischen Architekten und Unternehmer beseitigt und Ergebnisse eines Regressprozesses zu Lasten des Geschädigten vorweg genommen.
Verfahrensgang
LG Oldenburg (Urteil vom 11.11.2005; Aktenzeichen 2 O 54/04) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten zu 1) und 2) und der Streithelfer zu 1) und 2) wird das Urteil des LG Oldenburg vom 11.11.2005 unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung geändert.
Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt.
Im Übrigen wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des zweiten Rechtszuges, an das LG zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für den zweiten Rechtszug beträgt 480.087,01 EUR.
Gründe
Die Klägerin ist Haus- und Grundbesitzer-Haftpflichtversicherer der A. G. GmbH & Co. (Versicherungsnehmerin) für einen Gebäudekomplex in C. Die Versicherungsnehmerin hatte das Objekt von der Firma D. I. GmbH & Co. KG (Bauherrin) erworben. Vertragliche Ansprüche der Bauherrin gegen die Beklagten sind an die Versicherungsnehmerin der Klägerin abgetreten worden.
Der Beklagte zu 1. war der bauleitende Architekt, die Beklagte zu 2. mit Stahlbauarbeiten bei Errichtung des Gebäudekomplexes in den Jahren 1991/1992 betraut. Als Rohbauunternehmerin war die Nebenintervenientin zu 1. tätig und für die Beklagte zu 2. als Subunternehmerin die Nebenintervenientin zu 2.
Nach starken Regenfällen brach am 27.6.2001 das Flachdach ein. Das Wasser durchflutete den darunter liegenden Fachmarkt für Textilien der Firma H., die diese Fläche von der Versicherungsnehmerin gemietet hatte. Firma H. nahm die Versicherungsnehmerin als Vermieterin auf Schadensersatz in Anspruch und die Klägerin als deren Versicherer regulierte den Schaden i.H.v. ca. 480.000 EUR. Um diesen Betrag geht es im vorliegenden Verfahren.
Durch das angefochtene Urteil hat das LG die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 480.087,01 EUR nebst Zinsen zu zahlen.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das Urteil vom 11.11.2005 verwiesen.
Hiergegen wenden sich beide Beklagte, sowie beide Nebenintervenientinnen mit ihren Berufungen.
Bis auf die Nebenintervenientin zu 2. erheben die übrigen Berufungsführer die Einrede der Verjährung.
Der Beklagte zu 1. macht darüber hinaus im Wesentlichen geltend: Einer Beaufsichtigung der Verbindung der Stahlbetonsäulen mit der Dachkonstruktion habe es nicht bedurft. Außerdem sei die Kausalität eines eventuellen Fehlverhaltens seinerseits nicht festgestellt, da das Dach ohnehin wegen verstopfter Abflüsse eingebrochen wäre. Außerdem erhebt der Beklagte zu 1. - wie bereits im ersten Rechtszug - Einwendungen zur Schadenshöhe.
Die Beklagte zu 2. macht geltend, die Nebenintervenientin zu 2. habe ihr Werk fertiggestellt gehabt, so dass sie für die spätere Nichtverbindung der Stahlbetonsäulen mit der Dachkonstruktion nicht verantwortlich sei. Darüber hinaus macht sie geltend, die Beweiswürdigung des LG dazu, dass keine Anzeige des Umstandes, dass nach dem Neuaufbau der Säulen eine Verbindungsmöglichkeit zur Dachkonstruktion nicht habe hergestellt werden können, erfolgt sei, sei fehlerhaft.
Die Nebenintervenientin zu 1. wendet sich mit ihrer Berufung in erster Linie gegen ihre eigene Verantwortlichkeit, da die Nebenintervenientin zu 2. für eine ordnungsgemäße Befestigung hätte sorgen müssen.
Die Nebenintervenientin zu 2. macht ebenfalls geltend, dass ursprünglich die Konstruktion vollständig erstellt worden sei, wobei sie eine Prüfpflicht hinsichtlich der Vorarbeiten nicht getroffen habe. Außerdem sei die Bauleitung später über den Umstand, dass nunmehr eine Verbindungsmöglichkeit nicht habe geschaffen werden können, informiert worden.
Der Beklagte zu 1. beantragt, das angefochtene Urteil zu ändern und die gegen ihn gerichtete Klage abzuweisen, hilfsweise, das angefochtene Urteil nebst dem ihm zugrunde liegenden Verfahren aufzuheben und den Rechtsstreit an das LG zurückzuverweisen.
Die Beklagte zu 2. beantragt,
das Urteil des LG Oldenburg vom 11.11.2005 aufzuheben soweit die Beklagte zu 2. verurteilt wurde und die Klage abzuweisen.
Die Nebenintervenientin zu 1. beantragt, das Urteil des LG Oldenburg vom 11.11.2005 aufzuheben und die Klage gegen den Beklagten zu 1. abzuweisen.
Die Nebenintervenientin zu 2. beantragt, unter Aufhebung des Urteils des LG Oldenburg vom 11.11.2005 die Klage ggü. der Beklagten zu 2. abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufungen der Beklagten und ihrer Streithelfer zurückzuweisen.
Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 18.7.2006 durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisau...