Leitsatz (amtlich)
Abfindungsvergleiche wirken auch gegenüber dem § 1542 RVO a.F. legitim. Sozialvers.träger - keine positive Kenntnisse i.S.v. § 407 BGB vom ges. Versicherungsschutz bei Wissen von nichtehelicher Geburt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Erstattung von Versicherungsleistungen aus gem. § 1542 RVO übergegangenem Recht.
Sie erbringt seit 1990 als Krankenversicherer des am 18.02.1983 auf der vom Beklagten zu 2) als Chefarzt geleiteten gynäkologischen Station der Beklagten zu 1) geborenen Aufwendungen für medizinische Versorgungsleistungen (u.a. Kosten für stationäre Behandlungen, medizinische Hilfsmittel, Schwerpflegehilfe). Die bei der Geburt des Kindes infolge einer Sauerstoffunterversorgung entstandenen Schäden erfordern eine lebenslange orthopädische, neurologische und allgemeinärztliche Behandlung. Seine Mutter bezog zur Zeit der Geburt als Sozialhilfeempfängerin für ihr behindertes Kind Krankenhilfe gem. § 37 BSHG. Eine Überleitung von Regressansprüchen auf die Stadt als örtliche Soziahilfeträgerin erfolgte nicht. Am 20./27. August 1986 schlossen das Kind und seine Mutter als Anspruchsteller auf der einen Seite und der Beklagte zu 1) mit den behandelnden Ärzten und weiteren Mitarbeitern, sämtlich vertreten durch den Haftpflichtversicherer, auf der anderen Seite einen Abfindungsvergleich, wonach alle etwaigen im Zusammenhang mit der Entbindung bestehenden Ansprüche - auf Zahlung oder Freistellung, für die Vergangenheit oder Zukunft - gegen Zahlung von 730.000,-- DM endgültig und vorbehaltlos abgefunden wurden.
Die Klägerin berechnet ihre Erstattungsansprüche für die Zeit von 1990 bis September 1993 mit 35.353,35 DM. Sie hat behauptet, sie habe erstmals durch Schreiben des Kindesvaters vom 19.12.1991 davon erfahren, dass die Ärzte des Beklagten zu 1) die Entbindung in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft durchgeführt hätten. Der Abfindungsvergleich stünde - abgesehen von der fehlenden vormundschaftsgerichtliche Genehmigung - ihren Regressansprüchen nicht entgegen, weil wegen des Forderungsüberganges gem. § 1542 RVO der Geschädigte nicht mehr über die Ansprüche habe verfügen können. Der Kindesvater, der erst später die Mutter geheiratet habe, habe seit 1984 von der AOK zunächst eine fortgesetzt zeitlich befristete Erwerbsunfähigkeitsrente und seit 1995 eine Dauerrente bezogen. Aus diesem Versicherungsverhältnis sei das Kind bei ihr krankenversichert. Den Beklagten sei von Anfang an bekannt gewesen, dass die Kosten von Dritten gezahlt wurden. Dabei spiele es keine Rolle, ob dies ein Sozialhilfeträger oder Sozialversicherungsträger sei. Der Haftpflichtversicherer der Beklagten habe daher jedenfalls bei Abschluss des Vergleichs in Schädigungsabsicht gehandelt, wodurch der Vergleich ohnehin nicht wirksam geworden sei.
...
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da der Geschädigte mangels eines Forderungsüberganges frei über die behaupteten Ansprüche habe verfügen können und im übrigen die Beklagten und ihr Haftpflichtversicherer insoweit auch in gutem Glauben gehandelt hätten.
...
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Klägerin stehen gegen die Beklagten keine Regressansprüche wegen erbrachter Versicherungsleistungen im Zusammenhang mit behaupteten geburtshilflichen Fehlleistungen bei der Entbindung des Kindes K zu. Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass der Abfindungsvergleich von 1986 die Durchsetzung etwaiger Regressforderungen aus übergegangenem Recht hindert.
Entgegen der Berufung bestehen keinerlei Zweifel, dass auch die hier geltend gemachten Leistungen vom Regelungsgehalt des Abfindungsvergleichs umfasst werden. Es ist bereits unklar, welche Abgrenzung sich die Berufung vorstellt, wenn sie lediglich ,persönliche Ansprüche" des Kindes bzw. seiner Mutter dem Vergleich unterwerfen will. Der Vertragstext ist hingegen eindeutig und auch nicht interpretierbar. Abgefunden werden sämtliche Ansprüche, die im Zusammenhang mit der medizinischen Versorgung bei der Entbindung der Mutter stehen können. Dieser Lebenssachverhalt sollte durch die erfolgte Zahlung der Vergleichssumme einer weiteren rechtlichen Auseinandersetzung entzogen werden. Einschränkungen jedweder Art unterliegt diese Vereinbarung erkennbar nicht.
Zu Recht hat das Landgericht im vorliegenden Fall auf § 1542 RVO a.F. für den möglichen gesetzlichen Forderungsübergang zurückgegriffen und nicht auf die erst seit dem 01.07.1983 geltende Fassung des § 116 SGB X, sodass für einen Übergang von Regressansprüchen auf den örtlichen Träger der Sozialhilfe eine hier unstreitig nicht erfolgte Überleitungsanzeige gem. § 90 BSHG erforderlich gewesen wäre. Soweit sich die Klägerin auf ihre Rechtsnachfolge nach dem Sozialhilfeträger beruft, ist ihr Vorbringen unabhängig davon, ob auch dafür die zwischen zwei Sozialversicherungsträgern gegebene Rechtslage besteht (vgl. BGH VersR 1990, 437 ff), schon aus diesem Grunde unschlüssig.
Im Zeitpunkt des behaupteten schädigenden Ereignisses waren mangels jedweder Beziehung des Ki...