Leitsatz (amtlich)
Der Abwickler einer Rechtsanwaltskanzlei darf nicht Aufträge fortführen, die einem früheren Rechtsanwalt nach dem Verlust seiner Zulassung erteilt wurden.
Verfahrensgang
LG Osnabrück (Urteil vom 21.07.2005; Aktenzeichen 4 O 3394/04 (450)) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird unter Zurückweisung der Berufung des Klägers das am 21.7.2005 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des LG Osnabrück geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Wert der Beschwer übersteigt 20.000 EUR.
Tatbestand
Der Sachverhalt ergibt sich im wesentlichen aus dem angefochtenen Urteil.
Insoweit wird von einer Darstellung gem. § 540 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Ergänzend ist auszuführen: Bereits Mitte 1996 wurde gegen Assessor W. ein vorläufiges Berufsverbot verhängt, das zunächst 1 ½ Jahre wirkte und anschließend von einem dreijährigen Berufsverbot abgelöst wurde, welches nahtlos in den Zulassungsentzug im Jahre 2001 mündet (vgl. Bl. 32 Bd. 2 der Beiakte LG Osnabrück - 4 O 1913/04). Alle streitgegenständlichen Anwaltsaufträge sind nach März 2001 erteilt worden.
In der Bestellungsurkunde des Klägers durch die Rechtsanwaltskammer vom 2.7.2004 heißt es: "Mit ihrem Einverständnis bestelle ich Sie zunächst bis zum 31.12. 2004 zum Abwickler der Kanzlei des früheren Rechtsanwalts W. in O."
Beide Parteien haben form- und fristgerecht Berufung gegen das Urteil eingelegt.
Der Kläger trägt vor, da er seit der Anordnung der Kanzleiabwicklung am 2.7.2004 in die jeweiligen Mandatsverhältnisse automatisch eingetreten und deshalb allein berechtigt sei, die Aufträge fortzuführen sowie die Gebühren in den abzuwickelnden Angelegenheiten einzuziehen, sei der Beklagte nicht berechtigt, irgendwelche Honorarforderungen auf seinem eigenen Konto zu vereinnahmen. Denn der Beklagte sei lediglich freier Mitarbeiter mit einem Fixgehalt der Anwaltskanzlei W. & S. gewesen. Aus diesem Grunde hätten keine Mandate mit dem Beklagten nach dem Ausschluss Assessor W.'s aus der Anwaltschaft begründet werden können. Das LG habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass sämtliche der hier streitgegenständlichen Zahlungseingänge auf dem Konto des Beklagten Aktenvorgänge beträfen, welche der Kanzleiabwicklung durch ihn, den Kläger, unterlägen. Sämtliche dieser Zahlungsvorgänge seien in der Zeit vom 16.7.2004 bis zum 8.9.2004 vor Herausgabe der Akten durch den Beklagten erfolgt. Soweit der Beklagte Vollmachten zu den einzelnen Verfahren vorgelegt habe, seien diese nach seiner, des Klägers, Bestellung unterzeichnet. Soweit der Beklagte die Wirksamkeit seiner, des Klägers, Bestellung zum Abwickler angreife, sei dies unbeachtlich, da diese ein Verwaltungsakt und nicht angefochten worden sei.
Überdies enthalte § 55 BRAO keine Frist zur Einsetzung eines Abwicklers; hier sei die Einsetzung erforderlich gewesen, um den von Assessor W. nach dem 5.3.2001 betriebenen Missbrauch zu beenden.
Der Kläger beantragt, unter Zurückweisung der Berufung des Beklagten das Urteil des LG zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, an ihn weitere 15.106,18 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.10.2004 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, unter Zurückweisung der Berufung des Klägers das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Beklagte meint, es läge keine wirksame Bestellung eines Abwicklers vor.
Dies folge daraus, dass Assessor W. am 5.3.2001 rechtskräftig aus der Anwaltschaft ausschlossen und der Kläger erst Anfang Juli 2004 zum Abwickler bestellt worden sei. Eine Bestellung zum Abwickler komme aber lediglich in Betracht, wenn noch laufende Anwaltsmandate bestünden. Da alle streitgegenständlichen Anwaltsaufträge jedoch nach März 2001 erteilt worden seien, seien sie, selbst wenn die Vollmacht für "Rechtsanwalt W." unterzeichnet worden sei, nicht mit W., sondern mit S. oder ihm, dem Beklagten, zustande gekommen. Aber auch wenn man von einer wirksamen Bestellung des Klägers als Abwickler ausgehe, sei der Kläger nicht berechtigt, die geltend gemachten Honoraransprüche einzuziehen. Denn die betreffenden Ansprüche hätten nie Rechtsanwalt W. zugestanden, sondern entweder Rechtsanwalt S. oder ihm, dem Beklagten. Dies folge daraus, dass in sämtlichen Verfahren nicht der "Rechtsanwalt W." bevollmächtigt gewesen sei.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Beklagten ist begründet; die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von 25.053 EUR gegen den Beklagten. Insbesondere ergibt sich ein solcher Anspruch nicht aus der Bestellung des Klägers zum Abwickler der Kanzlei des früheren Rechtsanwalts W.
Allerdings ist in diesem Verfahren von einer wirksamen Bestellung des Klägers zum Abwickler ...