Entscheidungsstichwort (Thema)

Vermächtnis

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur Wirksamkeit der Ausschlagung eines Vermächtnisses.

 

Normenkette

BGB § 1952 Abs. 1, § 2180 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Oldenburg (Urteil vom 22.06.1998; Aktenzeichen 17 O 105/98)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg vom 22. Juni 1998 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung fallen der Beklagten zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Wert der Beschwer übersteigt 60.000,00 DM.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt Schadensersatz wegen Schlechterfüllung eines der Beklagten übertragenen Anwaltsmandates.

Durch gemeinschaftliches Testament der Großeltern des Klägers war nach dem Tod der Großmutter 1984 und des Großvaters am 21.09.1989 sein Onkel zum alleinigen Schlußerben berufen. Seinem kurz danach am 29.10.1989 verstorbenen Vater – Bruder des Schlußerben – hatten die Großeltern ein lebenslanges Wohnrecht auf ihrem Hausgrundstück in V. das den wesentlichen Nachlaß bildete, vermacht.

Der Kläger betraute die Beklagte damit, seinen vom Vater ererbten Pflichtteil gegen den Schlußerben durchzusetzen. Nach dem von der Beklagten verfaßten Schreiben vom 09.09.1992, mit dem sie den Schlußerben um Auskunft über den Bestand des Nachlasses bis zum 20.09.1992 aufforderte, reichte sie am 27.10.1997 ein Prozeßkostenhilfegesuch für eine Pflichtteilszahlungsklage in Höhe von 59.802,20 DM nach dem unstreitig gestellten Nachlaßwert von 239.208,80 DM (Aktivnachlaß 313.512,80 DM abzüglich 74.304,00 DM Wohnrecht) ein, das durch das Landgericht Oldenburg – bestätigt durch das Oberlandesgericht Oldenburg – wegen Verjährung der Pflichtteilsansprüche abgelehnt wurde.

Der Kläger hat der Beklagten vorgeworfen, von Anfang an die dreijährige Verjährungsfrist fehlerhaft berechnet zu haben und beantragt,

die Beklagte zur Zahlung von 59.802,20 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu verurteilen sowie festzustellen, daß der Beklagten für ihre anwaltlichen Tätigkeiten die mit der Kostenrechnung vom 20.03.1996 über 945,43 DM geltend gemachte Vergütung nicht zusteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat gemeint, die Verjährung sei durch Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten des Schlußerben Rechtsanwalt K. vom 21.09. und 23.10.1992, in denen zu dem Auskunftsverlangen Stellung genommen wird, unterbrochen worden. Sie hat ferner bestritten, daß der Vater des Klägers vor seinem Tode von dem Erbfall und der Enterbung Kenntnis erlangt habe, und die Ansicht vertreten, daß sich der Kläger auf seinen Pflichtteilsanspruch den Wert des Wohnrechts und Zuwendungen, die sein Vater vom Großvater erhalten habe, anrechnen lassen müsse.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Beklagte habe es pflichtwidrig unterlassen, das Prozeßkostenhilfegesuch bis zum 21.09.1992 einzureichen, und dadurch verursacht, daß die Gerichte den Pflichtteilsanspruch als verjährt angesehen haben, der jetzt auch verjährt sei. Die im Prozeßkostenhilfeverfahren nicht einmal verwandten Schreiben des Rechtsanwalts K. hätten eine Verjährungsunterbrechung nicht bewirken können. Eine Anrechnung des Wohnrechts scheide aus, weil der Kläger seinerseits das Vermächtnis ausgeschlagen habe. Mangels einer Anrechnungsbestimmung zur Zeit der Zuwendungen durch den Großvater brauche sich der Kläger diese auch nicht auf den Pflichtteil anrechnen zu lassen.

Mit der dagegen gerichteten Berufung verfolgt die Beklagte ihr Klagabweisungsbegehren in vollem Umfang weiter.

Unter ergänzender Bezugnahme auf ihr bisheriges Vorbringen rügt sie, das Landgericht habe verkannt, daß der alkoholkranke, einkommenslose und nur vom Großvater finanziell unterstützte Vater des Klägers durch bloßes Wohnenbleiben in der ihm seit den siebziger Jahren überlassenen Wohnung das Vermächtnis des Großvaters angenommen habe, so daß der Kläger dieses nicht mehr habe ausschlagen können. Für den Schlußerben sei deutlich geworden, daß sein Bruder die Wohnung weiter nutzen wollte und er daher von der Annahme des Vermächtnisses habe ausgehen dürfen. Für den Vater des Klägers wäre eine Ausschlagung nicht in Betracht gekommen, da er wegen seiner Alkoholkrankheit, an der er auch gestorben sei, keine andere Wohnung bekommen hätte und er daher der Gefahr der Verwahrlosung ausgesetzt und sein Pflichtteil nach etwa sieben Jahren aufgezehrt gewesen wäre. Die im Schreiben des Rechtsanwalts K. aufgeführten Zuwendungen habe der Großvater mit der Maßgabe der Anrechnung getätigt (Beweis: Schlußerbe). Im Falle der Geschäftsunfähigkeit des Vaters des Klägers müsse von einer 30-jährigen Verjährungsfrist für Pflichtteilsansprüche ausgegangen werden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Oldenburg abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

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