Leitsatz (amtlich)
Zur Verkehrssicherungspflicht des Grundstückseigentümers, auf dessen Grundstück sich ein frei zugänglicher ungesicherter Gartenteich befindet.
Normenkette
BGB §§ 1705, 1631 Abs. 1, § 254
Gründe
Mit dem Landgericht geht der Senat davon aus, daß der Beklagte verpflichtet war, wirksame Schutzmaßnahmen gegen die von dem ungesicherten Gartenteich ausgehenden Gefahren zu ergreifen. Der Beklagte wußte, daß der Gartenteich wegen seiner Tiefe insbesondere für kleine Kinder eine große Gefahr für Leib und Leben darstellte. Ihm war bekannt, daß der Kläger neben anderen Kindern in der Sandkiste bzw. auf dem hinter dem Wohnhaus befindlichen Sandberg spielte und daß die Kinder mangels Absperrung ungehindert auf das nicht als gesondertes Grundstück erkennbare Grundstück mit der Teichanlage gelangen konnten. Da Wasser einen großen Reis auf Kinder im Alter des Klägers ausübt und im Unglücksfall mit schweren Schäden bis hin zum Tod zu rechnen ist, oblag es dem Beklagten, den Teich als Gefahrenquelle in geeigneter Weise abzusichern. Das Unterlassen der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen stellte eine schuldhafte Verletzung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht (§ 823 BGB) und gleichzeitig eine Verletzung der vertraglichen Verpflichtungen aus dem Mietvertrag dar, die auch dem Kläger zugute kommen. Der Mutter des Klägers oblag gemäß §§ 1705, 1631 I BGB die Aufsicht über den Kläger, bei dessen Alter mit unüberlegtem Handeln zu rechnen war. Sie mußte den Kläger ständig beaufsichtigen, weil sie wußte, daß dieser sich in der Nähe des Gartenteichs aufhielt und sie nicht davon ausgehen durfte, daß er in der Sandkiste bzw. bei dem Sandberg bleiben würde. Diesen Anforderungen ist die Mutter nicht gerecht geworden, denn sie hat, wie die Beweisaufnahme ergeben hat, den Kläger nicht ständig beobachtet, sondern sich auf der Straße mit einer Nachbarin unterhalten, so daß sie erst durch andere Kinder erfuhr, daß der Kläger in den Gartenteich gefallen war. Da sich die Schutzwirkungen des Mietvertrages auch auf den Kläger als Kind der Mieterin erstrecken, zwischen den Beteiligten also bereits zur Zeit des Schadenseintritts schuldrechtliche Beziehungen bestanden, muß sich der Kläger das Mitverschulden seiner gesetzlichen Vertreterin zurechnen lassen, wobei es nicht darauf ankommt, ob der geltend gemachte Schadensersatzanspruch auf Vertrag oder auf unerlaubte Handlung gestützt wird (vgl. BGHZ 90, 86; BGH, VersR 1956, 500). Auch wenn feststeht, daß die Mutter des Klägers in grober Weise gegen ihre Aufsichtspflicht verstoßen hat und ihr Verursachungsbeitrag erheblich höher zu bewerten ist als derjenige des Beklagten, ist es nicht gerechtfertigt, den Tatbeitrag des Beklagten ganz zurücktreten zu lassen. Der Beklagte hat die Gefahrenquelle geschaffen, durch die der Schaden verursacht worden ist. Ihn traf deshalb die Pflicht, Vorkehrungen zum Schutz Dritter zu treffen. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Beklagte an der Südseite des unbebauten Grundstücks ein Schild aufgestellt hatte, durch welches das Betreten des Grundstücks verboten wurde, und ob er den Kindern untersagt hat, auf dem Grundstück zu spielen. Wie die Beweisaufnahme ergeben hat, hat der Beklagte gewußt, daß sowohl der Kläger als auch andere Kinder aus der Nachbarschaft im Sandkasten bzw. auf dem Sandberg spielten. Er konnte deshalb nicht darauf vertrauen, daß das nicht abgegrenzte Gartengrundstück mit dem nicht abgesicherten Teich nicht betreten werden würde. Hinzu kommt, daß der Beklagte nach seinem eigenen Vorbringen am Unfalltag gesehen hat, daß der Kläger zusammen mit einem anderen Kind unbeaufsichtigt im Sandkasten spielte. Angesichts der vorhandenen Örtlichkeiten und der mit ihnen verbundenen Gefahrenmomente war für den Beklagten erkennbar, daß die von ihm getroffenen Maßnahmen nicht ausreichten, um die vom Gartenteich ausgehenden Gefahren wirksam zu beseitigen. Da der dargelegte Verstoß gegen die elterliche Aufsichtspflicht schwerer ins Gewicht fällt als der Verursachungsbeitrag des Beklagten, bemißt der Senat das zu Lasten des Klägers gehende Verschulden der gesetzlichen Vertreterin mit 2/3. Demgemäß ist der Beklagte verpflichtet, dem Kläger 1/3 des gegenwärtigen und zukünftigen materiellen Schadens zu ersetzen. Der Beklagte ist gemäß § 847 BGB auch verpflichtet, dem Kläger ein Schmerzensgeld i.H. von 125.000,00 DM zu zahlen. Der zuerkannte Betrag ist auch unter Berücksichtigung der Tatsache, daß sich der Kläger ein Mitverschulden von 2/3 anrechnen lassen muß, angemessen und erforderlich.
Fundstellen