Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung des Notars

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Notar ist nicht verpflichtet, die an der Beurkundung beteiligten Personen bei einer Übertragung von Grundbesitz an Abkömmlinge und deren Ehegatten über die Möglichkeit einer Kettenschenkung zu belehren und dass hierdurch Schenkungsteuer gespart werden kann.

 

Normenkette

BeurkG § 17

 

Verfahrensgang

LG Osnabrück (Urteil vom 18.01.1999; Aktenzeichen 2 O 352/98)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 18. Januar 1999 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer übersteigt nicht 60.000,00 DM.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 6.789,00 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beklagte beurkundete am 21. Februar 1996 einen Vertrag, durch den die Schwiegermutter der Klägerin dieser und ihrem Ehemann jeweils zur ideellen Hälfte ein Hausgrundstück übertrug. In der Vereinbarung verpflichteten sich die Erwerber, ihrer Mutter bzw. Schwiegermutter ein lebenslanges Wohnrecht einzuräumen und sie in alten und kranken Tagen zu hegen und zu pflegen.

Die Klägerin wurde vom Finanzamt Osnabrück mit Bescheid vom 27. April 1998 auf Schenkungssteuer in Höhe von 8.316,- DM in Anspruch genommen.

Sie macht geltend, die Beklagte habe sie bei der Beurkundung auf ihre Frage hin fehlerhaft dahingehend belehrt, es falle keine Schenkungssteuer an. Wäre sie richtig belehrt worden, so hätte sie die Schenkung nicht angenommen. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, sie darauf hinzuweisen, daß die Schenkungssteuer dadurch hätte vermieden werden können, wenn ihre Schwiegermutter das Hausgrundstück zunächst ihrem Sohn geschenkt und dieser dann der Klägerin später die Hälfte abgetreten hätte.

Die Beklagte hat bestritten, bei der Beurkundung den Anfall von Schenkungssteuer verneint zu haben.

Das Landgericht hat durch das angefochtene Urteil die Klage abgewiesen. Es könne dahinstehen, ob die Beklagte die Klägerin hinsichtlich der Schenkungssteuer rechtsfehlerhaft belehrt habe. Denn auf jeden Fall sei der Klägerin dadurch kein Schaden entstanden. Der Erwerb des Miteigentumsanteils an dem Hausgrundstück sei ohne den Anfall von Schenkungssteuer nicht möglich gewesen. Die Schenkungssteuer hätte nicht dadurch erspart werden können, daß die Schwiegermutter der Klägerin das Hausgrundstück zunächst ihrem Sohn und dieser anschließend eine Miteigentumshälfte der Klägerin übertrug. Darin läge ein Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten i.S. von § 42 Satz 1 Abgabenordnung mit der Folge, daß gleichwohl die Schenkungssteuer angefallen wäre.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie hält an ihrer Auffassung fest, daß die Beklagte auf die Möglichkeit der Kettenschenkung hätte hinweisen müssen. Wäre zwischen der ersten und der zweiten Schenkung ein Zeitraum von einigen Jahren eingehalten worden, so hätte auch kein Mißbrauch i.S. von § 42 Abgabenordnung vorgelegen. Die Beklagte müsse ihr deshalb den Schenkungssteuerbetrag abzüglich der für eine zweite Beurkundung aufzuwendenden Kosten ersetzen.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr 6.789,- DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

Die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch liegen nicht vor, weil nicht festgestellt werden kann, daß der Klägerin aufgrund einer Amtspflichtverletzung der beklagten Notarin ein Schaden entstanden ist.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte in gewissem Widerspruch zu der im Vertragstext beurkundeten Erklärung tatsächlich auf entsprechende Frage des Ehemannes der Klägerin mündlich erklärt hat, es falle keine Schenkungssteuer an. Selbst wenn von der Beklagten in diesem Punkt eine unrichtige Belehrung erteilt worden wäre, hätte dies allein noch nicht zu einem anderen Verlauf geführt. Denn die Klägerin behauptet selbst nicht konkret, daß der Vertragsschluß dann zunächst unterblieben wäre und die Beteiligten steuerrechtlichen Rat eingeholt hätten und sich ihrer Vermögenslage daraufhin aufgrund einer anderen Vertragsgestaltung insgesamt besser dargestellt hätte.

Aber auch mit ihrem in der Berufungsinstanz ergänzten Vortrag, die Beklagte selbst hätte die an der Beurkundung beteiligten Personen unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs über die Möglichkeit einer Kettenschenkung belehren müssen, bei der keine Schenkungssteuer angefallen wäre, kann die Klägerin keinen Erfolg haben. Denn zu einer solchen Belehrung war die Beklagte – auch bei entsprechender Frage nach dem Anfall von Schenkungssteuer – nicht verpflichtet, weil sie als Notarin ihre Neutralität gegenüber den Beteiligten zu wahren hatte. Die Kettenschenkung hätte nämlich, wie die Klägerin selbst einräumt, unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH BStBl. 1982 II, ...

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