Leitsatz (amtlich)
Dem Vermieter steht gegenüber dem Mieter, der entgegen seiner vertraglichen Verpflichtung bei Beendigung des Mietverhältnisses fällige Schönheitsreparaturen nicht ausgeführt hat, auch dann ein auf Geld gerichteter Ausgleichsanspruch zu, wenn der Vermieter beabsichtigt, die Wohnung nach Beendigung des Mietverhältnisses grundlegend zu modernisieren und umzubauen und durch die Umbauarbeiten die Schönheitsreparaturen zunichte gemacht würden.
Orientierungssatz
Zum Ausgleichsanspruch des Vermieters gegen den Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses wegen unterbliebener Schönheitsreparaturen
Normenkette
BGB § 157
Tatbestand
Das LG Oldenburg begehrt gem. Art. III Abs. 1 des 3. MRÄndG v. 21.12.1967 i.d.F. v. 05.06.1980 (BGBl. I S. 657) einen RE des OLG zu folgender Rechtsfrage: „Steht dem Vermieter ein auf Geld gerichteter Ausgleichsanspruch gegen den Mieter zu, der entgegen seiner mietvertraglichen Verpflichtung bei Beendigung des Mietverhältnisses die fälligen Schönheitsreparaturen nicht ausgeführt hat, wenn der Vermieter beabsichtigt, die Wohnung grundlegend zu modernisieren und umzubauen und durch die Arbeiten die Schönheitsreparaturen zunichte gemacht würden?”
Entscheidungsgründe
Die Vorlage des LG nach Art. III Abs. 1 MRÄndG ist zulässig. Die Rechtsfrage betrifft Rechte und Pflichten aus einem Mietvertragsverhältnis über Wohnraum. Aus den Beschlußgründen wird im übrigen deutlich. daß die dem Senat vorgelegte Rechtsfrage für die Entscheidung des zugrundeliegenden Rechtsstreits von entscheidender Bedeutung ist. Der Senat schließt sich jedoch der vom BGH in seiner Entscheidung v. 30. 10. 1984 vertretenen Rechtsauffassung an, so daß die Vorlage in der sich aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Fassung zu bescheiden war. Diese Rechgutsauffassung hat der Senat bereits in seiner Entscheidung v. 19. 7. 1989 – 5 UH 1/88 [= WM 1990, 103) vertreten – wenn auch aus formellen Gründen damals ohne nähere Begründung. Vorliegend steht unstreitig fest, daß die Parteien für den Fall des Umbaus der Wohnräume keine vertragliche Regelung getroffen haben. Dieser Feststellung steht auch nicht entgegen, daß die Vertragsparteien einen Formularmietvertrag geschlossen haben. Auch derartige Verträge sind der ergänzenden Vertragsauslegung nach § 157 BGB zugänglich. Allein die Tatsache. Daß es sich um einen Formularmietvertrag handelt, rechtfertigt nicht die Annahme, daß jeder regelungsbedürftige Punkt bedacht und enthalten ist. Auch wenn derartige Verträge von Organisationen. die die Entwicklung des Mietrechts beobachten, erstellt werden, und sie den neuen Entwicklungen stets angepaßt werden. heißt das keinesfalls, daß Regelungslücken nicht in Betracht kämen. Auch der Formularmietvertrag enthält nur eine Auswahl von typischerweise von den Parteien als regelungsbedürftig erachteten Punkten (vgl. ebenso BGH a.a.O., S. 370 [= WM a. a. O.]). Die Parteien des von der Kammer zu beurteilenden Rechtsstreits haben vereinbart, daß die Mieter die Schönheitsreparaturen bei Beendigung des Mietverhältnisses auszuführen haben. Eine Vereinbarung darüber, ob die Vermieterin, wenn bei Beendigung des Mietverhältnisses fällige Schönheitsreparaturen nicht ausgeführt sind. einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung hat, wenn sie entsprechend ihrem bereits gefaßten Entschluß die Mieträume alsbald umbaut und durch den Umbau etwaige Schönheitsreparaturen wieder zerstört würden. Enthält der Vertrag nicht. Insoweit besteht eine Regelungslücke. Zwar ist nicht jede Regelungslücke seitens des Gerichts durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen, der Senat ist jedoch mit dem BGH der Ansicht, daß es sich um einen offensichtlichen Widerspruch zu dem Inhalt des Vertrages handelt, wenn die Mieter von der Pflicht zur Vornahme der Schönheitsreparaturen befreit würden. ohne hierfür einen Ausgleich in Geld entrichten zu müssen. Dieser Widerspruch muß durch die Vertragsauslegung behoben werden. Er resultiert im wesentlichen daraus. daß die Vornahme der Schönheitsreparaturen als Teil des von den Mietern zu entrichtenden Entgelts anzusehen ist. Dadurch wird die Pflicht zu dieser Vornahme zu einer vertraglichen Hauptpflicht der Mieter (BGH WPM 1976, 1277). Es ist zu Recht davon auszugehen, daß die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter bei der Kalkulation der Miethöhe berücksichtigt wird. d. h. daß der Mieter wirtschaftlich gesehen durch die Ausführung der Schönheitsreparaturen den Teil des Mietzinses begleicht,den der Vermieter verlangen könnte, wenn er der gesetzlich vorgesehenen Regelung entsprechend für diese Reparaturen selbst aufkommen würde. Erfüllt der Mieter nunmehr die übemommene Verpflichtung nicht, bleibt er einen Teil seiner Hauptpflichten schuldig, während der Vermieter in vollem Umfang erfüllt. Dieses Defizit ist durch eine Vertragsauslegung, namentlich durch die Zuerkennung eines auf Geld gerichteten Ausgleichsanspruchs zu kompensieren.
Dieses entspricht auch dem mutmaßlichen Willen der Vertragsparteien, da es der Interessenl...