Leitsatz (amtlich)
Die Ausbildungsentschädigung für sog. "Nichtamateure ohne Lizenz" nach der DFB-Spielordnung verstößt gegen Art. 12 Abs. 1 GG.
Verfahrensgang
LG Oldenburg (Urteil vom 29.10.2004; Aktenzeichen 13 O 1195/04) |
Tenor
Die Berufung des Klägers und die des Streitverkündeten gegen das Urteil des LG Oldenburg vom 29.10.2004 werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen mit Ausnahme der Kosten der Streitverkündung, die der Streitverkündete zu tragen hat.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien, 2 Fußballvereine, streiten um eine sog. Ausbildungsentschädigung für 5 junge Fußballspieler.
Nach § 23a der DFB-Spielordnung hat derjenige Verein, der einen Amateur vor dessen 23. Geburtstag als sog. Nicht-Amateur ohne Lizenz unter Vertrag nimmt, dem abgebenden Verein (und jedem weiteren Verein, der den Spieler in den letzten 5 Jahren vor dem Wechsel beschäftigt hat,) eine sog. Ausbildungsentschädigung zu zahlen. Die Höhe der Entschädigung richtet sich danach, welcher Spielklasse abgebender und aufnehmender Verein angehören.
Die Wirksamkeit des Arbeitsvertrages darf nach der Spielordnung von der Zahlung der Entschädigung nicht abhängig gemacht werden. Wegen der weiteren Einzelheiten der Regelung wird auf die bei der Gerichtsakte befindliche Ablichtung Bezug genommen. Der Kläger hat dem Beklagten für 5 Spieler gem. der genannten Vorschrift eine Ausbildungsentschädigung zur Höhe von insgesamt 7.697,66 EUR berechnet. Der Beklagte hat mit Hinweis darauf, dass die Regelung wegen Verstoßes gegen Art. 12 GG nichtig sei, die Bezahlung der Rechnungen verweigert. Das LG hat die Klage mit dem hiermit in Bezug genommenen Urteil abgewiesen. Es hat die Ansicht vertreten, § 23a der DFB-Spielordnung beschränke die Freiheit der Berufswahl sog. Nicht-Amateure ohne Lizenz unzulässig und sei daher nichtig.
Dagegen richten sich die Berufungen des Klägers und des Streitverkündeten, des Landesverbandes, dem die Parteien angehören. Der Streitverkündete macht geltend, der Einwand des Beklagten sei unzulässig. Zuvor hätten die Parteien den Verbandsrechtsweg beschreiten müssen.
Das LG habe die Norm zu Unrecht als objektive Zulassungsschranke eingeordnet. Sofern der BGH dies für die Vorgängerregelung angenommen habe, habe dies an der Höhe der damals verlangten Entschädigung gelegen, die mit 25.000 DM zwei Jahresgehälter der beteiligten Spieler betragen habe. Dies sei heute nicht mehr der Fall. Sofern das LG unter Hinweis auf Verträge, die der Beklagte vorgelegt habe, auch mit der heutigen Regelung ähnliche Verhältnisse zwischen Jahresgehalt und Ausbildungsentschädigung errechnet habe, seien die Ausgangszahlen falsch. Die angesetzten Spielervergütungen seien absolut unterdurchschnittlich.
Bei der Abwägung, ob der Eingriff verhältnismäßig sei, habe das LG weiterhin übersehen, dass in der Oberliga der Fußball oftmals nur nebenberuflich, nicht hauptberuflich betrieben werde.
Bei der Abwägung dürfe auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass nicht etwa die betroffenen Spieler den vorliegenden Rechtsstreit führten, sondern Vereine, deren Interessen gar nicht durch Art. 12 GG geschützt seien; ihnen fehle gleichsam die Klagebefugnis. Weiterhin hätte das LG berücksichtigen müssen, dass man mit der heutigen Regelung versucht habe, den Vorgaben des BGH weitestgehend zu genügen. Eine weiter gehende Spezifizierung der Ausbildungskosten sei nicht möglich.
Ziel der Regelung sei es, eine ausgewogene und gerechte Struktur zu schaffen und in gewisser Weise einen "Sozialausgleich" herbeizuführen. Es könne zudem nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Regelung letztlich in Übereinstimmung mit den FIFA-Regeln stehe. Es komme damit zum Ausdruck, dass die Regelung in den beteiligten Verkehrskreisen allgemein akzeptiert werde. Die internationale Spielergewerkschaft F.I.F. Pro sei an der Entwicklung maßgeblich beteiligt gewesen. Es sei zu erwägen, ob darin nicht auch ein Verzicht der betroffenen Spieler auf Einwände gegen die Gültigkeit der Norm zu sehen sei.
Schließlich habe man die Verbandsautonomie als Grundrecht nach Art. 9 GG nicht hinreichend gewürdigt. Der Kläger wendet ebenfalls ein, es handele sich um keine objektive Schranke der Berufswahl; jedenfalls sei der Eingriff gerechtfertigt. Die Förderung des Jugendfußballs und des Fußballs als Massensport sei ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut. Eine weiter gehende Differenzierung der Regelung sei nicht möglich. Der vom LG angesprochene Zufallscharakter der Norm liege in der Natur der Sache, weil Talentförderung eben nicht zu 100 % planbar und vorhersehbar sei.
Der Kläger und der Streitverkündete beantragen, unter Abänderung des Urteils des LG Oldenburg vom 29.10.2004 (LG Oldenburg, Urt. v. 29.10.2004 - 13 O 1195/04) wird der Beklagte verurteilt, an den Kläger 7.692,66 EUR nebst 5-Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 11.2.2004 zu bezahlen.
Der Beklagte beantragt, die Berufungen zurückzuweisen.
Er verteidigt...