Leitsatz (amtlich)
1. Werden zeichnerische und rechnerische Unterlagen Vertragsbestandteil, die Widersprüche zum - ebenfalls Vertragsinhalt gewordenen - Angebot des Unternehmers aufweisen, geht das zeitlich nachfolgende, konkrete Angebot den Plänen vor.
2. Eine konkludente Abnahme setzt ein Verhalten des Auftraggebers voraus, dem zu entnehmen ist, dass er die Leistung als im Wesentlichen vertragsgerecht billigt. Dies kann überhaupt nur in Betracht kommen, wenn das Werk im Wesentlichen mangelfrei fertig gestellt ist.
3. Eine Unverhältnismäßigkeit der Mängelbeseitigung kommt nur in Betracht, wenn die Abwägung aller Umstände des Einzelfalls ergibt, dass der durch die Mängelbeseitigung erzielbare Erfolg zu dem durch sie verursachten Geldaufwand außer Verhältnis steht. Sie ist regelmäßig nur dann gerechtfertigt, wenn einem objektiv geringem Interesse des Auftraggebers an der mangelfreien Leistung ein ganz erheblicher und damit unangemessener Aufwand gegenübersteht, so dass die Forderung nach der vertragsgemäßen Leistung letztlich gegen Treu und Glauben verstieße.
4. Von einer Anscheinsvollmacht ist auszugehen, wenn der Auftraggeber dem Architekten allein die Vertragsverhandlungen mit dem Unternehmer überlässt, dieser bereits den Vertrag verhandelt und unterzeichnet hat oder in anderer Weise dem Architekten völlig freie Hand bei der Durchführung des Bauvorhabens lässt, ohne sich selbst um den Bau zu kümmern.
5. Umfang und Intensität der von einem Architekten geschuldeten Überwachung hängen von den Anforderungen der Baumaßnahme sowie den konkreten Umständen ab. Einfache Arbeiten bedürfen keiner Überwachung, während der Architekt kritischeren und wichtigeren Bauabschnitten eine erhöhte Aufmerksamkeit schenken muss. Erst recht sind an die Überwachungspflicht des Architekten höhere Anforderungen zu stellen, wenn sich im Verlaufe der Bauausführung Anhaltspunkte für Mängel zeigen.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten zu 1) und unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels sowie der Berufungen der Kläger und des Beklagten zu 2) wird das am 11.1.2022 verkündete Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg in Gestalt des Tatbestandsberichtigungsbeschlusses vom 4. Februar 2022 in Ziffer 6. des Tenors geändert und die Klage auch wegen des Anspruchs der Kläger auf Rückzahlung eines Betrages von 1.629,60 Euro gegen die Beklagte zu 1) abgewiesen.
Die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens und die Kosten der Kläger des Berufungsverfahrens tragen die Kläger zu je 1/6 und die Beklagte zu 1) sowie der Beklagte zu 2) zu je 1/3. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 3) aus dem Berufungsverfahren tragen die Kläger zu je ½. Im Übrigen tragen alle Parteien ihre außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung des jeweiligen Vollstreckungsgläubigers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung seinerseits Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Kläger begehren von den Beklagten zu 1) bis 3) Kostenvorschuss bzw. Schadensersatz für die Neuherstellung einer nach ihrer Auffassung mangelhaft ausgeführten Dämmung im Kellergeschoss. Ansprüche wegen Mängeln der Putzarbeiten sind im Berufungsrechtszug nicht mehr streitgegenständlich.
Die Kläger beabsichtigten die Errichtung eines Einfamilienhauses mit Einliegerwohnung in Ort4, Straße1. Im Juli 2015 beauftragten sie den Beklagten zu 2) mit der Bauleitung (Anlage K 8 Bl. 19 - 21 Bd. I d.A.). Neben der baubegleitenden Bauüberwachung sollte der Beklagte zu 2) auch für die Koordinierung der am Bau beteiligten Handwerker verantwortlich sein. In einem weiteren "Baudienstleistungsvertrag" aus Juni 2015 (Anlage K 24 Bl. 137 Bd. II d.A.) übernahm der Beklagte zu 2) u.a. Organisations- und Vermittlungsdienstleistungen zum Zweck der Errichtung des Bauwerks. Dementsprechend nahm der Beklagte zu 2) mit verschiedenen Handwerkern Verbindung auf. Darunter war die Beklagte zu 1). Weil die Kläger in (...) wohnten und die Ausführung vollständig in die Hände des Beklagten zu 2) legten, hatte die Beklagte zu 1) niemals Kontakt mit ihnen, sondern allein mit dem Beklagten zu 2). Dieser handelte die aus der Anlage K 1 (Bl. - 12 Rs Bd. I d.A.) ersichtlichen Verträge über Estrich- und Innenputzarbeiten alleine mit der Beklagten zu 1) für die Kläger aus und klärte auch sämtliche technischen und vertraglichen Fragen mit der Beklagten zu 1). Für die Estricharbeiten kam es zu einer Pauschalpreisvereinbarung über 9.400,00 Euro und für die Innenputzarbeiten einer solchen über 7.300,00 Euro. Grundlage des Vertrages über die Estricharbeiten war das aus mit der Anlage B1-1 beigefügte Angebot der Beklagten zu 1) (Bl. 43, 43 Rs Bd. I d.A.). Danach sollte die Beklagte zu 1) 9 cm PUR-Dämmung und 6 cm Estrich einbringen, währ...