Tatbestand
Der am 10.11.1984 geborene Kläger verlangt vom Beklagten zu 3) (im folgenden: Beklagter) Schmerzensgeld aufgrund fehlerhafter gynäkologischer Behandlung seiner Mutter vor seiner Geburt. Der Kläger ist seit seiner Geburt schwerstbehindert und dauerhaft pflegebedürftig.
Durch Klage vom 26.10.1987 hatte der Kläger zunächst die Beklagten zu 1) bis 8) auf Zahlung eines Schmerzensgeldes, einer monatlichen Rente in Höhe von 1.000,- DM für die Zeit vom 10.11.1984 bis 31.10.1987, einer künftig zu zahlenden monatlichen Rente in gleicher Höhe sowie auf Feststellung der Ersatzpflicht hinsichtlich der zukünftigen Schäden in Anspruch genommen. Vor der mündlichen Verhandlung hat er die Klage gegen die Beklagten zu 1), 2) und 4) bis 8) zurückgenommen.
Durch rechtskräftiges Grund- und Teilurteil des Landgerichts Osnabrück vom 6.12.1990 - 9 O 356/87 - (bestätigendes Urteil des Senats vom 19.11.1991 - 5 U 4/91 - und Nichtannahmebeschluß des BGH vom 22.9.1992 - VI ZR 12/92 -) ist der Klage hinsichtlich der Anträge zu 2) bis 4) stattgegeben und der Schmerzensgeldantrag dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt worden.
Im Betragsverfahren begehrt der Kläger nunmehr die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes, dessen Höhe er auf 300.000,- DM beziffert.
Der Kläger hat behauptet, er leide seit seiner Geburt unter einer spastischen Lähmung, BNS-Krämpfen sowie unter erheblichen Wahrnehmungsstörungen und sei nahezu blind. Im Alter von drei Jahren habe er etwa 4 kg gewogen. Er bedürfe ständiger Pflege und könne ohne fremde Hilfe keinerlei Tätigkeiten verrichten. Er werde niemals laufen können. Er sei psychisch durchaus in der Lage, seine Situation wahrzunehmen und leide darunter. Er nehme auch seine Umwelt wahr, äußere Mißstimmungen und Ängste durch Weinen, dem Versuch der Verweigerung und unterschiedliche Muskelspannung. Es sei zu befürchten, daß er wegen der erlittenen Schäden besonders anfällig für weitere Krankheiten sei, so daß sich sein derzeitiges Krankheitsbild noch verschlechtere.
Der Kläger hat nunmehr im Betragsverfahren beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, ein der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit an den Kläger zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers im einzelnen bestritten und das begehrte Schmerzensgeld für überhöht gehalten.
Das Landgericht hat nach Einholung einer schriftlichen Zeugenaussage des den Kläger behandelnden Chefarztes des den Beklagten zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 300.000,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11.11.1987 verurteilt. Es hat ausgeführt, die schweren physischen und psychischen Behinderungen rechtfertigten ein Schmerzensgeld in außerordentlicher Höhe. Der Kläger sei ein vollständiger Pflegefall mit schwersten cerebralen und körperlichen Ausfällen. Er leide zudem an einer spastischen Lähmung sowie erheblichen Wahrnehmungsstörungen. Die BNS-Krämpfe seien zwar durch die angewandte Medikation unterbrochen worden, so daß der Kläger anfallsfrei sei, gelegentliche sog. Krampfpotentiale im EEG deuteten jedoch noch auf eine latente Anfallsbereitschaft hin. Der Kläger könne nur in liegender oder schräg liegender Position gehalten werden. Der Pflegegrad entspreche der Dauerpflege eines bettlägerigen in sich stabilen Patienten. Eine Besserung des Gesundheitszustandes sei nicht zu erwarten, eher eine Verschlechterung. In psychischer Hinsicht sei der Kläger ganz erheblich retardiert. Wegen seiner zentralen Wahrnehmungsstörung könne er seine Situation und seine Umwelt nicht altersgemäß erfassen und im Vergleich zu Gesunden absolut nicht einschätzen. Er nehme aber Personen und Dinge wahr und könne mit Änderungen seiner Grundbefindlichkeit auf Veränderungen der Umwelt reagieren. Die Lebenserwartung des Klägers sei erheblich herabgesetzt, da er wegen der Vorschädigungen allen Lebensrisiken in erhöhtem Maße ausgesetzt sei und seine begrenzten Artikulationsmöglichkeiten die frühzeitige Erkennbarkeit von Erkrankungen beeinträchtigten.
Gegen das ihm am 15.11.1993 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 14.12.1993 Berufung eingelegt und diese am 28.1.1994 begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zu diesem Tage verlängert worden war.
Er hält das dem Kläger zugesprochene Schmerzensgeld für wesentlich überhöht. Da der Kläger sich seiner Beeinträchtigung nicht bewußt sei, leide er nicht in besonderem Maße unter ihr. Dadurch könne er auch keine Genugtuung empfinden. Mindernd müsse sich ferner auswirken, daß im Anschluß an seine Behandlung auch in der Entbindungsklinik Behandlungsfehler geschehen seien und daß schließlich die Deckungssumme seiner Haftpflichtversicherung infolge der Regulierung auch des materiellen Schadens überschritten werde.
Der Beklagte beantragt,
das angefochtene Schlußurteil abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit dem Kläger ein Schmerzensgeld von mehr als 150.000,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11.11.1987 zugesproc...