Verfahrensgang
LG Osnabrück (Aktenzeichen 9 O 1784/20) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 30.10.2020 verkündete Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Gründe
A. Der Kläger macht im Wege der Feststellungsklage einen (noch nicht bezifferbaren) Schadensersatzanspruch nach dem Kauf eines Pkw1 für aus der Manipulation des Fahrzeugmotors sich ergebende Schäden geltend.
Der Kläger schloss mit dem Autohaus DD am 28.12.2015 einen Kaufvertrag über einen Pkw1 (Bj. 2015) mit Schaltgetriebe. Es handelte sich bei dem Fahrzeug um einen EU-Neuwagen (Anlage K 50); die Laufleistung betrug 0 km. Der Kaufpreis betrug ausweislich der Rechnung vom 15.02.2016 (Anlage K 50) 34.330,- EUR. Herstellerin des Fahrzeugs ist die Beklagte. In das erworbene Fahrzeug wurde ein von der Beklagten entwickelter und produzierter Dieselmotor des Typ1 verbaut.
Am 17.04.2019 hat das Kraftfahrtbundesamt (= KBA) unter der Referenznummer 7710 einen verpflichtenden Rückruf für das Modell (...) (Baujahr 2014 - 2017) unter der Beschreibung "Konformitätsabweichung führt zur Überschreitung des EURO 6-Grenzwerts für Stickoxide" veröffentlicht (Anlage K 12). Als Abhilfemaßnahme des Herstellers ist ein Software-Update genannt. Die Beklagte bietet inzwischen ein Update an, das unter der Bezeichnung 23Z7 geführt wird. Das von der Beklagten vorgestellte Software-Update mit der Aktionsnummer 23Z7 wurde durch das KBA geprüft und anschließend mittels Freigabebescheid vom 19.11.2018 freigegeben (Anlage B 2). In diesem an die Beklagte adressierten Bescheid wurde durch das KBA ausgeführt, dass in dem Fahrzeug Typ Pkw1 keine unzulässigen Abschalteinrichtungen festgestellt wurden und die Grenzwerte eingehalten werden.
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger im Hinblick auf den Motor Typ1 wegen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung auf Schadensersatz haftet.
Der Kläger hat behauptet, der in den Pkw1 eingebaute Dieselmotor des Typs1 sei mit diversen Abschalteinrichtungen versehen. Die Beklagte sei ähnlich verfahren wie bei dem Motor Typ2. Bei dem Motor Typ1 sei eine Manipulation nicht durch eine einfach ausgestaltete Art der "Umschaltlogik" erfolgt, vielmehr habe die Beklagte erfindungsreichere Mechanismen eingesetzt, um mit unlauteren Mitteln die Typengenehmigung zu erlangen. Das Fahrzeug verfüge über ein sog. Thermofenster (Reduzierung der Abgasreinigung durch eine Software der Motorsteuerung in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur), eine Zyklus-/Prüfstanderkennung, Aufwärmstrategie, Manipulation der Warnmeldung des On-Board-DiagnoseSystems (= OBD), Manipulation des Batterieladevorgangs, eine AdBlue-Minderdosierung und Schaltpunktveränderungen bei Automatikgetrieben). Das (unzulässige) Thermofenster steuere die Abgasreinigung in Abhängigkeit von der Außentemperatur. Bei dem erworbenen Fahrzeug werde auf dem temperierten Prüfstand eine vollständige Abgasreinigung herbeigeführt, im Realbetrieb finde die Abgasreinigung nur in einem reduzierten Rahmen statt. Faktisch setze das Thermofenster die Abgasreinigung für den Großteil des Jahres aus.
Bei der Zyklus-/Prüfstanderkennung ermittele das Fahrzeug anhand unterschiedlicher Parameter, ob es sich in einer Prüfsituation befinde. Wenn die Software feststelle, dass sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befinde, komme es zu einer Maximierung verschiedener Systeme der Abgasreinigung. Im Realbetrieb würden die Systeme der Abgasreinigung weitgehend zurückgefahren oder ganz ausgeschaltet. Die Aufwärmstrategie baue auf der Prüfstanderkennung auf. Sobald das Fahrzeug registriere, dass es sich auf dem Prüfstand befinde, aktiviere es einen Aufheiz-Modus, der dafür sorge, dass Abgasreinigungssysteme schneller die Betriebstemperatur und damit einhergehende Effizienz erreichen. Außerhalb des Prüfstands sei dieser Modus jedoch abgeschaltet. Das OBD - ein Fahrzeugdiagnosesystem -, dass während des Fahrbetriebs Steuergeräte, aber auch abgasbeeinflussende Systeme überwache, werde teilweise ausgeschaltet. Auch die Autobatterie sei Teil der Manipulationen. Denn im normalen Fahrbetrieb werde ständig über die Lichtmaschine nachgeladen. Während der Prüfsituation finde jedoch ein Ladevorgang nicht statt, sodass der Kraftstoffverbrauch deutlich gesenkt werden könne. Das Ergebnis seien niedrigere und damit attraktivere Werte, die dem Endverbraucher suggerieren sollen, dass er ein besonders sparsames Fahrzeug erwirbt. Bei der Ausrüstung des Fahrzeugs mit einem SCR-Katalysator seien ebenfalls illegale Veränderungen vorgenommen worden. Dieser Katalysator verwende einen Harnstoff (= AdBlue...