rechtskräftig

 

Leitsatz (amtlich)

1. Hat der Auftraggeber beim VOB-Vertrag nach Ablauf der Gewährleistungsfrist eine Gewährleistungsbürgschaft wegen noch vorhandener Gewährleistungsansprüche nur Zug um Zug gegen Hergabe einer Bürgschaft in geringer Höhe herausgegeben, so ist auf den Wert des Gewährleistungsanspruchs ohne so genannten Druckzuschlag abzustellen.

2. Der Streitwert einer Klage auf Herausgabe einer Bürgschaftsurkunde bestimmt sich nicht nach dem Wert der gesicherten Forderung, sondern nach dem Herausgabeinteresse des Klägers, das nach § 3 ZPO zu schätzen ist (hier angenommen mit 20 % der gesicherten Forderung; ebenso BGH Beschluß vom 04.01.2001 – VII ZR 352/00 – nach Zurücknahme der Revision).

 

Normenkette

ZPO § 3; VOB/B § 17

 

Verfahrensgang

LG Aurich (Urteil vom 13.04.2000)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 13. April 2000 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Aurich unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen teilweise geändert und wie folgt neu gefaßt:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin die Mängelgewährleistungsbürgschaftsurkunde Nr. … der … vom 15. Dezember 1993 über 225.365, DM herauszugeben Zug um Zug gegen Übergabe einer unbefristeten und selbstschuldnerischen Gewährleistungsbürgschaft eines in den Europäischen Gemeinschaften zugelassenen Kreditinstituts oder Kreditversicherers über 15.000, DM.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 1/3 und die Beklagten 2/3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für den zweiten Rechtszug beträgt 45.000, DM.

Der Wert der Beschwer übersteigt für keine der Parteien 60.000, DM.

 

Tatbestand

Mit Werkvertrag vom 21.10.1991 beauftragten die Beklagten die Klägerin mit der Durchführung von Arbeiten im Zusammenhang mit der Errichtung einer Wohnanlage mit 168 Wohneinheiten in L…. Die Parteien vereinbarten die Geltung der VOB/B. Zur Sicherung etwaiger Gewährleistungsansprüche übersandte die Klägerin der Beklagten eine ihr von der … am 15.12.1993 erteilte unbefristete Mängelgewährleistungsbürgschaftsurkunde über 225.365, DM. Die Klägerin begehrt nach Ablauf der Gewährleistungsfrist die Herausgabe dieser Bürgschaftsurkunde.

Die Beklagten verweigern die Herausgabe der Bürgschaft, weil in dem von der Klägerin erstellten Mauerwerk Risse vorhanden sind. Die Parteien streiten darüber, wer für diese Mängel verantwortlich ist. Das Landgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens die Klägerin zur Herausgabe der Bürgschaftsurkunde Zug um Zug gegen Mängelbeseitigung verurteilt. Auf das am 13.04.2000 verkündete Urteil wird Bezug genommen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung.

Sie beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagten zu verurteilen, an sie die Mängelgewährleistungsbürgschaftsurkunde Nr. 93403637 der … vom 15.12.1993 über 225.365, DM herauszugeben,

hilfsweise,

die Beklagten zu verurteilen, die genannte Urkunde gegen Übergabe einer unbefristeten, selbstschuldnerischen Gewährleistungsbürgschaft eines in den Europäischen Gemeinschaften zugelassenen Kreditinstituts oder Kreditversicherers über 5.000, DM herauszugeben.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des Vortrags im zweiten Rechtszug wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung hat in erkanntem Umfang Erfolg. Die Beklagten sind gemäß § 17 Nr. 8 VOB/B zur Herausgabe der Gewährleistungsbürgschaft verpflichtet, jedoch nur Zug um Zug gegen Herausgabe einer auf 15.000, DM herabgesetzten Bürgschaftserklärung.

1. Gemäß § 17 Nr. 8 VOB/B ist eine Sicherheit spätestens nach Ablauf der Verjährungsfrist für die Gewährleistung zurückzugeben. Diese Voraussetzungen liegen hier unstreitig vor. Soweit jedoch nach Ablauf der Gewährleistungsfrist Mängel vorhanden sind oder durch während der Gewährleistungsfrist auftretende Mängel eine Verlängerung der Gewährleistungsfrist für die Mängelbeseitigungsleistungen erfolgt ist, regelt § 17 Nr. 8 Satz 2 VOB/B, daß der Auftraggeber einen entsprechenden Teil der Sicherheit zurückbehalten darf. Im Fall der Sicherheit durch Bürgschaft bedeutet dies, daß ein Austausch der Bürgschaft Zug um Zug gegen Herausgabe einer herabgesetzten Bürgschaftserklärung vorzunehmen ist (HeiermannRiedlRusam, VOB, 8. Aufl., B § 17.8 RdNr. 47). Auf eine mögliche Verjährung des Gewährleistungsanspruchs kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, wenn der Auftraggeber – wie dies vorliegend unstreitig der Fall ist – die zu Grunde liegenden Mängel in unverjährter Zeit gerügt hat (BGH BauR 1993, 335; HeiermannRiedlRusam a.a.O.).

2. Die Werkleistung der Klägerin weist Mängel auf. In dem von ihr errichteten Mauerwerk sind zahlreiche Risse vorhanden. Wegen der Einzelheiten wird auf die insoweit jedenfalls in der Berufungsinstanz unstreitigen Feststellungen des Sachverständigen K… in seinem im ersten Rechtszug erstellten Gutachten vom 04.05.1999 Bezug genommen. Diese Mängel hat die Kläge...

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