Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsmittel des biologischen Vaters im Vaterschaftsanfechtungsverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ist der vermeintliche biologische Vater im Vaterschaftsanfechtungsverfahren dem beklagten rechtlichen Vater als Nebenintervenient beigetreten, so ist seine Berufung gegen das stattgebende Urteil zulässig.

2. Hat der vermeintliche biologische Vater erstinstanzlich in seine Blutentnahme sowie seine Einbeziehung in das Abstammungsgutachten eingewilligt, so ist er auch dann an seine Einwilligung gebunden, wenn das Gericht nach dem Ergebnis des Gutachtens von der ursprünglich beabsichtigten Begutachtung des rechtlichen Vaters absieht. Ein zum Widerruf berechtigender Irrtum i.S.d. § 290 ZPO liegt in einem solchen Fall nicht vor.

 

Normenkette

ZPO §§ 69, 290, 640e, 640h

 

Verfahrensgang

AG Osnabrück (Urteil vom 11.10.2004; Aktenzeichen 12 F 97/03 KI)

 

Tenor

Die Berufung des Nebenintervenienten gegen das am 11.10.2004 verkündete Urteil des AG - FamG - Osnabrück wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Nebenintervenient.

 

Tatbestand

Der Sachverhalt ergibt sich im wesentlichen aus dem angefochtenen Urteil. Insoweit wird von einer Darstellung gem. § 540 Abs. 1 ZPO, § 26 Nr. 9 EGZPO abgesehen.

Ergänzend ist auszuführen: Das Urteil des AG ist dem Nebenintervenienten am 13.10.2004 zugestellt worden (Bl. 113 d.A.). Bereits zuvor, nämlich mit Schriftsatz vom 8.10.2004, eingegangen beim AG am 14.10.2004, hatte der Nebenintervenient beantragt, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Mit weiterem Schriftsatz vom 8.11.2004 ist der Streitverkündete dem Rechtsstreit auf Seiten des Beklagten beigetreten.

Mit Schriftsatz vom 12.11.2004, eingegangen beim OLG am selben Tage, legte der Nebenintervenient gegen das Urteil des AG Berufung ein. Mit Schriftsatz vom 13.1.2005, eingegangen am selben Tage, hat der Nebenintervenient seine Berufung nach entsprechender Fristverlängerung (Bl. 130 d.A.) begründet. Der Nebenintervenient hat der Auswertung der ihm entnommenen Blutprobe nunmehr widersprochen.

Mit seiner Berufung macht er geltend, das AG habe weder seinem Terminsaufhebungsantrag vom 27.9.2004 stattgegeben, noch seine Bedenken gegen das eingeholte Sachverständigengutachten hinreichend gewürdigt. Wäre ihm in ausreichendem Maße rechtliches Gehör gewährt worden, hätte er seine Einwilligung zur Mitwirkung und Verwertung des Gutachtens widerrufen. Wegen seines jetzt erfolgten Widerspruches gegen die Verwertung der ihm entnommenen Blutprobe sei das Sachverständigengutachten nicht verwertbar. Im Übrigen hätte das AG nicht auf eine Begutachtung und Blutentnahme beim Beklagten verzichten dürfen, da vorrangig habe geklärt werden müssen, ob der Beklagte der biologische Vater des Klägers sei.

Der Nebenintervenient beantragt, das Urteil des AG zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er vertritt die Ansicht, die Berufung sei unzulässig. Da es sich hier um einen Fall einer sog. gewöhnlichen Streithilfe handle, sei eine Rechtsmitteleinlegung durch den Nebenintervenienten nicht gegen den Willen des Beklagten möglich. Aus den Akten ergebe sich aber, dass die Berufung gegen den Willen der unterstützten Partei erfolge. Denn der Beklagte habe sich in einem Telefonat ggü. dem AG am 18.8.2004 dahingehend geäußert, dass durch die festgestellte Vaterschaft des Nebenintervenienten auf eine Blutentnahme bei ihm verzichtet werden könne. Für das geringe Interesse des Beklagten an seinem Status als Vater des Klägers spreche auch der Verlauf der Ehe und des Scheidungsverfahrens; die Ladung zum Scheidungstermin sei dem Beklagten öffentlich zugestellt worden. Eine Einbeziehung des Beklagten in die Begutachtung sei auch deshalb nicht erforderlich gewesen, weil der Kläger im Termin der mündlichen Verhandlung vom 27.9.2004 Fotos von seiner Mutter und dem Beklagten dabei gehabt habe, aus denen sich Zweifel an der Vaterschaft des Beklagten aufgedrängt hätten. Denn weder das Aussehen der Mutter noch des Beklagten hätten sein, des Klägers, südländisches Aussehen zu erklären vermocht.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Nebenintervenienten ist zulässig. Die Nebenintervention ist nach § 640e ZPO zulässig. Denn der Nebenintervenient hat ein rechtliches Interesse daran, dass der Beklagte obsiegt. Im Falle einer Niederlage des Beklagten muss der Nebenintervenient damit rechnen, selbst als Vater in Anspruch genommen zu werden, und er bestreitet bis heute seine Vaterschaft (§ 66 Abs. 1 ZPO). Der Beitritt des Nebenintervenienten auch noch nach Verkündung und Zustellung des amtsgerichtlichen Urteils war nach den §§ 66 Abs. 2, 70 Abs. 1 ZPO möglich.

Der Nebenintervenient war berechtigt, Berufung einzulegen. Zwar darf nur der streitgenössische Nebenintervenient nach §§ 69, 61 ZPO eine Berufung gegen den Willen der von ihm unterstützten Partei durchführen, und die Nebenintervention hier ist nicht eine streitgenössische. Denn die Rechtskraftwirkung des Urteils im Vaterschaftsanfechtungsprozess greift...

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