Verfahrensgang
LG Osnabrück (Aktenzeichen 7 T 302/02) |
AG Osnabrück (Aktenzeichen 32 XVII 3/01) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der Betroffenen werden die Beschlüsse des LG Osnabrück vom 15.5.2002 und des AG Osnabrück vom 11.3.2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das AG Osnabrück zurückverwiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; die Auslagen der Betroffenen werden – soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren – der Staatskasse auferlegt.
Gründe
Die gem. §§ 27, 29 FGG zulässige weitere Beschwerde der Betroffenen ist begründet. Zur Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum, den der Betreute gemietet hat, bedarf der Betreuer gem. § 1907 Abs. 1 BGB der Genehmigung des VormG. Maßgebend für die Genehmigung sind gem. dem auch hier geltenden § 1901 Abs. 2 BGB das Wohl und die Wünsche des Betreuten (vgl. Bienwald, Betreuungsrecht, 3. Aufl., § 1907 BGB Rz. 22). Insoweit ist wegen des Selbstbestimmungsrechtes und des Schutzes der Wohnung des Betreuten selbst irrationalen Wünschen wie objektiv unsinnigen Mietausgaben zu folgen, solange nicht höherrangige Rechtsgüter gefährdet sind (OLG Schleswig R&P 2001, 205). Allerdings ist der Betreuer nicht verpflichtet und berechtigt, Wünschen nachzukommen, deren Verwirklichung beispielsweise die gesamte Lebens- und Versorgungssituation des Betreuten merklich verschlechtert, weil die Gefahr droht, künftig ohne die Hilfe Dritter einen angemessenen Unterhalt nicht mehr bestreiten zu können (OLG Schleswig R&P 2001, 205). Eine Genehmigung kommt schließlich erst dann in Betracht, wenn endgültig feststeht, dass eine Rückkehr in die eigene Wohnung auf Dauer ausgeschlossen ist (Marschner/Volckart-Marschner, Freiheitsentziehung und Unterbringung, 4. Aufl., § 1907 BGB Rz. 2; Bienwald, Betreuungsrecht, 3. Aufl., § 1907 BGB Rz. 22).
Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist – trotz beachtlicher Anhaltspunkte, die im Ergebnis die genannten Entscheidungen rechtfertigen könnten – wegen mangelnder Sachaufklärung unklar geblieben, so dass die Entscheidungen aufzuheben waren. Zwar entscheidet das VormG über die Genehmigung nach pflichtgemäßem Ermessen. Das Rechtsbeschwerdegericht kann die Entscheidung des Tatrichters nur beschränkt überpüfen. Es kann sie nur dann als rechtsfehlerhaft beanstanden, wenn der Tatrichter sich des ihm zustehenden Ermessens nicht bewusst war, von ungenügenden oder verfahrenswidrig zustande gekommenen Feststellungen ausgegangen ist, wesentliche Umstände außer Betracht gelassen, der Bewertung relevanter Umstände unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt, von seinem Ermessen einen dem Sinn und Zweck des Gesetzes zuwiderlaufenden Gebrauch gemacht oder die Grenzen des Ermessens überschritten hat (BayObLG FamRZ 1998, 455 [456]). In diesem Sinne reichen die Feststellungen des LG nicht aus. Nach wohl überwiegender Auffassung ist dem Betreuten wegen der Bedeutung der Angelegenheit gem. § 67 FGG für das Verfahren ein Pfleger zu bestellen und gem. § 12 FGG ein Sachverständigengutachten einzuholen (Staudinger/Bienwald, BGB, 13. Aufl., § 1907 Rz. 30; Jürgens/Marschner, Betreuungsrecht, 2. Aufl., § 1907 Rz. 8; Bauer/Birk/Rink/Rink, Heidelberger Kommentar zum Betreuungsrecht, 1994, § 1907 Rz. 3: a.A. Soergel/Zimmermann, BGB, 13. Aufl., § 1907 Rz. 19). Die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den Auswirkungen der Wohnungsaufgabe auf die Betroffene, zum Krankheitsverlauf und den verbliebenen Möglichkeiten selbstständiger Lebensgestaltung war im vorliegenden Fall um so mehr geboten, als das Gutachten der Oberärztin Dr. M ‚ Fachärztin für Neurologie, bereits vom 10.4.2001 stammte und ausführte, dass die zuvor genannten Behinderungen und das Unvermögen zur Besorgung eigener Angelegenheiten „voraussichtlich noch mindestens 1 Jahr” fortbestünden. Dementsprechend wollte das AG nach dem Beschluss zur Betreuerbestellung vom 14.6.2001 spätestens bis zum 14.6.2002 über eine Aufhebung oder Verlängerung der Betreuung beschließen. Diese Entscheidung steht noch aus. Die Betreute hat offensichtlich – selbst wenn sie dies später bestritt – ausweislich der Anhörung vom 11.3.2002 (Bl. 129) ggü. ihrer Betreuerin einen Selbstmordversuch für den Fall der Wohnungsaufgabe angekündigt. Das Schreiben des Hausarztes Dr. L. vom 21.1.2002 an die Betreuerin (Bl. 119) ist insoweit nicht ausreichend. Aus dem Schreiben ergibt sich nicht, aufgrund welcher Feststellungen die Bescheinigung zustande gekommen ist. Der Hausarzt, Facharzt für innere Medizin, referiert nur kurz die Krankengeschichte und kommt zu dem Schluss, die Betroffene sei zwingend auf Fremdhilfe angewiesen und die Betreuung im Pflegeheim bleibe weiter erforderlich. Dies ist nicht ausreichend. Bei alledem hat der Senat durchaus beachtet, dass die Betreute seit langem nicht mehr in ihrer Wohnung wohnt, wiederholt in lebensbedrohliche Situationen geraten ist und Absprachen offensichtlich nicht immer einhält.
Die Sache war unter gleichzeitiger Aufhebung der erstinstanzlichen Entsche...