Leitsatz (amtlich)

Durch eine Verkaufswettbewerb, den ein Groß- oder Zwischenhändler für seine gewerblichen Kunden (Fachhändler) veranstaltet und bei dem Sachprämien zu gewinnen sind, wird nicht ohne weiteres ein wettbewerbsrechtlich relevanter, unlauterer Anreiz für sachfremdes Händlerverhalten geschaffen. Solche Verkaufswettbewerbe sind grundsätzlich, wenn im Einzelfall nicht besondere Umstände hinzutreten, nicht wettbewerbswidrig i.S.d. § 1 UWG.

 

Verfahrensgang

LG Osnabrück (Urteil vom 31.03.2003; Aktenzeichen 16 O 85/03)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 31.3.2003 verkündete Urteil der 16. Zivilkammer – 4. Kammer für Handelssachen – des LG Osnabrück geändert.

Der Beschluss der 16. Zivilkammer – 4. Kammer für Handelssachen – des LG Osnabrück vom 11.2.2003 wird aufgehoben und der Antrag des Klägers auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

Die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens einschl. des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

 

Gründe

I. Die Verfügungsbeklagte (im Folgenden Beklagte), die u.a. Telekommunikationsdienstleistungen vertreibt, warb auf ihrer Homepage, die den mit ihr in Geschäftsverbindung stehenden Fachhändlern zugänglich ist, für einen von ihr ausgerichteten Händlerwettbewerb. Die Händler, die nach näher beschriebenen Kriterien zu den 10 besten Händlern beim Vertrieb von „X …-Laufzeitverträgen” gehörten, sollten eine Reise mit dem Kreuzfahrt Schiff „Y.” (7-tägige Mittelmeerkreuzfahrt) im Wert von 1.395 Euro gewinnen. Die Verfügungsklägerin (im Folgenden: Klägerin) hält diesen Händlerwettbewerb nebst Werbung der Beklagten für wettbewerbswidrig. Sie hat beim LG Osnabrück im einstweiligen Verfügungsverfahren eine Beschlussverfügung vom 11.2.2003 erwirkt, mit der der Beklagten unter Androhung von Zwangsmitteln untersagt worden ist, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Zusammenhang mit dem Angebot oder Vertrieb von Telekommunikationsdienstleistungen, insb. Laufzeitverträgen, mit einem Verkaufswettbewerb zu werben, wobei hohe Prämien wie Reisen im Wert von 1.395 Euro ausgelost werden, insb. wie folgt für den Abschluss von X…-Laufzeitverträgen:

„Was müssen sie dafür tun? Sie schalten mindestens 20 X …-Laufzeitverträge im Aktionszeitraum Dezember 2002 & Januar 2003 über unser Freischaltungsportal … mit der Vertriebspartnernummer … und:

  • Sie gehören zu den besten 4 Schaltern im X … Laufzeitbereich inkl. X …! und sammeln am meisten Punkte über die N … AG (Laufzeit = 1 Punkt, X …! = 0,5 Punkte).
  • Oder Sie gehören zu den besten 4 Schaltern mit der höchsten Steigerungsrate im Dezember & Januar im X … Laufzeitbereich inkl. X …! im Verhältnis zu ihren Schaltungen November 2002! (Laufzeit = 1 Punkt, X … ! = 0,5 Punkte)
  • Oder Sie gehören zu den 2 besten Neukunden/Neuschaltern mit dem höchsten Volumen im X … Laufzeitbereich inkl. X …! in den Monaten Dezember & Januar (Laufzeit = 1 Punkt, X … = 0,5 Punkte).

Sage und schreibe 10 Händler fahren mit uns auf dem Clubschiff Y … diese schöne Mittelmeerroute”.

Die Verfügungsbeklagte hat gegen diesen Beschluss des LG Widerspruch eingelegt.

Das LG hat durch Urteil die Beschlussverfügung vom 1.2.2003 aufrechterhalten.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung, zu deren Begründung sie im Wesentlichen vorträgt:

Das LG habe zu Unrecht eine wesentliche Beeinträchtigung des relevanten Marktes angenommen. Unter dem Gesichtspunkt der Kundenwerbung komme es darauf an, ob durch einen Einsatz leistungsfremder Mittel die freie Entschließung des Kunden in einer den Grundsätzen des Leistungswettbewerbs widersprechenden Weise derartig beeinträchtigt werde, dass die unsachliche Beeinflussung als anstößig erscheine. Dieses sei nur bei täuschenden, nötigenden und anreißerischen Mitteln der Fall. Diese Voraussetzungen lägen hier jedoch nicht vor. Das LG habe insb. unberücksichtigt gelassen, dass die beanstandete Werbung branchenüblich sei und diese Art der Händlerwerbung von den Netzbetreibern ausgehe und von allen in Deutschland tätigen Netzbetreibern praktiziert werde. Weil diese Art der Werbung von allen praktiziert werde, verflache die Wirkung solcher Werbemaßnahmen. Eine starke Reizwirkung, die zu einer unsachlichen Beeinflussung der Fachhändler führe, gehe hiervon nicht aus; diese ließen sich entscheidend von der Verkäuflichkeit der Ware und damit letztlich von ihrer Güte und Preiswürdigkeit leiten.

II. Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch nach §§ 1, 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG, weil nach Auffassung des Senats ein gegen die guten Sitten verstoßendes, wettbewerbswidriges Verhalten der Beklagten nicht festzustellen ist. Das LG hat in der angefochtenen Entscheidung die in Rspr. und Lit. verbreitete Auffassung zugrunde gelegt, dass das Versprechen und die Gewährung von umsatzabhängigen Prämien an Händler, insb. an Fachhändler, nach § 1 UWG wettbewerbswidrig ist, wenn die Prämien einen hohen, ins Gewicht fallenden Wert haben und sie deshalb ...

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