Leitsatz (amtlich)

1. Einseitig seitens des Bauherrn geäußerte Kostenvorstellungen im Rahmen der Grundlagenplanungen können eine Beschaffenheitsvereinbarung begründen, wenn der Architekt ihnen nicht widerspricht. Auch im Laufe der Planung und damit nach Abschluss des Architektenvertrages durch den Bauherrn geäußerte Kostenvorstellungen können zur vereinbarten Beschaffenheit erwachsen.

2. Für die Vereinbarung einer Kostenobergrenze als Beschaffenheitsvereinbarung ist eine Erklärung des Bauherrn erforderlich, die in irgendeiner Art zum Ausdruck bringt, ein bestimmter Maximalbetrag solle nicht überschritten werden. Daran fehlt es, wenn der Bauherr lediglich Kostenzusammenstellungen entgegennimmt, ohne aber selbst eine Erklärung dazu abzugeben, dass ein bestimmter Kostenrahmen nicht überschritten werden soll.

3. Wenn der Architekt Kostenermittlungen zu besonderen Zwecken wie der Finanzierung gegenüber dem Bauherrn bekannt macht, trifft ihn eine gesteigerte Aufklärungspflicht, falls diese Kostenangaben zu niedrig bzw. falsch sind, weil sie dann für die Investitionsentscheidung des Bauherrn ungeeignet sind.

4. Es ist unzulässig, durch Grundurteil zu entscheiden, wenn die erheblichen Tatsachen für den Anspruchsgrund und die Anspruchshöhe annähernd Identisch sind oder jedenfalls in einem so engen Zusammenhang stehen, dass die mit einem Grundurteil verbundene Trennung eher zur Verwirrung als zur Gliederung und zur Beschleunigung des Verfahrens beiträgt.

5. Zum Grund des Anspruchs gehören auch durch die beklagte Partei geltend gemachte Aufrechnungsforderungen.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 14. März 2018 verkündete Grundurteil der Einzelrichterin der 1. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Berufungsverfahrens - an das Landgericht Oldenburg zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangt von der Beklagten, einem Architektenbüro, Schadensersatz aus einem Architektenvertrag wegen der Verteuerung eines Bauvorhabens.

Der Kläger beabsichtigte die Realisierung des Bauprojekts ... in zwei Bauteilen. Er beauftragte die Beklagte mündlich mit der Erbringung der Architektenleistungen zu allen Leistungsphasen der HOAI. Zur Unterstützung bei Finanzierungsfragen beauftragte der Kläger die ... . Nach verschiedenen Vorplanungen ab April 2009 vereinbarten die Parteien im August 2009 ein Pauschalhonorar von 410.000,00 Euro (Bauteil I) sowie 395.000 Euro (Bauteil II). Auf die Anlagen B 1 und B 2 (Anlagenband Beklagte) wird verwiesen. Von diesen Beträgen stehen 26.500,00 Euro für das Bauteil I und 6.000,00 Euro für das Bauteil II aus. Die jeweiligen Planungen wurden regelmäßig mittels Wirtschaftlichkeitsberechnungen des Investitionsobjekts überprüft, wobei die Beklagte eingebunden war. In diesem Verlauf konkretisierte sich das Bauprojekt auf eine Gesamtanlage, die in zwei Bauteilen getrennt ausgeschrieben, berechnet und abgerechnet wurde. Der Bauteil I besteht aus einem SB-Markt mit Vorzone, Praxen und 31 Wohneinheiten. Der Bauteil II enthält einen Neubau von 5 Stadthäusern mit 16 Wohnungen, eine Tiefgarage mit 44 Einstellplätzen und einem Parkdeck. Beide Bauteile greifen ineinander über. Auf die Anlagen K 5 und K 6 (Anlagenband Kläger) wird verwiesen. Während aus dem Bauteil I Vermietungseinnahmen erzielt werden sollten, war in Bezug auf die Wohneinheiten in Bauteil II ein gewinnbringender Abverkauf geplant.

Bereits im November 2009 sowie November 2010 schloss der Kläger Mietverträge in Bezug auf den SB-Markt, die 31 Wohneinheiten Z und ein weiteres Ladengeschäft (Bäcker) ab, wegen deren Inhalte auf die Anlagen K 12 - K 14 verwiesen wird. Auf die Bauanträge vom 02.08.2010 (Bauteil 2) und 27.05.2011 (Bauteil 1) erteilte die ... die Baugenehmigungen für das Bauvorhaben am 01.12.2011 (Bauteil 1) und 27.12.2010 (Bauteil 2). Nach der Vergabe der Arbeiten für die Baureifmachung wurden die Bauhauptarbeiten für den Bauteil II am 21.10.2010 an die ... vergeben.

Zum Zwecke der Finanzierungsgespräche mit den ... erstellte die Beklagte Kostenzusammenstellungen für beide Bauteile vom 13.05.2011. Sie lauteten auf 5.197.369,63 Euro für den Bauteil I und auf 5.248.770,19 für den Bauteil II. Wegen des genauen Inhalts der Kostenzusammenstellungen wird auf die Anlagen K 7 und K 8 (Anlagenband Kläger) verwiesen. Diese bildeten die Grundlage der Finanzierungsgespräche. Wegen des Inhalts dieser Gespräche, der Höhe der vom Kläger eingebrachten Eigenmittel, des Zuschusses der Stadt ... sowie der Darlehen der ... wird auf das Termsheet vom 06.07.2011 (Anlage K 9) Bezug genommen. Auf dessen Grundlage erhielt der Kläger Finanzierungszusagen, wegen derer auf die Anlagen K 10 und K 11 verwiesen wird. Diese Finanzierungszusagen waren daran gebunden, dass der Kläger von der Planung abweichende Baukosten aus Eigenmitteln zu finanzieren habe.

Die Grundsteinlegung für den Bauteil II erfolgte am 0...

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