Verfahrensgang
LG Osnabrück (Aktenzeichen 2 O 1200/19) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels das am 09.09.2019 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst :
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger den Betrag in Höhe von 10.550,24 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2019 zu zahlen.
Weiter wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 958,19 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2019 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits - einschließlich der Kosten des Berufungsverfahrens - tragen der Kläger zu 35 % und die Beklagte zu 65 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
Der Kläger nimmt die Beklagte im Zusammenhang mit dem sog. Diesel-Abgasskandal (BB AG-Abgasaffäre) in Anspruch.
Der Kläger erwarb am 25.03.2015 von der DD GmbH einen Pkw1 zum Kaufpreis von 29.450,- EUR (...). Das Kraftfahrzeug wies im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses laut Kilometerstand eine Gesamtfahrleistung von 1.163 km auf. Der Kläger zahlte den Kaufpreis I. H. v. 29.450,- EUR nach Rechnungstellung.
Die Beklagte ist Hersteller des in dem erworbenen Fahrzeug verbauten Motors mit der herstellerinternen Typenbezeichnung Typ1, dessen Motorsteuerungssoftware (= "Umschaltlogik") zu einer Optimierung der Stickstoff-Emissionswerte (NOx) im behördlichen Prüfverfahren führte. Die verbaute Software bewirkt(e), dass eine Prüfungssituation, in der der Abgasausstoß gemessen wird, erkannt und die Abgasaufbereitung für deren Dauer optimiert wurde (Fahrmodus 1). Im normalen Betrieb unter realen Fahrbedingungen im Straßenverkehr außerhalb des Prüfstands (Fahrmodus 0) wurde die Abgasaufbereitung abgeschaltet bzw. die Abgasrückführungsrate verringert. Das führte zu einer Erhöhung des Stickstoffausstoßes. Da auf dem Prüfstand die zulässigen Grenzwerte für den Stickstoffausstoß eingehalten wurden, wurde das Fahrzeug in die Schadstoffklasse EURO 5 eingeordnet.
Das Kraftfahrtbundesamt (= KBA) beanstandete die Programmierung als unzulässige Abschalteinrichtung und verpflichtete den Herstellerkonzern mit bestandskräftigem Bescheid vom 14.10.2015, geeignete Maßnahme zu ergreifen, um die Vorschriftsmäßigkeit der betroffenen Fahrzeuge herzustellen. Daraufhin wurde von der Beklagten ein Software-Update entwickelt, nach dessen Installation die sog. Abgasrückführung nur noch in einem einheitlichen Betriebsmodus (veränderter Modus 1) arbeitet, also die "Umschaltlogik" beseitigt wird.
Im Februar 2016 erhielt der Kläger ein Schreiben mit der Aufforderung, ein Software-Update aufspielen zu lassen. Das Software-Update wurde im Jahre 2017 bei dem vom Kläger erworbenen PKW installiert.
Am 06.02.2019 veräußerte der Kläger den PKW zu einem Preis von 13.200,- EUR. Nach dem Inhalt des schriftlichen Kaufvertrages (...) wies der vom Kläger gewerblich genutzte PKW im Zeitpunkt des Verkaufs einen Kilometerstand von 59.000 km auf.
Mit Schreiben vom 16.04.2019 (...) begehrte der Kläger unter Fristsetzung auf den 30.04.2019 vergeblich Schadensersatz in Höhe von 16.444,80 EUR.
Die Parteien vertreten divergierende Auffassungen zu Grund und Höhe des geltend gemachten Schadensersatzes. Sie streiten darüber, ob der PKW im Zeitpunkt des Kaufes durch den Kläger mit einer Software ausgestattet gewesen sei, die eine unzulässige Abschalteinrichtung beinhalte, ob der Vorstand der Beklagten davon Kenntnis gehabt habe, ob die Beklagte die Manipulationssoftware (bewusst) verschwiegen und den Kläger vorsätzlich sittenwidrig geschädigt habe und ob dem Kläger ursächlich ein wirtschaftlicher Nachteil entstanden sei.
Der Kläger hat behauptet, für ihn sei bei dem Kauf des PKW ausschlaggebend gewesen, dass es sich um ein umweltfreundliches und schadstoffarmes Fahrzeug handele. In Kenntnis des wahren Sachverhalts und der damit verbundenen Risiken für den Fortbestand der Betriebserlaubnis hätte er den Vertrag nicht geschlossen. Es sei wahrscheinlich und inzwischen erkennbar, dass betroffene Dieselfahrzeuge nahezu unverkäuflich seien bzw. einem erheblichen Preisverfall unterliegen würden. Der Wiederverkaufswert des von ihm erworbenen PKW sei geringer als bei einem nicht manipulierten Fahrzeug. Es sei mit Sicherheit zu erwarten, dass durch die Installation des Software-Updates weitere Beeinträchtigungen auftreten werden.
Er hat die Auffassung vertreten, er sei so zu stellen, als hätte er das Fahrzeug nicht erworben. Der als "Nutzungsentschädigung" bezeichnete Vorteilsaus...