Verfahrensgang

LG Osnabrück (Urteil vom 19.03.1996; Aktenzeichen 3 O 192/95)

 

Tatbestand

Der Sachverhalt ergibt sich im Wesentlichen aus dem angefochtenen Urteil. Insoweit wird von einer erneuten Darstellung gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Zwischenzeitlich, am 3.7.1996 zahlte die Beklagte zu 1) an den Kläger auf die Klageforderung weitere 10.054,44 DM nebst 651,20 DM Zinsen.

Im Berufungsverfahren streiten die Parteien nicht mehr über die Pflicht der Beklagten zur Haftung, die Ursächlichkeit und die Folgen der Verletzung.

Die Beklagten wenden sich allein gegen die Zuerkennung eines Schmerzensgeldes von 35.000 DM und meinen, 20.000 DM seien angemessen, aber auch ausreichend. Sie rügen insoweit vor allem die vom Landgericht herangezogenen Bemessungskriterien für die Höhe des zuerkannten Schmerzensgeldes.

Die Beklagten beantragen,

das Urteil des Landgerichts zu ändern und die Klage abzuweisen, soweit ein höheres Schmerzensgeld als 20.000 DM ausgeurteilt worden ist.

Der Kläger beantragt,

1) die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,

2) das Urteil des Landgerichts zu ändern und festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm allen zukünftigen immateriellen Schaden aus dem Unfall vom 25.9.1994 zu ersetzen,

Er verteidigt das landgerichtliche Urteil hinsichtlich der Höhe des Schmerzensgeldes.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist erfolgreich.

Der Kläger hat Anspruch nach §§ 823 Abs. 1, 847 Abs. 1 BGB, 3 PflVG auf Feststellung einer Schadensersatzpflicht der Beklagten für seinen, auf dem Unfall beruhenden, zukünftigen immateriellen Schaden. Dies folgt aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. med. G. Denn danach ist es durchaus im Bereich der Wahrscheinlichkeit, dass die Arthrose fortschreitet und damit einhergehende größere Schmerzbelastungen des Klägers eintreten. Bei in Betracht kommendem aber noch ungewissem Eintritt zukünftiger immaterieller Beeinträchtigungen hat ein Geschädigter grundsätzlich die Wahl, ob er hinsichtlich etwaiger Zukunftsschäden für die Schmerzensgeldforderung einen immateriellen Vorbehalt machen oder ob er ein allen immateriellen Zukunftsschäden umfassenden Schmerzensgeldantrag stellen will. Weil der Kläger letzteres nicht getan hat, ist sein Feststellungsantrag hinsichtlich des immateriellen Vorbehalts begründet.

Die Berufung der Beklagten gegen die Festsetzung eines 20.000 DM übersteigenden Schmerzensgeldes ist überwiegend begründet.

Nach §§ 823 Abs. 1, 847 Abs. 1, 3 PflVG sind die Beklagten verpflichtet, an den Kläger ein Schmerzensgeld von insgesamt 25.000 DM zuzahlen.

Das Schmerzensgeld soll dem Geschädigten einen angemessenen Ausgleich für diejenigen Schäden, die nicht vermögensrechtlicher Art sind, gewähren und zugleich dem Genugtuungsbedürfnis des Geschädigten Rechnung tragen. Im vorliegenden Fall rügen die Beklagten zu Recht, dass die Methode des Landgerichts zur Schätzung des angemessenen Ausgleichs zu beanstanden ist.

Für die Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes ist hier davon auszugehen, dass die Ausgleichs- und nicht die Genugtuungsfunktion im Vordergrund steht, da nur eine leicht fahrlässige Schadenszufügung durch den Beklagten zu 2) erfolgt ist.

Deswegen ist zunächst die erlittene Verletzung sowie die Dauer der stationären Behandlung zu berücksichtigen. Der am 22.3.1945 geborene Kläger erlitt bei dem Unfall am rechten Bein eine Sprunggelenkfraktur in deren Folge eine Sudecksche Dystrophie und Sekundärarthrose aufgetreten sind. Im Rahmen der ärztlichen Versorgung der Unfallverletzung befand sich der Kläger vom 25.9.1994 bis zum 26.10.1994, 27.12.1994 bis 3.2.1995 und vom 5. bis 12.9.1995 in stationärer Behandlung im Krankenhaus. Hinzu kommt, dass der Kläger 1 1/2 Jahre in seinem Beruf als selbständiger Tankstellenpächter und Gebrauchtwagenhändler in Folge der Unfallverletzung nicht gearbeitet hat. Als Dauerfolgen des Unfalls bestehen beim Kläger eine Bewegungseinschränkung im rechten oberen und im rechten unteren Sprunggelenk, eine Beeinträchtigung des Gangbildes, Ruhe- und Belastungsschmerz im Sprunggelenk sowie eine Gefühlsstörung am rechten Fußrücken auf einer Fläche von 5 x 7 cm. Die abstrakte, dauernde Einschränkung der Erwerbsfähigkeit des Klägers ist mit 30 % zu bemessen.

Soweit der Kläger allerdings zur Begründung des von ihm geforderten Schmerzensgeldes von 35.000 DM angeführt hat, er müsse seinen früheren Beruf aufgeben, ist dies in Anbetracht der Ausführungen des Sachverständigen (Bl. 140 Bd. I) nicht richtig. Der Sachverständige hat dazu erläutert, der Kläger könne beim Autoverkauf oder Bedienen in der Tankstelle entscheiden, ob er das rechte oder das linke Bein einsetze, und deshalb bestehe kein Grund für den Kläger, diesen Beruf in Zukunft nicht mehr auszuüben.

Bei der Schätzung des angemessenen Ausgleichs hat jedoch unberücksichtigt zu bleiben, dass im vorliegenden Fall möglicherweise weitere zukünftige immaterielle Beeinträchtigungen des Klägers eintreten können. Denn daraus, dass der Kläger für denkbare zukünftige immaterielle Beeintr...

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