Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Sachgebiet eingetragen
Leitsatz (amtlich)
Das Vorhandensein von Baumängeln und Überwachungsfehlern steht der Fälligkeit des Anspruchs des Architekten auf eine Abschlagszahlung nicht entgegen und führt auch nicht zur Zug-um-Zug-Verurteilung.
Normenkette
BGB § 633 Abs. 2; AVA NR §§ 4-5; AGBG § 11 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Oldenburg (Urteil vom 07.12.1993; Aktenzeichen 10 0 1838/93) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 07. Dezember 1993 verkündete Urteil des Einzelrichters der 10. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert der Beschwer liegt unter 60.000,– DM.
Gründe
Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat der Klägerin zu Recht eine weitere Abschlagszahlung in Höhe von 25.941,25 DM zugesprochen (§ 8 Abs. 2 HOAI). Alles, was die Berufung dagegen vorbringt, greift nicht durch.
1. Die Berufung greift die Feststellung des Landgerichts nicht hinreichend an, daß die Kläger die vom Landgericht berücksichtigten Leistungen (Leistungsphasen 1 bis 8 des § 15 HOAI mit Ausnahme der Überwachung der Beseitigung von Mängeln) in dem erforderlichen Umfang erbracht haben. Sie verlangt auch nicht die Nachlieferung der unterbliebenen Kostenberechnung nach Leistungsphase 3 und des ebenfalls unterlassenen Kostenanschlags nach Leistungsphase 7. Sie meint lediglich, die Abschlagszahlung sei wegen des Vorhandenseins von Baumängeln und Überwachungsfehlern nicht fällig. Das trifft nicht zu. Entgegen der Ansicht von Vygen (Hesse/Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAl, 4. Aufl., § 8 Rn. 55) berührt das Bestehen von Mängeln weder die Fälligkeit der Abschlagsforderung (vgl. Jochem, HOAI, 3. Aufl., § 8, Rn. 8; Pott/Dahlhoff, HOAI, 6. Aufl., § 8 Rn. 5), noch führen Bau- und Überwachungsmängel zu einer Zug um Zug-Verurteilung, denn den Architekten trifft keine Nachbesserungspflicht gemäß § 633 Abs. 2 S. 1 BGB. Der BGH (BGHZ 31, 249, 227 = NJW 1960, 431; BGHZ 42, 16 = NJW 1964, 1791) geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß das Ziel der gesamten Tätigkeit des Architekten zwar ist, das „Bauwerk zu erstellen”. Der Architekt haftet jedoch als „geistiger Unternehmer” nicht für alle Mängel des Bauwerks; er schuldet das Bauwerk nicht als körperliche Sache. Es kann deshalb nicht Aufgabe des Architekten sein, entsprechend § 633 Abs. 2 S. 1 BGB die Mängel am Bauwerk körperlich zu beseitigen, und ein Fehler der geistigen Leistung des Architekten läßt sich nach Verwirklichung des Bauwerks nicht mehr beheben (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozeß, 7. Aufl., Rn. 1428/1429 m.w.N.). Dasselbe gilt für eine mangelhafte Bauüberwachung. Auch diese Tätigkeit kann, wenn sie nicht einwandfrei erbracht worden ist, nicht nachgeholt werden (Werner/Pastor, a.a.O., Rn. 1430 m.w.N.).
Die von dem Beklagten behaupteten Baumängel und Überwachungsfehler berühren daher nicht die Fälligkeit der im übrigen gerechtfertigten Abschlagsforderung.
2. Unter der Voraussetzung, daß der Architekt solche Mängel zu vertreten hat, haftet er freilich dem Bauherrn aus § 635 BGB auf Schadensersatz. Die Aufrechnung mit einem solchen Anspruch ist vorliegend aber durch den zwischen den Parteien geschlossenen Architektenvertrag vom 03.03.1992 i.V.m. mit Nr. 4.5 der Allgemeinen Vertragsbedingungen zum Einheitsarchitektenvertrag (AVA) wirksam ausgeschlossen worden. Gegen die Einbeziehung der AVA in dem Vertrag werden von keiner Seite Bedenken erhoben. Die Klausel gemäß Nr. 4.5 AVA hält sich zudem in dem nach § 11 Nr. 3 AGBG zulässigen Rahmen. Soweit nicht Besonderheiten vorliegen, für die hier nichts dargetan ist, wird sie auch sonst allgemein für wirksam gehalten (vgl. Werner/Pastor, a.a.0., Rn. 2247, m.w.N.).
3. Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 und 546 ZPO.
Fundstellen