Leitsatz (amtlich)
Zur Bestimmung der Schadenshöhe bei fehlerhafter Baukostenermittlung und Überschreitung einer vereinbarten Kostenobergrenze.
Normenkette
BGB a.F. § 635
Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 15 O 193/04) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster vom 24.04.2020 unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 38.860,18 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.03.2004 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 77 % und der Beklagte zu 23 %. Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz tragen der Kläger zu 84 % und der Beklagte zu 16 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Soweit die Verurteilung in der Hauptsache den Betrag von 13.849,88 EUR übersteigt, darf der jeweilige Vollstreckungsschuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Gründe
I. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen auf das angefochtene Urteil des Landgerichts Münster vom 24.04.2020.
Das Landgericht hat nach Vernehmung der Zeugin A sowie Einholung schriftlicher Gutachten der Sachverständigen B und C der Klage unter Abweisung im Übrigen in Höhe von 13.849,88 EUR nebst Prozesszinsen stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Bei der Berechnung der konkreten Schadenshöhe bei Baukostenüberschreitungen sei auf die entstandenen Mehrkosten abzustellen, wenn der Bauherr das Bauvorhaben ganz unterlassen, aufgegeben oder nur reduziert durch- oder fortgeführt hätte. Davon abzuziehen sei im Wege der Vorteilsausgleichung die Wertsteigerung, die das Objekt durch die Baumaßnahmen erfahren habe. Somit bestehe der Schaden des Bauherrn entgegen der Auffassung des Klägers nicht in den gesamten angefallenen Baukosten abzüglich der Wertsteigerung für das Gebäude, sondern allein in der Differenz zwischen ursprünglich vorgesehenen Baukosten und den tatsächlich angefallenen Baukosten abzüglich der Wertsteigerung für das Gebäude.
Eine Toleranz in Höhe von 20 % der vorgesehenen Baukosten sei entsprechend den Ausführungen in dem Grundurteil des Senats nicht zu Gunsten des Beklagten zu berücksichtigen. Zur Überzeugung des Gerichts sei nach persönlicher Anhörung des Klägers davon auszugehen, dass er sich gegen die Sanierung des Altbaus entschieden hätte, wenn der Beklagte die Gesamtbaukosten auf mehr als 600.000 DM errechnet und dies dem Kläger mitgeteilt hätte.
Es sei von tatsächlich angefallenen Baukosten in Höhe von 676,003,90 DM (= 345.635,31 EUR) auszugehen. Dem ins Einzelne gehenden Vortrag des Klägers, der Rechnungen und Zahlungsbelege vorgelegt habe, sei der Beklagte in weiten Teilen nicht hinreichend substantiiert entgegengetreten und im Übrigen seien die Kosten - mit Ausnahme der geltend gemachten Kosten für die Anmietung eines Transporters für den Umzug in Höhe von 332,68 DM, die nicht nachgewiesen seien - von der Zeugin A glaubhaft bestätigt worden. Dem Kläger seien somit im Verhältnis zu der maßgeblichen Kostengrenze von 600.000 DM Mehraufwendungen in Höhe von 76.003,90 DM (= 38.860,18 EUR) entstanden.
Zu ersetzen seien dem Kläger auch die Kosten für die Anmietung einer Ersatzwohnung für die Dauer von einem Jahr in Höhe von 16.800 DM (= 8.589,70 EUR).
Im Wege des Vorteilsausgleichs müsse der Kläger sich jedoch die Wertsteigerung des streitgegenständlichen Gebäudes aufgrund der Sanierungsmaßnahme anrechnen lassen. Diese sei auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen C vom 22.06.2018 zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung auf 65.715,89 DM (= 33.600 EUR) zu schätzen.
Dem Kläger sei somit letztlich ein Schaden in Höhe von 27.088,01 DM (= 13.849,88 EUR) entstanden.
Nicht ersatzfähig sei ein Mietzinsausfallschaden in Höhe von jährlich 16.146 DM, den der Kläger möglicherweise erzielt hätte, wenn er sich für die Neubau auf dem Nachbargrundstück entschieden hätte und so den Altbau hätte vermieten können. Dabei handle es sich nicht um einen ersatzfähigen Schaden im Falle der Baukostenüberschreitung, weil für die Höhe des Schadensersatzanspruchs allein die entstandenen Mehrkosten zur Verwirklichung der Baumaßnahme maßgeblich seien.
Ebenso könne der Kläger nicht einen etwaigen Zinsschaden in Höhe von 57.000 DM ersetzt verlangen. Zwar sei bei einem Schadensersatzanspruch wegen Baukostenüberschreitung grundsätzlich auch eine Zinsbelastung für die Aufnahme eines Zusatzkredites wegen der Bausummenüberschreitung ersatzfähig. Jedoch mache der Kläger hier konkret keinen Zinsschaden aufgrund eines Kredites geltend, den er wegen der Baukostenüberschreitung habe aufnehmen müssen. Vielmehr behaupte er, ...