Verfahrensgang
LG Osnabrück (Aktenzeichen 7 O 1492/22) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 19.10.2022 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 7. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück geändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.730,25 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5% - Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.04.2022 zu zahlen.
Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben die Beklagte 94% und der Kläger 6 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Von der Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) wird gemäß § 313a Abs. 1 Satz 1, § 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.
II. 1. Die zulässige Berufung des Klägers hat, soweit sie nicht konkludent zurückgenommen wurde, mit dem zuletzt gestellten Antrag gemäß Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 07.09.2023 vollumfänglich Erfolg.
2. Dem Kläger steht gegen die Beklagte, die als Kfz-Haftpflichtversicherer des Unfallgegners unstreitig dem Grunde nach zu 100% für die infolge des Verkehrsunfalls vom TT.MM.2021 in Ort3 entstandenen Schäden haftet, ein weiterer Anspruch auf Nutzungsausfallschaden in Höhe von 9.620,- EUR zu. Die austenorierte Summe von 9.730,25 EUR errechnet sich aus dem vorgenannten Betrag zzgl. der bereits vom Landgericht Osnabrück als Schaden zuerkannten Fahrtkosten vom 14.01.2022 über 110,25 EUR; insoweit ist das erstinstanzliche Urteil nicht angefochten worden.
3. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung des Nutzungsausfallschadens aus § 7 Abs. 1 StVG sowie § 823 Abs. 1 BGB, jeweils in Verbindung mit § 249 BGB und § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG.
a) Dem Eigentümer eines privat genutzten Pkw, der durch einen Schaden die Möglichkeit zur Nutzung verliert, steht grundsätzlich ein Anspruch auf Ersatz für seinen Nutzungsausfall zu, wenn er zur Nutzung seines Pkw willens und fähig gewesen wäre. Seine Grenze findet der Ersatzanspruch am Merkmal der Erforderlichkeit nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB sowie an der Verhältnismäßigkeitsschranke des § 251 Abs. 2 BGB. Unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit hat der Schädiger grundsätzlich Nutzungsersatz nur für den Zeitraum zu leisten, der zur Wiederherstellung des vor dem Unfall bestehenden Zustandes erforderlich ist. Im Allgemeinen ist dies die Dauer der Reparatur bzw. der Zeitraum bis zur Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs (vgl. BGH, Urteil vom 18.12.2007 - VI ZR 62/07= NJW 2008, 915 -, Rn. 6). Der Geschädigte hat grundsätzlich ein Wahlrecht, ob er einen konkreten Nutzungsausfallschaden (etwa in Form angefallener Mietwagenkosten) oder eine pauschalierte Entschädigung für den allgemeinen Verlust der Nutzungsmöglichkeiten seines Pkw verlangt (vgl. BGH, Urteil vom 05. 02.2013 - VI ZR 290/11 -, Rn. 25, juris). Dabei führt die allgemeine Anerkennung der Gebrauchsmöglichkeit eines Pkw als Vermögensgut durch die höchstrichterliche Rechtsprechung jedoch nicht dazu, dass jedwede Nutzungsbeeinträchtigung als Schaden auszugleichen wäre; vielmehr gelten auch hier die schadensrechtlichen Grundsätze der subjektbezogenen Schadensbetrachtung, des Wirtschaftlichkeitsgebots und des Bereicherungsverbots (vgl. BGH, Urteil vom 10.03.2009 - VI ZR 211/08 -, Rn. 6, juris).
Dies vorangestellt, ist nach dem Inhalt der informatorischen Anhörung des Klägers im Verhandlungstermin des Senats vom 07.09.2023 - bei unstreitiger Möglichkeit der Nutzung eines Pkw - auch über den Zeitpunkt der Rückgabe des beklagtenseits finanzierten Mietfahrzeuges ein entsprechender Nutzungswille des Klägers festzustellen.
Dieser hat im Termin angegeben, er habe den ihm zur Verfügung gestellten Mietwagen im Wesentlichen deswegen zurückgegeben, weil die Fa. CC, von der das Fahrzeug angemietet worden war, mehrfach angerufen und auf dessen Rückgabe gedrängt habe. Weil diese Anrufe auch während seiner Arbeitszeit erfolgt seien, sei er zunehmend genervt gewesen. Zudem habe der zur Verfügung gestellte Mietwagen über keine Anhängerkupplung verfügt, weswegen er sich für den Transport von im Sommer häufiger anfallenden Gartenabfällen ohnehin ein Fahrzeug von Freunden habe ausleihen müssen. Auch nach Rückgabe des Mietwagens habe er weiterhin ein Kfz benötigt, um den wegen der nur eingeschränkten Möglichkeit zur Arbeit im Home-Office seinerzeit täglich erforderlichen Weg zu seiner Arbeitsstelle und zurück zu bewältigen; gleiches gelte für den Transport seines Hundes zu Tierarztterminen. Für solche Fahrten habe er sich wochenweise wechselnd entweder bei seinen Eltern oder seiner Freundin deren Pkw ausgeliehen.
Zu einer Rückgabe des Mietfahrzeugs habe er sich entschlossen, nachdem er, anwaltlich beraten, erfahren hatte, dass er seinen Nutzungsausfallschaden auch pauschal geltend machen kann.
Demnach steht ein fortbestehender Nutzungswille des Klägers hinsichtlich seines Pkw zur hinreichenden Überzeugung des Senats fest. Zwar ist die Parteianhörung nach § 141 ZPO kein Beweismittel. D...