Leitsatz (amtlich)
1. Ist die die dauerhafte und ortsfeste Herstellung eines Daches die wesentliche Vertragspflicht, tritt die Lieferung der zur Herstellung erforderlichen Bauteile hinter die Verpflichtung zur Erstellung des Daches zurück. Es liegt ein Werkvertrag vor, auf den § 377 HGB keine Anwendung findet.
2. Mit dem Begriff "Rückgriffanspruch" wird eine Streitverkündung nicht auf Gewährleistungsansprüche beschränkt, sondern sie umfasst alle Aufwendungen des Auftraggebers, die ihm infolge der Mangelhaftigkeit der Leistung entstehen.
3. Vergleicht sich angesichts der Mangelhaftigkeit der Werks des Nachunternehmers der Generalunternehmer, der auf Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung vom Bauherrn in Anspruch genommen wird, zur Abgeltung aller Gewährleistungsansprüche abschließend auf einen unter der Schadensschätzung des Sachverständigen liegenden Betrag, liegt insoweit ein dem Nachunternehmer zuzurechnender Schaden jedenfalls dann vor, wenn auch die Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs des Bauherrn vorlagen. Die Differenz zwischen der Schadensschätzung des Sachverständigen und des Vergleichsbetrags hat sich der Generalunternehmer im Verhältnis zum Nachunternehmer als Vorteilsausgleich anrechnen zu lassen.
4. Zu den aufgrund der Mangelhaftigkeit seines Werks vom Nachunternehmer zu tragenden Mangelfolgeschäden zählen die Prozesskosten des Generalunternehmers aus dem Gewährleistungsrechtsstreit mit dem Auftraggeber und die vom Generalunternehmer den anderen Beteiligten (Kläger und Streithelfer) zu erstattenden Kosten.
Normenkette
BGB §§ 631, 651, 249; HGB § 377; ZPO §§ 74, 68
Verfahrensgang
LG Ellwangen (Urteil vom 05.01.2012; Aktenzeichen 5 O 427/09) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Ellwangen vom 5.1.2012 - 5 O 427/09, abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 89.668,35 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 8.1.2010 zu zahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 89.667,42 EUR
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Erstattung der Kosten, die ihr aufgrund eines in einem vorausgegangenen Rechtsstreit vor dem LG Ellwangen (AZ: 5 O 258/01; OLG Stuttgart AZ: 5 U 47/04) festgestellten Mangels am Werk der Beklagten entstanden sind.
Die Klägerin hat an die Beklagte die Planung und Erstellung eines Holzdachs für einen Schweinestall beauftragt, den sie für den Zeugen C errichtet hat. Weil das Holzdach an mehreren Stellen auf den Innenwänden aufliegt, nahm der Bauherr die Klägerin auf Gewährleistung in Anspruch. Die daraus entstandenen Kosten macht die Klägerin im vorliegenden Verfahren geltend. Bezüglich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des LG Ellwangen vom 5.1.2012 - 5 O 427/09, verwiesen.
Mit diesem Urteil wurde die Klage abgewiesen, weil die Beklagte mangelfrei gearbeitet und Hinweispflichten nicht verletzt habe. Bei landwirtschaftlichen Gebäuden sei eine Überhöhung (der Außenlager des Dachs) in der Regel nicht gefordert. Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen nachzufragen, ob eine Überhöhung gefordert wäre, weil beide Parteien vom Fach seien und genau wüssten, wann eine kostenintensive Überhöhung notwendig sei. Die Beklagte habe gemäß der Statik und der DIN 1052 plangemäß gearbeitet. Die Beklagte habe Hinweispflichten nicht verletzt. Die Klägerin habe die Zwischenwände eingezogen gehabt. Die Beklagte habe nur die vorgefertigten Träger auf die vorgefundenen Außenwände auflegen müssen. Mit den Zwischenwänden habe sie sich nicht zu befassen gehabt. Nach den vorgelegten Plänen sei der Zwischenraum zwischen der Unterkante des Trägers und der Oberkante der Zwischenwände nicht vermaßt gewesen.
Die Streitverkündung aus den Vorprozessen führe zu keinem anderen Ergebnis. Dort sei festgestellt worden, dass das Gewerk der Klägerin mangelhaft gewesen sei. Dies betreffe das Zusammenspiel zwischen dem Gewerk des Zimmermanns und den baulichen Vorarbeiten. Das Gewerk des Zimmermanns allein sei aber nicht mangelhaft. Allein der Bauleiter der Klägerin habe wissen müssen, dass die Zwischenwände bei der zu erwartenden Durchbiegung zu hoch dimensioniert gewesen seien. Allein dieser und nicht die Beklagte habe für die Erhöhung der Außenlager sorgen müssen.
Dagegen wendet sich die Berufung der Klägerin. Das Gericht sei von nicht belegten Mutmaßungen ausgegangen, indem es unterstellt habe, dass beide Parteien vom Fach seien und genau wüssten, wann kostenintensive Überhöhungen notwendig seien. Das Gericht habe sich mit den vertraglichen Grundlagen nicht ausreichend beschäftigt, in denen es heiße, dass der Auftragnehme...