Leitsatz (amtlich)
1. Zur Nichtigkeit eines Franchisevertrages wegen sittenwidriger Knebelung oder Wuchers.
2. Der Franchisegeber darf den Vertrag in der Regel fristlos kündigen, wenn der Franchisenehmer gegen seine vertragliche Pflicht, das Franchiseunternehmen unter Einsatz seiner gesamten Arbeitskraft auszuüben und zu nutzen, dadurch verstößt, dass er ein weiteres Unternehmen betreibt.
3. Der kündigende Franchisegeber ist so zu stellen, als hätte der Franchisenehmer den Vertrag durch Auslaufenlassen oder durch ordentliche Kündigung zum nächstzulässigen Termin zu Ende gebracht; die Schadensersatzpflicht des Franchisenehmers ist dadurch entsprechend dem Schutzzweck des § 89a HGB zeitlich begrenzt.
4. Bei sog. Kettenverträgen kommt es - wenn diese länger ist - nicht auf die Restlaufzeit des Franchisevertrages an, sondern auf die Kündigungsfrist des § 89 Abs. 1 HGB.
Verfahrensgang
LG Oldenburg (Urteil vom 30.08.2006; Aktenzeichen 9 O 1834/06) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 30.8.2006 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des LG Oldenburg wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Schadensersatz aus einem gekündigten Franchisevertrag sowie aus einem Untermietvertrag.
Die Klägerin schloss mit dem Beklagten am 30.10.1998 einen Franchisevertrag, mit dem diesem das Recht zur Nutzung des von der Klägerin entwickelten Know-how bezüglich eines umfassenden Management- und Marketingprogramms zur Führung eines K.-Restaurants eingeräumt wurde. Ebenfalls am 30.10.1998 schlossen die K. Immobilien- und Besitz-GmbH & Co. KG und der Beklagte einen Untermietvertrag über Räumlichkeiten in Oldenburg zur ausschließlichen Nutzung als K.-Restaurant. Die Laufzeit beider Verträge war bis zum 31.12.2000 befristet; dem Beklagten wurde eine Verlängerungsoption um weitere fünf Jahre eingeräumt, von der er Gebrauch machte. Wegen der weiteren Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen wird auf die schriftlichen Vertragsurkunden Bezug genommen. Beide Vereinbarungen wurden in der Folgezeit durch Zusatzvereinbarungen ergänzt und geändert, die insb. die Zahlungspflichten des Beklagten betrafen.
Die Klägerin und die K. Immobilien- und Besitz-GmbH & Co. KG, die ihre Rechte aus dem Untermietvertrag an die Klägerin abgetreten hat, kündigten mit im Wesentlichen gleichlautenden Schreiben vom 22.6.2004 den Franchise- und den Untermietvertrag fristlos aus wichtigem Grund. Zur Begründung beriefen sie sich auf einen Verstoß des Beklagten gegen das in § 14 des Franchisevertrages enthaltene Nebentätigkeitsverbot; dieser betreibt seit Juni 2004 in räumlicher Nähe zu dem K.-Restaurant zusätzlich ein S.-Restaurant aufgrund eines mit der Firma S. geschlossenen Franchisevertrages. Der Beklagte gab daraufhin das K.-Restaurant sowie die Räumlichkeiten an die Klägerin heraus; diese führte den Betrieb bis zum 31.12.2005, dem Ende des Mietverhältnisses mit dem Eigentümer der Räumlichkeiten, weiter.
Die Klägerin hat behauptet, das K.-Restaurant habe bis Ende 2005 Verluste erwirtschaftet; dafür beruft sie sich auf eine Aufstellung der Umsatz- und Ertragsentwicklung für die Jahre 1999 bis 2005. Durch die von dem Beklagten zu vertretende vorzeitige Beendigung des Franchise- und des Untermietvertrages seien ihr die von dem Beklagten zu leistenden Zahlungen für den Zeitraum Juli 2004 bis einschließlich Dezember 2005 entgangen. Dabei handele es sich um die Franchisegebühren (11.504 EUR), die Werbegebühren (11.504 EUR), die Unterpacht für die Nutzung der baulichen Vorrichtungen, der technischen Anlagen und Einrichtungen gem. § 4 des Untermietvertrages (14.385 EUR) und die im Franchisevertrag vereinbarten Kassengebühren (4.371 EUR). Weiter habe der Beklagte Instandhaltungskosten von 802,30 EUR zu erstatten. Anrechnen lässt sich die Klägerin ein Guthaben des Beklagten von 9.605,43 EUR aus der Inventur bei der Betriebsübernahme sowie ein Guthaben aus der Nebenkostenabrechnung von 24,92 EUR. Ihre Forderung beziffert sie danach auf 32.935,95 EUR.
Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 32.935,95 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf jeweils 2.320,22 EUR seit dem 1.7.2004, dem 1.8.2004, dem 1.9.2004, dem 1.10.2004, dem 1.11.2004, dem 1.12.2004, dem 1.1.2005, dem 1.2.2005, dem 1.3.2005, dem 1.4.2005, dem 1.5.2005, dem 1.6.2005, dem 1.7.2005, dem 1.8.2005, dem 1.9.2005, dem 1.10.2005, dem 1.11.2005 und dem 1.12.2005 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, das mit der Klägerin und der K. Immobilien- und Besitz GmbH & Co. KG geschlossene Vertragskonvolut sei sittenwidrig i.S.d. § 138 Abs. 1 und 2 BGB und ...